Momentan geistert ja ein Thema durch’s Netz, welches sich damit befasst, dass ein bayrischer Automobilhersteller in Zukunft Autos im Internet verkaufen will. Das Thema hat mich ehrlich gesagt nicht groß tangiert, weil ich es eher für eine Marketingnummer halte. Jan ist allerdings etwas mehr auf das Thema eingegangen und spricht über seine Gedanken, warum er sich nicht vorstellen kann, dass das funktioniert.

„Sicherlich ist die Beratungsleistung der Autohäuser zurück gegangen. Aber der entscheidende Punkt ist doch, dass man auf einer Webseite keinen Rabatt aushandeln kann.“

Auch wenn ich mich fast dagegen sträube – tatsächlich sehe ich es ähnlich, die meisten Auto-Verkäufer sind „nur noch“ Rabattverhandler. Aus meiner Erfahrung beim Neuwagenkauf vor einem Jahr habe ich aber auch ein paar Eindrücke gewonnen, warum das so ist. Dank des Internet stellen sich immer mehr Menschen ihr Auto online im Konfigurator zusammen – so natürlich auch ich.

BMW i8

Ich bin aber natürlich nicht einfach zu den Händlern gefahren, habe die Konfiguration auf den Tisch geknallt. Ich habe wirklich versucht, einen Dialog entstehen zu lassen und den Verkäufer aus der Reserve zu locken. Meistens lief es aber darauf hinaus, dass viele Verkäufer mit einem gefährlichen Halbwissen um sich geworfen haben oder mir Sonderausstattung aufdrücken wollten, die ich nicht brauche. Versteht mich nicht falsch, sie wollen und müssen verkaufen. Aber wenn ich mich bei einem Autohaus nach einem recht konsequent sportlichen Auto erkundige, davon spreche, dass ich ein Auto suche, an dem ich nichts ändern muss, höchstens Semis drauf und ab damit auf die Rennstrecke, bei dem ich extra ein CUP-Paket mit spezieller Bremsanlage und anderem Fahrwerkssetup wünsche, bei dem ich extra Recaro-Schalensitze dazu ordere, dann kann sich der gute Mann auf der anderen Seite des Tisches ausmalen, dass er seinem möglichen Kunden nicht versuchen muss eine Sitzheizung aufzudrücken.

Aber dann wäre da noch der andere Punkt: in nicht einem einzigen Autohaus wollte mir man meine Konfiguration so bauen können, wie ich sie zusammengestellt hatte. „Geht nicht, nicht kompatibel“ hieß es immer und immer wieder. Mit der Folge, dass ich den guten Verkäufern erst einmal erklären musste, dass sie Paket X abwählen müssen, weil Feature A ja darüber mitkommt, dafür muss Paket Y angewählt werden und dann kann man auch Feature B nehmen.. Es kann doch nicht sein, dass ich als Kunde entweder einen Nachteil daraus ziehe, weil mir fest überzeugt erklärt wird, diese Kombination ist nicht möglich, bzw ich den Verkäufer darin schulen muss, wie er sein Bestellsystem zu bedienen hat?!

Kurzum: mein Vertrauen in Autoverkäufer ist mit dieser Erfahrung auf ein geringstmögliches Maß zusammengeschrumpft. Ein gutes Autohaus gab es letztlich, das zwar auch die „Konfig-Prüfung“ nicht bestand, aber sonst immerhin eine gewisse Vertrauensbasis aufbauen konnte. Um wieder zurückzukommen: ich glaube in heutigen Zeiten und vielleicht auch in jüngeren Generationen wie meiner, zählt die langjährige Bindung zum Autohaus kaum noch, weil man sie selber noch nicht gut kennengelernt hat. Das heißt für die Autohäuser, dass die sich sehr viel Gedanken machen sollten, wie sie in diesen Zeiten ihre Neukunden und junge Menschen wirklich noch gebunden kriegen. Sofern Rabatte bei Auto-Onlinebestellungen noch nicht zu machen sind, wird man wohl oder übel zum Händler rennen müssen.


Autor

Gründer und überwiegender Texter hinter passion:driving. Leidenschaftlicher Car-Nerd, immer auf der Suche nach dem Rande des Kammschen Kreises und viel zu häufig auf irgendwelchen Rennstrecken unterwegs. Anglophil veranlagt, liebt britische Sportwagen und fährt eine Lotus Elise S1, um das eigene, eher nachteilige, Leistungsgewicht wieder auszugleichen. Neben passion:driving schreibt er als freier Autojournalist (Mitglied im Verband der Motorjournalisten) auch für die heise autos und andere Publikationen.

7 Kommentare

  1. Du hast ja noch den Vorteil, dass du weißt was du brauchst, willst und was es kosten darf. Aber richtig problematisch wird es mit den Autohäusern, wenn der einfache Laie kommt. Da wird dann erstmal alle mögliche, unnütze Sonderausstattung aufgedrängt und konfiguriert, danach 20 Minuten probe gefahren und am Ende noch 120 EUR auf den Kaufpreis von 20.000 nachgelassen und ein Verbandskasten als Geschenk beigelegt 😉 Der Kunde glaubt einen guten Deal gemacht zu haben, der Verkäufer lacht sich ins Fäustchen – zumindest hab ich das schon oft so miterlebt. Bei einer bekannten 40-jährigen, die nunmal kein Autoprofi ist, ist das bei der Bestellung ihres neuen Opel Astra vor paar Monaten genauso gelaufen. Der Kaufvertrag mit Konfiguration usw. wurde mit der Hand geschrieben…

    • Ja, da gebe ich dir absolut recht. Von daher finde ich es gar nicht verkehrt, dass man das in Zukunft evtl. im Internet machen kann. Da fällt schonmal dieses psychologische „unter Druck setzen“ durch den Verkäufer raus. Andersherum ist vielen „oberhalb“ meiner Generation eben der persönliche Draht wichtig und sie vertrauen den Verkäufern. Da musste ich leider auch schon viel zu oft mitkriegen, wie dieses Vertrauen schamlos ausgenutzt wird.

      Habe in den letzten Jahren auch schon oft Freunde und Bekannte aus diesem Grund beim Autokauf begleitet, weil die sich eben nicht sicher waren und jemanden dabei haben wollten, der sich mit Autos und der Spezies Verkäufer ein wenig auskennt 😉

  2. Ich sitze auf der anderen Seite des Schreibtischs und will daher erstmal meine Kollegen in Schutz nehmen. Natürlich müssen wir Experten sein und dürfen nicht mit „gefährlichem Halbwissen“ um uns werfen. Auch sollte ein Verkäufer in der Lage sein, ein Auto zu konfigurieren. Ich will aber kurz erklären, wie es dazu kommen kann. Ich übertreibe mal bewusst, damit es deutlich wird.

    Es soll Automarken geben, die mehr als zehn Modelle in mindestens drei Serienausstattungen haben, dazu noch pro Modell 2-3 Sondermodelle. Das Schiebedach gibt es in der höchsten Serienausstattung zu bestellen, in der mittleren nur mit Fensterhebern hinten und in der Einstiegsausstattung überhaupt nicht. Bei Sondermodell A ist es im Paket mit der Freisprecheinrichtung drin, in Sondermodell B gibt es das Schiebedach nur bei Benzinermotoren und Sondermodell C hat es serienmäßig bei eine Metalliclackierung. Und das ist ein Ausstattungsmerkmal bei einem Modell. Einen Monat später wird’s dann mal wieder total umgekrempelt. Das ist bei meiner Automarke zum Glück noch nicht so weit, aber von Branchenkollegen habe ich solche Storys schon gehört. Da kommt man als Verkäufer schonmal ins Schwimmen 😉

    Kurz zum Thema: Ich bin der Meinung, dass das Internet den klassischen Kontakt mit dem Verkäufer nicht ersetzen kann. Wir Autoverkäufer sollten allerdings unseren Job anders interpretieren und das Internet nutzen, um näher an dem Kunden dran zu sein. Ich halte den Kontakt zu meinen Kunden größtenteils online, der Autokauf selbst findet aber immer persönlich statt.

    Sorry für den langen Kommentar 😉

    • Hi Sebastian (hihi 🙂 ),

      danke für deinen langen Kommentar 😉

      Ich kann die Seite natürlich absolut nachvollziehen – es gibt teilweise Hersteller, da ist das Konfigurationswirrwarr unglaublich. Nicht verstehen kann ich allerdings, wenn der Verkäufer auch bei mehrmaligem Erklären, wie das nun geht behauptet, er müsse das gar nicht probieren, weil es nicht geht..

      Ich glaube, viele Leute haben zu viele Erfahrungen mit nicht ganz so guten Autoverkäufern gemacht – leider! Denn ich hasse es wirklich auch, die Leute hinterm Schreibtisch mit einem Angebot zu erschlagen und einfach nur einen billigeren Preis zu verlangen. Was du aber sagst von wegen Internet, ist noch ein ganz bedeutender Punkt: 12 Autohäuser per Mail angeschrieben, 4 haben geantwortet. Klar, dass man da als junger Mensch auch gleich schon so einen faden Beigeschmack aufschnappt.

      Letzten endes gibt es natürlich gute Verkäufer und einen guten Verkäufer werde ich natürlich jederzeit gerne wieder persönlich ansprechen, um mir ein neues Auto zu kaufen. Der Verkäufer für mein Auto war z.B. so einer. Hat meine Anforderungen aufgenommen und dann auch gleich gemerkt, dass ich genau weiß, was ich will, mich eher ein bisschen zu meinen Interessen usw. befragt, was ich mit dem Auto so vorhabe bei den Anforderungen und und und. Da weiß ich, das passt. Schade nur, dass ich kein Marken-Mensch bin und das nächste Auto – wenn denn alles klappt, eine Traumerfüllung 😉 – wieder woanders besorgt wird 😉

      Kurzum: ich glaube, das Internet kann die Rolle der „schlechten“ Verkäufer durchaus einnehmen. Damit meine ich z.B. solche, die einen nur schief angucken, wenn man Interesse am Topmodell des Herstellers bekundet, nichtmals vom Schreibtisch aufstehen und nur meinen „nö, da haben wir gerade nix, glaube ich“. Die, die es richtig machen und verstanden haben, was Kundenbindung bedeutet, sind aber unersetzlich!

      • „Kurzum: ich glaube, das Internet kann die Rolle der “schlechten” Verkäufer durchaus einnehmen.“

        Treffend formuliert, damit bin ich einverstanden und habe dem nichts mehr hinzuzufügen. 😉

  3. Bei den Konfigurationsorgien unserer Platzhirsche kann man sich nur an den Kopf fassen. Bei meinem Ami läuft das so:
    Premium-Paket: ja/nein
    Sport-Paket: ja/nein
    Komfort-Paket: ja/nein
    Sicherheits-Paket: ja/nein
    Fertig 🙂
    Aufpreis zum Basismodell ~20% statt wie hierzulande ~50% (bei Vollausstattung).

  4. Moin.

    Ich bin Autoverkäufer(auch geprüft und weitergebildet etc usw) und eines kann ich Dir sagen: Es gibt so ca. 75% Flachpfeiffen als Verkäufer die einfach nichts wissen oder es nicht besser können. Ehemalige Baumarkt oder Mediamarkt Verkäufer die nicht viel Geld wollen. WEIL? Weil niemand diesen miesen Job machen will. 8h-19h jeden Tag, Samstag bis 16h – 55Std? keine seltenheit, eher die Regel.
    Bezahlt wird wie im Büro, für 38Std – ist ja klar. Wenn du Glück hast fährst Du noch wenigstens einen Vorführwagen…
    Und die Arbeit an sich ist sehr zäh und teilweise auch langweilig – Reklamationen, Beschwerden zig Angebote für vielleicht 8-10Verkäufe im Monat!

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