Die fünfte Generation Polo erhält nach fünf Jahren ein Facelift, welches man nicht sieht und startet mit sechs neue Motoren, bei denen die Gesichtszüge straffenden Topmotorisierungen noch fehlen. Da hilft beim Erstkontakt nur eins: Die nackte Wahrheit. Also das Basismodell. Ohne den ganzen teuren In Car Entertainement Plunder, die nervig piepsenden Assistenzsysteme oder die krampfhaft ökologisch gesundgeschrumpften und zwangsbeatmeten Sparmotoren. Die Reduktion auf das Wesentliche also. Und genau dieser Ansatz entpuppt sich als eine herrliche Entschleunigungstour durch das bayrischen Voralpenland und startet im Jahr 1975.

VW Polo I

Genau in diesem Jahr beginnt nämlich die Geschichte des Volkswagen Polo, der als kleiner Bruder des Golf aus Sicht der Wolfsburger im Kleinwagensegment die neue Basis zur Motorisierung der bunten 70er Jahre darstellte. Der Begriff „Basis“ ist dabei durchaus wörtlich zu verstehen, denn das spindeldürre Lenkrad ist weit davon entfernt, beledert zu sein. Die Informationen, die das Cockpit liefert können als „überschaubar“ bezeichnet werden und als Luxus gilt nur die zweistufige Lüftung, deren Bedienelemente in den hölzernen Zierblenden des Cockpits eingebettet sind. Doch haben wir bei der Fahrt in einem Miami Blauen Polo der ersten Generation aus dem Fundus von Volkswagen Classic etwas vermisst? Eigentlich nein, wir kamen wunderbar an unser Ziel, den Sylvensteinstausee. Nur etwas mehr Leistung haben wir uns phasenweise gewünscht, denn mit lediglich 40 PS aus 900 cm³ stellt sich für eine dreiköpfige Besatzung die Flucht vor einem drängelnden Mercedes-Benz Sprinter auf dem kurvigen Geläuf als etwas schwierig dar.

VW Polo 86C

Ob das die zweite Generation Polo besser kann? Sie kann, denn der Vierzylinder durfte beim Generationensprung um satte 200 cm³ und 10PS wachsen. Trotz nur behutsam weiterentwickelter Technik fährt sich Baureihe 86C deutlich erwachsener. Und polarisiert, denn das ausgeprägte Steilheck galt in den frühen 80ern als Revolution. Erst das 1982 nachgeschobene Coupé beruhigte die erhitzen Gemüter wieder. Heute schmunzelt man über solche Anekdoten und wir freuen uns, dass der zur Verfügung gestellte Mars Rote Polo sogar mit dem Formel E Paket ausgerüstet ist. Diese Sonderausstattung ist der Urahn aller BlueMotion Bemühungen und beinhaltete einen Spoiler am Heck, einen extra langen vierten Gang (genannt „3+E-Getriebe“) und eine Economy-Anzeige im Cockpit. Da ein solcher Polo nur rund 800kg auf die Waage bringt, fühlen wir uns ausreichend genug motorisiert, um zu einem Ausflug nach Bad Tölz aufzubrechen. Erstaunlich, wie souverän unser über 30 Jahre alter Polo der Baureihe 86C seine Aufgabe meistert. Braucht man eigentlich mehr Auto? Eigentlich nicht, nur eine Klimaanlage wäre bei frühlingshaften Temperaturen ganz angenehm gewesen und wir fragen uns: Wie haben das unsere Eltern damals ausgehalten?

VW Polo 2014 Facelift

Zeitsprung! VW wollte uns einfach keinen Polo Harlekin aus der dritten Generation oder das etwas deprimiert dreinschauende Vieraugengesicht der vierten Baureihe zur Verfügung stellen. Also rein in die Nummer 5 und plötzlich stockt der Atem: Was hat sich der Begriff „Basis“ in knapp 40 Jahren doch verändert. Für einen Einstiegspreis von 12.450 Euro erhält man zwischenzeitlich ESP, ABS, sechs Airbags, Isofix auf der Rückbank, elektrische Fensterheber, Zentralverriegelung, Servolenkung, Multifunktionsanzeige, Komfortblinken, einen Berganfahrassistenten, sowie eine in Höhe- und Länge einstellbare Lenksäule. Und ganz neu kommt jetzt auch noch eine Multikollisionsbremse dazu, die im Falle eines Unfalls den Polo automatisch abbremst, um eine Folgekollision zu verhindern. Doch wer jetzt glaubt, damit sei ein Polo Baujahr 2014 komplett ausgestattet, der irrt, denn speziell im Bereich Sicherheit ist die Liste der Sonderausstattungen mit der Modellpflege beeindruckend lang geworden: Umfeldbeobachtungssystem mit City-Notbremssystem, Tempomat mit automatischer Distanzregelung, Rückfahrkamera, LED-Scheinwerfer. Das sind alles Optionen, von denen die Entwicklungsingenieure Mitte der siebziger Jahre nicht einmal in ihren kühnsten Gedanken zu träumen wagten.

VW Polo 2014 Facelift

Und wie definiert Volkswagen heutzutage die Basis bei der Motorisierung? Nun, hier scheint die Evolution stehen geblieben zu sein. Zumindest auf dem Papier, denn 999 cm³ und 60 PS klingen weiß Gott nicht nach Fortschritt. Doch der neue Dreizylinder Motor drückt beachtliche 95 Nm über ein Fünfganggetriebe an die Vorderräder und so fühlt man sich nicht nur dank des rauchigen Motorensounds fast immer akzeptabel motorisiert. Wie anno 1981 hilft übrigens eine Gangempfehlung, sich dem versprochenen Verbrauch von fünf Liter zu nähern und da dem Motörchen nicht per Turbolader zusätzliche Leistung eingehaucht wird, bleiben die Trinksitten auch bei Volllast überschaubar. Der Volkswagen Polo hat sich also über vier Jahrzehnte immens entwickelt, doch reicht die neue Basis endlich aus, dass keine Wünsche mehr offen bleiben? Fast, denn eine Klimaanlage gehört auch 2014 bei der Ausstattungslinie „Trendline“ nicht zum Serienumfang, ist aber im im Vergleich zu 1975 wenigstens optional erhältlich.

Der neue Volkswagen Polo

Text: ag
Bilder: ag/Volkswagen

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Technische Daten

Volkswagen Polo 1.0 MPI Trendline

Motor-Bauart:
Dreizylinder Ottomotor mit Multi Point Injection
Hubraum:
999 cm³
Leistung:
44 kW / 60 PS bei 5.000 U/Min
Drehmoment:
95 Nm bei 3.000 – 4.300 U/Min
Höchstgeschwindigkeit:
161 km/h
Beschleunigung (0-100 km/h)
15.5 Sekunden
Verbrauch (innerorts / ausserorts / kombiniert):
6.4 L / 4.2 L / 5.0 L E10 (ROZ 95)

Grundpreis Volkswagen Polo 1.0 MPI Trendline:
14.250
Leergewicht:
1.050 kg
Max. Zuladung:
421 kg
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe):
3.972 mm / 1.682 mm / 1.453 mm

Disclosure zur Transparenz

Ich wurde von Volkswagen nach Tegernsee, Rottach-Egern eingeladen. Reisekosten, Verpflegung und Übernachtung wurden von Volkswagen übernommen. Der Text spiegelt meine persönliche Meinung wieder.

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Autor

Mit Baujahr 1969 bekommt man schon lange ein H-Kennzeichen, doch langsam unterwegs muss man deshalb noch lange nicht sein. Ich bin der lebende Beweis, denn ich teile auch im "fortgeschrittenen" Alter mit passion:driving Gründer Sebastian die Leidenschaft für die Fahrdynamik im Grenzbereich. Am liebsten auf unserer gemeinsamen Lieblingsrennstrecke: Die Nürburgring Nordschleife. Für passion:driving schreibe ich daher als gereifter Spritkopf für Spritköpfe aller Altersklassen über die Leidenschaft zum Automobil.

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