Es war ja wirklich so mein persönliches Highlight, der Alfa Romeo 4C. Auf kaum ein Auto war ich in Genf so gespannt, wie den rassigen Italiener. Aber irgendwie war nicht alles ganz, wie erwartet. Ihr müsst euch das so vorstellen: ihr lernt im Internet jemanden kennen. Der Charakter ist klasse, ihr seit voll und ganz auf einer Wellenlänge, die ersten Bilder werden ausgetauscht und ihr seid immer mehr Feuer und Flamme. Und dann kommt das erste Date…

Alfa Romeo 4C in Genf Heckansicht

Bei diesem ersten Date fällt es euch plötzlich wie Schuppen von den Augen, ein kleines Detail nur, das erst aber die gesamte Wolke 7 platzen lässt und ihr euch schon fast schämt, überhaupt hier zu sein. Ihr versucht trotzdem freundlich zu bleiben, bestimmt zu lächeln und der ganzen Geschichte eine Chance zu geben.

Alfa Romeo 4C in Genf Heck

In etwa genau so verhielt es sich bei mir mit dem Alfa Romeo 4C. Ernsthaft, die Leistungsdaten sind beeindruckend: ein Trockengewicht von 895 kg. Mit Fahrer und Tankbefüllung sind wir ziemlich genau bei einer Tonne. Dazu ein Vierzylinder „Multi Air“ Turbomotor – ein Direkteinspritzer, der knurrig klingt und dank elektrohydraulischer Einlassventilsteuerung in jedem Drehzahlbereich ordentlich zu Sache geht. Leistung? 240 PS! Null auf einhundert km/h in gerade einmal 4,5 Sekunden und eine Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h. Das ganze in einem Kohlefaser-Monocoque, verkleidet von jeder Menge Verbundmaterial außen herum, mit der Folge des oben erwähnten niedrigen Gewichts und einer exzellenten Verwindungssteifigkeit. Dazu der Verzicht auf eine gefühltstötende Servolenkung – Herz was willst du mehr? Dann noch dieses formschön gezeichnete Heck und die Karosserie überhaupt – ein Traum! Und dann sah ich die Scheinwerfer…

Alfa Romeo 4C in Genf Frontansicht / Scheinwefer

Ernsthaft, was hat man sich bei Alfa Romeo gedacht, als man sich entschied, diesem wertigen, konsequenten und leistungsstarken Sportwagen Plastikbecher zu spendieren, die selbst jedem ATU-Chromkennzeichenhalterungs-Tuner die Schamesröte ins Gesicht treiben würden? In der streng limitierten Launch Edition ist das ganze noch zu verkraften: dort sind diese Lichttöpfe immerhin aus klar-lackiertem Carbon gefertigt und fallen nicht ganz so schlimm auf. Aber bei einem roten 4C mit diesem hellgrauen Plastik, das zudem auch noch gerne unter Sonneneinstrahlung ausbleicht (und da hab ich mit meinem Smart Roadster genug Erfahrungen gemacht), das ist schlicht unverständlich.

Alfa Romeo 4C in Genf Frontansicht

Vielleicht war der Dialog in der Entwicklungsabteilung ja auch ähnlich des folgenden:

Entwicklungsleitung: „Team, ich bin stolz auf euch! Wir haben mit dem 4C alle Ziele erreicht, Gewicht, Performance, die Leute sind hin und weg und die Presse ist beeindruckt, dass er wirklich so kommt, wie versprochen. Aber irgendwas müssen wir doch falsch machen! Wo bleibt das entscheidende Merkmal, um die Alfa-typische Hassliebe zu zelebrieren?!“

Ingenieur: „Wir könnten die Motoren alle 40.000 Kilometer hochgehen lassen!“

Entwicklungsleitung: „Nein, zu einfach, das kennen die Leute schon von früher.“

Designer: „Bisher wurden wir für unser Design immer gelobt – vielleicht könnten wir dort irgendetwas verpfuschen?“

Ingenieur: „Kennt ihr noch die Plastikdinger vom Smart Roadster? Warum nehmen wir die nicht für die Scheinwerfer!“

Entwicklungsleitung: „Hervorragende Idee! So machen wir es!“

Alfa Romeo 4C in Genf Cockpit / Innenraum

Ok, das war nun ein wenig scharf geschossen, aber ihr seht: der Frust sitzt bei mir tief, ob dieser Designentscheidung. Da bisher aber auch wirklich jeder über dieses Scheinwerferdesign am meckern ist, bleibt nur zu hoffen, dass Alfa hier noch einlenkt. Offen gestanden: für mich wäre es ein Grund gewesen, eine eventuelle Vorbestellung zu widerrufen.

Alfa Romeo 4C in Genf Scheinwerfer Launch Edition

Übrigens: die Launch Edition ist für 61.000€ zu haben und hat eine umfangreiche Ausstattung. Neben optischen Merkmalen wie den Carbon-Teilen an allen Ecken, ist zudem ein strafferes Fahrwerk, eine andere Auspuffanlage und ein Sportluftfilter verbaut. Der normale 4C wird wohl ab rund 50.000 € zu haben sein, dazu folgen aber auch erst später genauere Infos. Ab September sollen die Auslieferungen beginnen. Ach und ich gebe Jan insbesondere in einem Punkt Recht: auch ich würde einiges tun, um den 4C live zu erleben 😉

Alfa Romeo 4C Launch Edition in Genf


Autor

Gründer und überwiegender Texter hinter passion:driving. Leidenschaftlicher Car-Nerd, immer auf der Suche nach dem Rande des Kammschen Kreises und viel zu häufig auf irgendwelchen Rennstrecken unterwegs. Anglophil veranlagt, liebt britische Sportwagen und fährt eine Lotus Elise S1, um das eigene, eher nachteilige, Leistungsgewicht wieder auszugleichen. Neben passion:driving schreibt er als freier Autojournalist (Mitglied im Verband der Motorjournalisten) auch für die heise autos und andere Publikationen.

4 Kommentare

  1. Das ist kein Porsche, das ist ein Alfa. Die Lampen sind sicher speziell und das ist gut so.
    Wer ein Normalo Auto will, soll sich auf VW, Porsche und co. konzentrieren. Für alle anderen gibt es Alfa Romeo. Grazie Alfa! Der 4C ist 1A!

  2. Mir sind die Scheinwerder erst kürzlich aufgefallen, als ich mal in ein Bild des 4C reingezoomt habe. Und da ging es mir genau wie Dir – es war wie eine kalte Dusche. Hässlich, nur um individuell zu sein geht gar nicht. Frag doch mal ’nen Carrera 996 Facelift Fahrer wie sehr es nervt, wenn jeder Spruch zum Auto mit „..aber die Scheinwerfer endet“.
    Absolutes No Go!

    @Claudio: nie Elfer gefahren, wie? Nur weil die Porsche hohe Stückzahlen hat, ist es noch lange kein VW.

  3. Wie recht Du hast, Sebastian. Die Scheinwerfer der Studie fand ich klasse, dann der erste Blick auf die Bilder aus Genf und die Frage „Was ist das denn?!“. Schade auch, dass es die Seitenspiegel mit den Farben der italienischen Nationalflagge nicht in die Serienversion geschafft haben.

    • Stimmt, die Spiegel waren auch ein nettes Detail. Mal sehen, wäre denkbar, dass das optional geordert werden kann, so wie beim MiTo z.B. die unterschiedlichen Dach-Beklebungen.

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