Lange schon hatte ich auf den Moment gewartet, das erste Mal mit einem Bajuwaren die Ehre zu haben. Dass diese erste Begegnung gleich noch ein groß geschriebenes „M“ im Namen tragen durfte, machte das ausstehende Date noch viel besser. Auf Grund einer Sperrfrist darf ich euch nun erst jetzt, 2 Tage später darüber berichten und es gab für euch auch nichts bei Instagram & Co vorab zu sehen, das Warten hat sich aber gelohnt, denn man kann mit dem BMW M6 Gran Coupé alles – aber ganz sicher nicht ruhig sitzen bleiben und warten.

BMW M6 Gran Coupé

Der BMW 6er ist ja ohnehin eine recht stattliche und beeindruckende Erscheinung. Auch wenn ich normalerweise kein Fan der Cabrio-Versionen formschöner Coupés bin, hat mich das 6er Cabrio immer sehr angesprochen. Das liegt aber wohl vor allem auch an dem äußerst schönen Finnenverdeck. Das zuletzt veröffentlichte Gran Coupé ist dagegen eine klare Ansage gegen Mercedes-Benz CLS und Audi A7. Somit ist der 6er ein echter Alleskönner. Coupé, Limousine, Cabrio – und das alles, ohne gleich eine Zahl bei der Baureihe aufzählen zu müssen, wie es künftig beim 1er und 2er oder dem 3er und 4er sein wird.

BMW M6 Gran Coupé

Mit dem BMW M6 Gran Coupé ist aber auch innerhalb der M GmbH die Ausrichtung klar: das edelste und exklusivste M-Fahrzeug soll es sein, ein echtes Flaggschiff eben. Das ist schön, lässt aber auch die Frage aufkommen, ob das große, elegante M6 Gran Coupé damit denn überhaupt noch dazu Zeug dazu hat, ein echter M zu sein?

Um über solche Fragen zu philosophieren fehlte mir die Zeit, das M6 Gran Coupé sollte Taten für sich sprechen lassen. Direkt nach dem Anlassen bellt der bullige Biturbo-V8, welcher so auch im M5 seinen Dienst verrichtet, kurz auf, um dann fast gänzlich geräuschlos bei Leerlaufdrehzahl vor sich her zu blubbern. Das Interieur ist erste Güte. Ein dunkelbraunes Leder ziert den größten Teil des Innenraumes, wechselt sich auf dem Armaturenbrett ab mit schwarzem Leder, getrennt von fein gearbeiteten Kontrastnähten. Ein echter Hingucker, wenn auch erst auf den zweiten Blick, ist der Dachhimmel: großflächig mit braunem Alcantara ausgestattet, zieht sich mittig ein Streifen aus klarem Leder von vorn nach hinten durch – ein wunderschöner Kontrast.

BMW M6 Gran Coupé Innenraum/Sitze

Etwas überrascht bin ich von den Sitzen: sie fühlen sich schön an, bieten viel Seitenhalt und BMW-typisch eine tiefe Sitzposition – die es zugegebenermaßen bei der flachen Bauform des M6 Gran Coupé auch braucht – die Verstellmöglichkeiten sind aber für diese Klasse überraschend eingeschränkt: die Möglichkeit, die Enge der Seitenwangen zu verändern, fehlt dem M6 leider. Dafür ist der Verstellbereich in jede Richtung großzügig und auch das wunderschöne, kräftige M-Lenkrad lässt sich weit heranziehen.

BMW M6 Gran Coupé Cockpit

Los geht es auf die Landstraße. Nicht sein Revier, möchte man meinen. Doch das BMW M6 Gran Coupé überrascht wieder. In vielerlei Hinsicht. 412 kW (560 PS) und ein Drehmoment von 680 NM sind das Werk der zwei zwischen den Zylinderbänken untergebrachten Turboladern. So angestochen katapultiert sich der Luxusliner in 4,2 Sekunden auf Landstraßentempo. In den Bereich, in dem der Führerschein nicht nur leihweise weg, sondern ganz in Luft aufgelöst wird, geht es gefühlt noch viel schneller. Besonders beeindruckt die besonders gute Fahrbarkeit. Die Leistung des 4,4 Liter Triebwerkes lässt sich trotz Aufladung zu jeder Zeit auf den Punkt genau dosieren. Die Lenkung bietet dazu ein extrem feines Feedback und dank Sport-Modus lässt sich die Servo-Unterstützung auch so weit zurückfahren, dass ein angenehm straffes Lenkgefühl entsteht. Und dann ist da noch diese akustische Vielschichtigkeit mit welcher das Triebwerk von sich hören macht! Im unteren Drehzahlbereich dominiert gutturales Knurren mit einer melodischen Note. Überschreitet der Drehzahlmesser aber erst einmal die Marke von 5.000 Umdrehungen wird die Sinfonie fortan von einem Star-Tenor fortgeführt, welcher in seinem hellen aber weichen Klangbild an den legendären V10-Sauger des Vorgängers erinnert und bis zu 7.200 U/Min die Tonleiter emporklettert – es ist zum niederknien! Dabei klingt er im Innenraum nie kalt, angestrengt und mechanisch, wie es das Konkurrenz-Triebwerk aus Affalterbach gerne macht. Die Gänge werden übrigens am Ende der Drehzahlskala von dem hervorragenden 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe gehalten – so wie es sich für einen Sportler eben gehört.

BMW M6 Gran Coupé

Mit jeder Kurve überascht auch die extreme Präzision der Lenkung und die Reaktionsfähigkeit der in Bewegung befindlichen Masse von knapp über 2 Tonnen – im vollgetankten Zustand mit Fahrer. Und während etwa der E63 AMG S 4Matic in Kurven zur angestochenen Furie mutiert, zieht das M6 Gran Coupé entspannt, niemals untersteuernd, lässig mit leicht heraushängendem Heck seine Bahnen um jede Kurve. Das hat es zum einen dem hervorragenden Fahrwerk zu verdanken. Ein großer Teil dieser sauberen Fahrbarkeit geht aber wohl auf seine nahezu perfekte Gewichtsverteilung und dem Sperrdifferential an der Hinterachse zurück. Auch die optionale Carbon-Keramik-Bremsanlage weiß zu überzeugen. Das Wort Hitzekollaps ist ihr fremd, die Dosierbarkeit optimal.

BMW M6 Gran Coupé

Gehört das BMW M6 Gran Coupé nun also auf die Landstraße? Nun ja, bewegen kann man ihn dort – aber seien wir mal ehrlich: sein Stil ist das nicht. Der M6 ist und bleibt doch eher der gediegene Gleiter. Nicht, weil er nicht das Potential dazu hätte, mehr zu sein. Er hat es. Und er beweist eindrucksvoll, dass BMW das Thema Sportlichkeit aus dem Effeff beherrscht, wie kaum ein zweiter – die ernsthafte Konkurrenz sitzt wohl vor allem in Zuffenhausen. Und trotzdem bleibt es in erster Linie eine hervorragende Limousine, welche vor allem auf der Autobahn mit überzeugendem Fahrkomfort und Gelassenheit überzeugt. Wenn es sein muss, sind mit dem M Drivers Package auch die 305 km/h drin. Und soviel kann ich verraten: die 300er Marke schüttelt der M6 höchst gelassen aus dem Ärmel. Wie mühelos die 300 km/h geknackt werden, hat Benny von BimmerToday auch in einem Video festgehalten.

Das BMW M6 Gran Coupé ist ganz einfach eines: ein perfekter Business-Liner mit Sportlerherz. Er kann, wenn der Fahrer es will. Und er kann ernsthaft, eben so ganz ohne Allüren. Keine Diva, kein Blender, der sich für den ernsthaften Einsatz zu fein ist, sondern ein echter Sportler mit fahrdynamischen Qualitäten, der aber vor allem einen Wunsch hat: seine Passagiere souverän und entspannt von A nach B zu bringen – wenn es sein muss, auch mal ein wenig viel schneller.

Das BMW M6 Gran Coupé auch bei anderen Bloggern

Ich bin ja nicht ganz alleine in Garching gewesen. Teilen durfte ich mir mein M6 Gran Coupé mit Benny vom BimmerToday.de. Aber auch Thomas Gigold war mit in Garching, seinen Bericht findet ihr hier. Und natürlich war auch das Dream-Team „Jans“ mit am Start. Der Artikel von Jan ist hier zu finden, Jens hat seinen Artikel über den „Wolf im Schafspelz M6“ hier veröffentlicht. Zu guter Letzt haben beide auch wieder ein Video für ausfahrt.tv gedreht – das befindet sich hinter folgendem Link.

Disclosure: ich wurde von BMW nach Garching bei München eingeladen, um an der Fahrveranstaltung teilzunehmen. Reisekosten und Verpflegung wurden von BMW übernommen. Es wurde zu keiner Zeit versucht auf meine freie Meinungsbildung Einfluss zu nehmen und meine persönliche Meinung ist und bleibt meine Meinung, welche in keinster Weise durch Dritte beeinflusst wurde.

Technische Daten

BMW M6 Gran Coupé

Motor-Bauart:
M TwinPower Turbo Technologie mit zylinderbankübergreifendem Abgaskrümmer, Twin Scroll Twin Turbo Aufladung, Benzin-Direkteinspritzung (High Precision Injection), VALVETRONIC und Doppel-Vanos
Hubraum:
4.395 cm³
Leistung:
412 kW / 560 PS bei 6.000 U/Min
Drehmoment:
680 Nm bei 1.500 – 5.750 U/Min
Höchstgeschwindigkeit:
305 km/h
Beschleunigung (0-100 km/h)
4.2 Sekunden
Verbrauch (innerorts / ausserorts / kombiniert):
14 L / 7.6 L / 9.9 L SuperPlus (ROZ 98)

Grundpreis BMW M6 Gran Coupé:
128.800
Testfahrzeugpreis:
152.120
Testverbrauch:
21.5 Liter / 100 km über 182 km
Leergewicht:
1.950 kg
Max. Zuladung:
535 kg
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe):
5.011 mm / 1.899 mm / 1.393 mm

Autor

Gründer und überwiegender Texter hinter passion:driving. Leidenschaftlicher Car-Nerd, immer auf der Suche nach dem Rande des Kammschen Kreises und viel zu häufig auf irgendwelchen Rennstrecken unterwegs. Anglophil veranlagt, liebt britische Sportwagen und fährt eine Lotus Elise S1, um das eigene, eher nachteilige, Leistungsgewicht wieder auszugleichen. Neben passion:driving schreibt er als freier Autojournalist (Mitglied im Verband der Motorjournalisten) auch für die heise autos und andere Publikationen.

3 Kommentare

  1. Ich suche schon länger nach einem guten deutschsprachigen Autoblog (was ich bisher gefunden hatte, hat mir nicht besonders zugesagt). Nachdem dein Blog heute bei bildblog verlinkt war, bin ich sehr angenehm überrascht.
    Deine Texte sind vielfältig, interessant und gut geschrieben.
    Weiter so!

    • Vielen herzlichen Dank für das tolle Feedback! 🙂 Freut mich und motiviert einen immer weiter – danke und herzlich Willkommen!

  2. Echt klasse Bericht, man merkt das ein Auto Liebhaber dahinter steckt. Werde wohl öfters hier vorbei schauen :-)!

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