2 Wochen Honda Accord – ja, ich hatte mich auf die Zeit gefreut. Das lag vor allem aber an der Armada von Assistenzsystemen, die der Accord verspricht. Spielkind, wie man eben ist, musste ich die einfach mal selbst erleben. Davon abgesehen war es natürlich spannend, einen Blick auf die japanische Mittelklasse werfen zu können.

Honda Accord 2.2 i-DTEC Type S

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Zugegeben, der Honda Accord ist inzwischen, trotz eines sehr gelungenen Facelifts, ein wenig in die Jahre gekommen. Das tut der Limousine aber keinen Abbruch. Schön sportlich und kantig steht er da. Nicht zuletzt dank des Type S Paketes natürlich, dass auch für andere Front- und Heckschürze, sowie tiefere Seitenschweller sorgt. Zusammen mit den schmucken 18-Zöllern gibt er eine stattliche Statur. Und wie immer bei solchen Fahrzeugen macht mich eines an, kaum habe ich hinter dem Steuer Platz genommen: eine kräftige, lange Motorhaube. Schade nur, dass sich der Accord hier Kritik gefallen lassen muss, die seltsamerweise einige Japaner um die Ohren geklatscht bekommen: Haubenflattern. Ab 180 ist Bewegung in der Haube zu erkennen, bei über 200 km/h, die der Accord übrigens Souverän aus dem Ärmel schüttelt, wird daraus dann doch schon eine bedrohlich anmutende Flatternummer.

Honda Accord Type S Sitze

Fantastische Sitze, tiefe Sitzposition – wirklich eine Limousine?

Fast jeder Kritik hält dafür dann aber der Innenraum stand. Macht man es sich auf den tief konturierten Ledersitzen in einer überraschend tiefen Sitzposition einmal bequem, was nebenbei erwähnt ganz und gar nicht schwer fällt, sticht einem insbesondere das sportliche Flair ins Auge. Langeweile gibt es hier nicht. Dabei ist das Styling nicht übertrieben verspielt. Klare, schwungvolle Konturen, tiefe Sitzposition und ein überraschend kurzer Schalthebel aus echtem Aluminium – das schlägt das Sportfahrerherz höher, auch wenn der Schaltknauf bei winterlichen Temperaturen eine warme Hand benötigt, um sich der eisigen Temperaturen abzuwenden. Apropos: gleiches gilt auch für den Innenraum, denn der Accord braucht mit seinem 2,2 Liter Dieseltriebwerk durchaus seine Zeit, bis warme Luft im Innenraum ankommt. Im großen und ganzen eigentlich zu verkraften. Bei den bis zu -20°, die teilweise während des Tests herrschten, war allerdings auch nach 20 Minuten Fahrt durch den Münchener Berufsverkehr kein warme Brise zu verspüren. Das liegt insbesondere daran, dass der i-DTEC-Diesel keinen Zuheizer im klassischen Sinne besitzt und der Motorblock somit nur sehr langsam warm wird. Um dennoch für ein wenig warme Luft zu sorgen, schaltet die Klimaanlage in einen Heißgas-Modus, wobei der Kondensator umgangen und das Kältemittel dadurch nicht verflüssigt (gekühlt) wird und damit in den Verdampfer zurückströmt.

Honda Accord Type S Innenraum

Kommen wir aber nun wieder zum Innenraum: dort wird der Erstbesucher erst einmal mit jeder Menge Knöpfchen und Schalter konfrontiert, nach kurzer Zeit findet man sich dort aber schnell zurecht. Irritierend empfand ich allerdings den etwas übergroßen „Buzzer-Button“ in der Mitte, welcher als Dreh- und Tippschalter für die Steuerung des Infotainments zuständig ist. Das könnte nebenbei bemerkt auch eine grafische Auffrischung vertragen.

Diesel spielt sein Potential nicht ganz aus

Wie hält es sich nun aber beim Fahren? Der 2.2 Liter Diesel liefert ausreichende Kraftreserven, soviel ist sicher. Im Sinne des „Type S“ am schmucken Heck würde man sich allerdings doch ein klein wenig mehr Leistung wünschen. Der Honda Accord spricht zwar souverän in jeder Lebenslage an, stellt seine Leistung aber nur über ein verhältnismäßig schmales Drehzahlband zur Verfügung und das merkt man. Zudem ist er in manchen Drehzahlen beim kräftigen Beschleunigen etwas aufdringlich im Ton. Dafür revanchiert sich der Motor allerdings mit einem angenehm niedrigen Verbrauch: die 7,6 Liter im Test wurden nur dadurch erreicht, dass ich die letzten 200 km auf der Autobahn die Widerstandsfähigkeit des Gaspedals getestet habe. Querdynamisch belohnt das recht straffe Fahrwerk Fans von Kurvenfahrten, schiebt dabei aber gerne über die Hinterachse. Überraschenderweise rollt das Fahrwerk zwar straff ab, bietet aber gerade auch auf Autobahnetappen viel Restkomfort.

Honda Accord Type S

Sicherheitssysteme ohne Ende

Wo wir aber nun gerade von der Autobahn sprechen: die ist sein Revier, voll und ganz. Dafür sorgen seine Assistenzsysteme, seine tolle Spurtreue und vor allem das angenehm niedrige Geräuschniveau auch bei hohen Geschwindigkeiten. Allem voran dienen dabei vor allem LKAS, ACC und CMBS, um den Fahrer sicher von A nach B zu bringen. Moment, LK-was? Sicher, eins nach dem anderen! LKAS steht für „Lane Keeping Assist System“ und ist wohl eines der interessantesten Systeme am Accord. Es handelt es sich hierbei um einen aktiven Spurhalteassistenten, welcher mit Hilfe von Lenkeingriffen das Auto in der Spur hält. Entscheidend ist dabei auch die Ausrichtung des Systems: im VW Konzern, etwa beim VW Golf 7, ist das System so ausgelegt, dass es erst eingreift, wenn wirklich Gefahr besteht, die Spur zu verlassen. Das Auto spielt dadurch im schlimmsten Fall „Ping Pong“ zwischen den weißen Linien. Beim Accord hingegen versucht der aktivierte Spurhalteassistent das Auto kontinuierlich mittig zwischen den weißen Linien zu halten und sorgt so durch sanfte Lenkeingriffe sogar für sanfte Kurvenfahrten ohne Fahrereingriffe. Selbstverständlich sollte man das nicht machen und nach einigen Sekunden verlangt auch der LKAS durch einen Warnton und Abschaltung des Systemes nach einer festen Hand am Volant.

Honda Accord Type S Heckansicht

Tempomat bis zum Stillstand

Das zweite System dieser Assistenzsysteme ist der adaptive Tempomat, ACC. Dieser hält in drei wählbaren Abstandsstufen automatisch den Abstand zum Vordermann und kann das Auto sogar bis zum Stillstand herunterbremsen. Noch besser: gibt der Tempomat gerade Gas oder bremst herunter, so dass ein Schaltvorgang nötig wird, wird dieser nicht gleich durch das Auskuppeln deaktiviert. Zu kritisieren sind lediglich die teilweise wenig sanften Bremseingriffe, wo das System mit gewissen Toleranzen etwas sanfter fahren könnte. In diesen ACC spielt auch das CMBS hinein: das Collision Mitigation Brake System ist ein dreistufiges automatisches Bremssystem zur Vermeidung von Unfällen bzw. zur Reduzierung möglicher Unfallfolgen. Wenn das System einen möglichen Aufprall erkennt, wird in der ersten Stufe nur eine audiovisuelle Warnung an den Fahrer geschickt. Folgt keine Reaktion, werden in Stufe zwei die Gurte gestrafft und zudem mehrfach angezogen, um so die Aufmerksamkeit des Fahrers zu ergattern. Wenn all das nichts hilft, kann das System in der letzten Stufe eine Notbremsung mit bis zu 60% der maximalen Bremsleistung einleiten und so hoffentlich einen Aufprall verhindern.

Fazit

Niedrige Geräuschkulisse bei hohen Geschwindigkeiten, tolle Verarbeitung und dazu ein sportlicher Charakter, der sich durch das gesamte Design zieht. Der Honda Accord 2.2 i-DTEC Type S ist ein wirklich tolles Auto. Zudem wird nicht nur ein wenig mit sportlichen Anlagen geworben, sie sind auch tatsächlich vorhanden. Bei kaum einem anderen Auto dieser Klasse findet man solche hervorragend konturierten Sitze, die dazu auch ein hohes Maß an Komfort bieten. Der Dieselmotor dürfte seine Leistung über ein breiteres Drehzahlband zur Verfügung stellen, bietet dafür aber einen angenehmen Verbrauch. Für Vertreter und Pendler über weite Strecken, ist der Accord ein hervorragendes Auto und für Familien gibt es ihn auch als Tourer. Insbesondere dank seiner Armada an Sicherheitssystemen, welche allerdings nur mit dem knap 2.500 € teuren „Safety Paket“ zu bekommen sind, wird der Accord sehr interessant. Ist der Accord seine knapp 100% Preisaufschlag gegenüber dem Serienmodell wert? Ich würde sagen ja, aber ein paar Auffrischungen an der ein oder anderen Stelle hätte der Accord dafür verdient.

Honda Accord Type S Heckansicht

Worin er besticht

Sein sportlicher Charakter im Design und der Ausstattung kombiniert mit der sehr umfangreichen Ausstattung und hohem Komfort – reisen auf der Autobahn über hunderte Kilometer, das ist genau sein Ding. Der Accord ist ein echter Reisekünstler.

Worin er nicht überzeugt

Der Dieselmotor könnte etwas kräftiger sein, sicher. Ein Detail, das mich im Test aber immer wieder störte, war die Heckklappe ohne Haubenlifter, die gerne auf halbem Weg nach oben zu fällt, wenn man sie zu früh wieder loslässt.

Wertung

7.2/10
  • Fahrdynamik: 4
  • Fahrspaß: 5
  • Sound: 3
  • Verarbeitung: 8
  • Komfort: 8
  • Ausstattung: 8
  • Verbrauch: 6
  • Preis/Leistung: 6
  • Persönliche Anziehungskraft: 6
Mein passion:driving Wertungsschlüssel spiegelt meine subjektive Einschätzung des Testwagens in verschiedenen Kategorien wieder. Die fahrdynamischen Qualitäten spielen dabei eine große Rolle. Trotzdem wird ein Auto nur durch Performance keine 10er-Wertung erhalten können. Hier gibt es mehr Informationen zum Wertungssystem.

Technische Daten

Honda Accord 2.2 i-DTEC Type S

Motor-Bauart:
Vierzylinder DOHC Common-Rail Turbodiesel
Hubraum:
2.199 cm³
Leistung:
132 kW / 180 PS bei 4.000 U/Min
Drehmoment:
380 Nm bei 2.000 – 2.750 U/Min
Höchstgeschwindigkeit:
220 km/h
Beschleunigung (0-100 km/h)
8.7 Sekunden
Verbrauch (innerorts / ausserorts / kombiniert):
7.1 L / 4.8 L / 5.6 L Diesel

Grundpreis Honda Accord 2.2 i-DTEC Type S:
29.120
Testfahrzeugpreis:
41.770
Testverbrauch:
7.6 Liter / 100 km über 1.659 km
Leergewicht:
1.659 kg
Max. Zuladung:
401 kg
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe):
4.725 mm / 1.840 mm / 1.440 mm

Autor

Gründer und überwiegender Texter hinter passion:driving. Leidenschaftlicher Car-Nerd, immer auf der Suche nach dem Rande des Kammschen Kreises und viel zu häufig auf irgendwelchen Rennstrecken unterwegs. Anglophil veranlagt, liebt britische Sportwagen und fährt eine Lotus Elise S1, um das eigene, eher nachteilige, Leistungsgewicht wieder auszugleichen. Neben passion:driving schreibt er als freier Autojournalist (Mitglied im Verband der Motorjournalisten) auch für die heise autos und andere Publikationen.

9 Kommentare

  1. Schöne Fotos und ein schöner Artikel. Dazu passt die Layout-Veränderung mit der Benotung sehr gut! Den 180 PS Diesel fand ich wiederum nicht zu schwach 🙂 .

    • Danke! Mit den nächsten Tests wird dann alles auch noch ein wenig kompakter und mit dem Kia wird ein neues Feature in den Fahrbericht einfließen… immer weiter, kein Stillstand eben 😉

      Zum Motor: „zu schwach“ empfand ich ihn auch nicht – so eine kleine Portion mehr Bumms hätte ich mir nur gewünscht, insbeosondere, weil der Drehmomentverlauf etwas schmal ausfällt. Spaß gemacht hat der Motor trotzdem!

    • Eher eine Folge davon, dass die 380 NM nur zwischen 2.000 – 2.750 U/Min anliegen. Darüberhinaus fühlte er sich etwas zugeschnürt an. Was aber auch nur auf der Autobahn wirklich auffällt.

      Wie gesagt: im Großen und Ganzen runde Sache, der Motor.

  2. Hallo,

    meine Freundin lässt fragen wie die Bezeichung für die blaue Farbe ist.

    Danke und viele Grüße

  3. Hallo,

    also, erst mal großes Lob für den Test, so weit es geht, ist er objektiv und vor allem informativ. Die Fotos sind – wie immer- sehr schön gelungen.

    Nun zu meinen Erfahrungen.
    Ich fahre zwar keinen Diesel-Acci, aber gegen 2 L und 156 PS hat so manches deutsche, gleichstarke Modell, das Nachsehen. Meiner beschleunigt mit 8 sec von 0 -100 und die höchste bisher gefahrene Geschwindigkeit beläuft sich auf 240 Km/h (laut Tacho), und der zeigt mit Sicherheit nicht 240 bei echten 220 an (eher 232). Es wäre tatsächlich noch schneller gegangen, wen da nicht mal wieder ein Oberlehrer ohne zu blinken rübergezogen hätte. Laut max. Drehzahl (6.950 U/min) sind theoretisch 250 drin und ich behaupte, dass die FAST machbar sind. Zum Haubenflattern…selbiges kann ich bisher nicht bestätigen. Alles ruhig. Sitze sind super angenehm und bieten viel Seitenhalt…ich jage nicht nur Orks sondern auch gerne mal an der Haftgrenze um Kurven. Daher kann ich auch ganz klar sagen, der Acci schiebt sanft über die Vorderachse (nicht wie im Test über die Hinterachse). Ein Verlust der Haftung kündigt sich sanft an und wird bei eingeschaltetem VSA von selbigem sofort unterbunden. Aber man kann das VSA ja auch mal abschalten, gell? Alle Schalter sind meiner Meinung nach gut platziert und intuitiv bedienbar. Die Schaltung ist Honda-Typisch knackig und perfekt in der Schaltkulisse geführt. Jeder Gang klackt locker rein. Und Eins ist für mich sicher – aber das ist mal wieder Geschmackssache – der Acci weckt bei mir mehr Emotionen als die hochgelobten VW’s usw. Bei denen habe ich immer das Gefühl, dass sie serienmäßig zu Narkolepsie führen. Aber wie gesagt, nur mein Geschmack.
    Weiter so, die Tests sind Klasse und das Bewertungsdesign auch.

    Gruß an alle Benzin- (und natürlich auch Diesel-) Junkies.
    Orkjäger

    • Danke für deinen Kommentar!

      Was das Fahrverhalten angeht liegt es natürlich sicher auch an der Bereifung, den Winterreifen und dass ich das natürlich auch mit flotten Lastwechseln provozierte. Da kommt dass Heck durchaus etwas in Fahrt. Aber generell schiebt er sanft über die VA, das ist richtig. Im Lastwechsel provoziert, holt dann aber das Heck aus. Das alles natürlich ohne VSC 😉

      Der Diesel läuft auf der Autobahn leider bei hoher Drehzahl, dadurch kommt da oben raus nicht mehr all zu viel.

      Insgesamt aber ein sehr gutes Auto!

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