Ein rauhbeiniger und wilder Kollege war der Mercedes-Benz SLK noch nie. Auch wenn das Design von Generation zu Generation etwas aggressiver und maskuliner wurde. Aber ein Sportler? Kann und will er das denn überhaupt sein? Dieser Frage habe ich mich angenommen und dafür dem Mercedes-Benz SLK 350 die Sporen gegeben.

Aber warum eigentlich überhaupt der SLK? Ganz einfach, es musste einfach der 350er sein. Nachdem das erste mal „live“ unter Last einer an mir vorbeigeflogen kam, war ich zutiefst beeindruckt von der musikalischen Note, welche dieser frei atmende 3,5-Liter-Sechszylinder von sich gibt. Dabei begann das Date ganz und gar nicht gut:  sollte ursprünglich ein knallroter SLK in stylischer AMG-Line auf den Hof rollen, wurde es dann leider „nur“ ein SLK 350 mit Sport-Paket. Der Schmerz über die wenig aufregende Farbe überwog aber bis zuletzt. Bis an den Tag, an dem ich die Fotos machen konnte.

Doch eines, nach dem anderen: fangen wir mit dem Äußeren an. Denn optisch, muss ich sagen, hat sich der SLK in den letzten Generationen ordentlich gemacht. Auch wenn ich sehr auf die Heckpartie der zweiten Generation stand, gefällt der neue insgesamt mit einer etwas maskulineren und bestimmten Form. Die Pseudo-SLR-Schnauze ist endlich Geschichte und ein kräftig im Wind stehender Kühlergrill bildet den Abschluss der gefällig langen Motorhaube. Man muss so etwas mögen, aber ich? Ich liebe es ganz einfach. Dazu die seitlichen Kiemen mit den integrierten Blinkern und die im Sport-Paket aggressiver ausfallende Frontschürze: der SLK ist auf jeden Fall schön anzuschauen. Gut, die 17-Zoll-Zehnspeichenfelgen wären sicher nicht meine erste Wahl, aber glücklicherweise ist im Sport-Paket ja auch eigentlich eine sehr viel schönere 18-Zoll-Felge enthalten.

Auch das Styling im Innenraum weiß zu begeistern: mir gefallen sofort die Luftdüsen im Jet-Design, die sportlich stylischen Instrumente, die weißen Kontrastnähte der bequemen Ledersitze und das gut in der Hand liegende Lenkrad. Rentner-Image adé! Von Tristesse für die ältere Generation ist das Styling des SLK-Interieur weit entfernt. Leider bewahrheitet sich aber auch hier einmal mehr der alte Spruch „wo Licht ist, ist auch Schatten“: dass das COMAND-Online genannte Infotainment-System mit seiner altbackenen grau-in-grau-Darstellung schon fast an Computer aus Monochrom-Monitor-Zeiten erinnert, sich ähnlich schnell bedienen lässt und damit irgendwie nicht besonders viel Entertainment versprühen will – sei’s drum. Immerhin funktioniert es an und für sich gut und einmal unter uns gesprochen: ein Niederschlagsradar ist für ein Cabrio schon eine sehr coole Angelegenheit!

Warum sich aber ein Mercedes den Faux Pass erlaubt, Drehschalter zu verbauen, welche in Puncto Haptik von jedem Joghourtbecher übertroffen werden und soviel Spiel haben, wie eine abgemagerte Miley Cyrus in einem Rennschalensitz oder etwa Sonnenblenden, deren Materialanmutung mit ihren scharfen Außenkanten selbst die eines smart der ersten Generation in gutem Licht erscheinen lassen – und wer einen solchen smart bereits gefahren ist, weiß wovon ich spreche – das bleibt mir ein ungeklärtes Rätsel. Vielleicht dachte man sich ja auch bei Mercedes „unsere Roadster-Kunden sind eben echte Hardcore-Roadster-Fans, die fahren bei Wind und Wetter offen“ und meinte aus diesen Gründen einen toughen Innenraum anbieten zu müssen – so wie in einem Hardcore-Offroader. Aber ich glaube eher, es hat irgendetwas mit Controlling und solcher spaßverderbenden Begriffe zu tun.

Alles halb so wild, denn der Spaß kehrt zurück, sobald man die sechs Töpfe unter der langen Haube zündet und den kurzhubig und damit auf Drehzahl ausgelegten 60°-V6 zum Leben erweckt: ein seichtes Schütteln zieht sich durch’s Auto und das Triebwerk darf kurz und seicht aufbellen, bevor sich ein wohlig runder und weicher Klang einstellt. Dieser Motor macht schon im Stand Spaß und bei voller Fahrt noch viel mehr: trotz seiner eher drehfreudigen Charakteristik kann der Motor nämlich auch untenherum gut zupacken. Zusammen mit der Mercedes-eigenen 7G-TRONIC PLUS, einer 7-Gang-Wandlerautomatik, welche sich dank Schaltwippen auch auf kurviger Fahrt gut bedienen lässt und Gangwechsel sauber, präzise und „noch“ angenehm schnell vollzieht, gibt es an der Kraftübertragung an die Hinterachse nicht im geringsten etwas auzusetzen: der SLK geht gut! Teilweise auch schon fast zu gut. Denn er unternimmt kaum einen Versuch, die Vertikaldynamik im Zaum zu halten. Die Nickbewegungen beim plötzlichen Beschleunigung, und erst recht beim Wechsel zwischen Gas und Bremse, fallen derartig heftig aus, dass man teilweise schon Angst bekommt, den Verkehr beim Beschleunigen zu blenden. Von der Wankneigung brauchen wir erst gar nicht sprechen: der SLK wirft sein Gewicht bei jedem Richtungswechsel über die Längsachse, wie eine Kinderwippe und distanziert sich damit klar vom uneingeschränkten Willen, den Kurvenräuber zu mimen. Das Fahrverhalten wird damit bei schnellen Richtungswechseln schnell indirekt – trotz im Sport-Paket enthaltenem Sportfahrwerk. Da kann auch die feinfühlig agierende aufpreispflichtige Direktlenkung nicht mehr allzuviel retten, zumal der SLK bei hohen Tempi auf der Autobahn auch nicht gerade mit einem perfekten Geradeauslauf begeistern kann.

Und damit wären wir wieder bei der Ausgangsfrage: ist so ein Mercedes-Benz SLK 350 denn wirklich ein beinharter Sportler? Die Antwort darauf ist ein kurzes und prägnantes „Nein!“. Aber wer hätte denn auch je behauptet, dass er das sein will? Denn offen gesprochen: seinen wahren Charakter entdeckt man bereits nach kürzester Zeit für sich: Verdeck auf, den „AirScarf“ genannten Nackenfön einschalten, über die Landstraßen cruisen, den Sitzkomfort genießen und bei jeder Gelegenheit dem klangtechnisch imposant trompetenden Sechszylinder die Möglichkeit bieten, über akustische Reflexionen in Wald und Wäldern den Ohren der beiden Insassen ein fantastisches Stück mechanischer Musik vorzuspielen. Eigentlich eine Schmach, dass das deutsche „Cruiser-Cabrio“ dem japanischen rauhbein-Sportler zeigen muss, wie man Musik macht, hatte ich mich doch erst über die schwache Akustik des Nissan 370Z Cabrio beschwert.

Fazit

Nein, der Mercedes-Benz SLK 350 ist auch jetzt noch kein echter Sportler. Das ist irgendwie schade, aber auch völlig in Ordnung: denn der SLK lädt mit seinem Charakter einfach zum genießen ein, zum flanieren, zum entspannten cruisen. Der Sechszylinder untermalt dieses Schauspiel zudem perfekt mit einer angenehm weichen Note, die auch schnell zum heiser-kehligen-Gebrüll mutieren kann – Gänsehaut! Trotzdem würde man sich immer mal wieder wünschen, wirklich engagiert durch die nächsten 3 Kuvenkombinationen zu huschen: zu groß ist einfach auch die Versuchung, die durch das akustische Schauspiel entsteht. Aber spätestens beim ersten Lastwechsel wird klar, dass der SLK so nicht bewegt werden sollte – das gibt auch das forsch regelnde ESP unmissverständlich zu verstehen. Billig ist der Stuttgarter-Roadster selbstverständlich nicht: für den 350 werden mindestens 50.000 € fällig. Und hier kommt auch die einzig wahre und harte Kritik am SLK: bei diesem Preis, darf es in Sachen Material, Haptik und Verarbeitung keine Zweifel geben. Denn ansonsten ist der SLK ein wunderschönes Package – es wäre doch eine Schande, wenn man beim Wochenendausflug an der Küste beim Bedienen der Klimaanlage plötzlich wieder an den ablaufenden Joghurt im heimischen Kühlschrank erinnert werden würde.

Mercedes-Benz SLK bei anderen Bloggern

Wertung

6.3/10
  • Fahrdynamik: 4
  • Fahrspaß: 5
  • Sound: 8
  • Verarbeitung: 4
  • Komfort: 8
  • Ausstattung: 7
  • Verbrauch: 4
  • Preis/Leistung: 4
  • Persönliche Anziehungskraft: 4
Mein passion:driving Wertungsschlüssel spiegelt meine subjektive Einschätzung des Testwagens in verschiedenen Kategorien wieder. Die fahrdynamischen Qualitäten spielen dabei eine große Rolle. Trotzdem wird ein Auto nur durch Performance keine 10er-Wertung erhalten können. Hier gibt es mehr Informationen zum Wertungssystem.

Technische Daten

Mercedes-Benz SLK 350 BlueEFFICIENCY

Motor-Bauart:
Sechszylinder in V-Bauform mit 60° Zylinderbankwinkel, vier Ventile / Zylinder und DOHC
Hubraum:
3.498 cm³
Leistung:
225 kW / 306 PS bei 6.500 U/Min
Drehmoment:
350 Nm bei 3.500 – 5.250 U/Min
Höchstgeschwindigkeit:
250 km/h
Beschleunigung (0-100 km/h)
5.6 Sekunden
Verbrauch (innerorts / ausserorts / kombiniert):
9.9 L / 5.5 L / 7.1 L E10 (ROZ 95)

Grundpreis Mercedes-Benz SLK 350 BlueEFFICIENCY:
52.925
Testfahrzeugpreis:
70.769
Testverbrauch:
9.8 Liter / 100 km über 1.794 km
Leergewicht:
1.540 kg
Max. Zuladung:
315 kg
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe):
4.134 mm / 1.817 mm / 1.303 mm

Disclosure zur Transparenz

Das Fahrzeug wurde mir freundlicherweise von Mercedes Benz für den Test zur Verfügung gestellt. Der Test erfolgte unabhängig. Der Text spiegelt meine persönliche Meinung wieder.


Autor Sebastian

Gründer und überwiegender Texter hinter passion:driving. Leidenschaftlicher Car-Nerd, immer auf der Suche nach dem Rande des Kammschen Kreises und viel zu häufig auf irgendwelchen Rennstrecken unterwegs. Anglophil veranlagt, liebt britische Sportwagen und fährt eine Lotus Elise S1, um das eigene, eher nachteilige, Leistungsgewicht wieder auszugleichen. Neben passion:driving schreibt er als freier Autojournalist (Mitglied im Verband der Motorjournalisten) auch für die heise autos und andere Publikationen.

6 Kommentare

  1. Sorry, aber so einiges passt bei diesem Test nicht zusammen. Zuallerst ist der SLK 350 ein Roadster und kein Cabrio. Außerdem ist das Standart Modell nur mit dem seichten Sportfahrwerk und den 17 Zöller kein Sportler sondern der Cruiser in der Serie. Da muß man sich nicht über das Fahrverhalten wundern. Der Sportler ist dann nur mit AMG-Line 18 Zöller und Fahrdynamic-Paket erhältlich. Die Klimaregler als Joghurt-Produkt zu bezeichnen passt überhaupt nicht, da die Haptik beim neuen Modell hervorragend ist. Vielleicht wurde doch das Vorgängermodell (R171) getestet, da würde diese Aussage noch passen.

    • passiondrivingblog

      Über die Definition von „Roadster“ lässt sich heutzutage streiten. Roadster im eigentlichen Sinne gibt es so gesehen doch gar nicht mehr, vielleicht noch mit dem Mazda MX5, mehr aber auch nicht. Ich schreibe übrigens auch hauptsächlich vom Roadster im Text.

      Ansonsten war es kein Standard-Modell, sondern tatsächlich die Sport-Ausstattung und auch das Sportfahrwerk war in der Aufpreisliste enthalten. Warum er auf den 17-Zöllern ausgeliefert wurde, wird nur die Mercedes-Presseabteilung wissen. Mit dem „normalen“ Sportfahrwerk wird der SLK beileibe nicht zum Sportwagen, da macht alleine die extrem restriktive ESP-Abstimmung einen Strich durch die Rechnung und auch mit dem minimal strafferen und 10mm tieferen AMG-Sportfahrwerk wird der SLK kein wilder Hengst um die Ecken, was auch andere Medien, wie die sport auto, mehr als ausdrücklich „beweisen“ konnten.

      Bei meiner Meinung zu den Joghurtbechern, die man im SLK auch „Klimaregler“ nennt, bleibe ich. Die Haptik ist schlicht blamabel für ein Auto, das über 70.000€ kostet. Ebenso wie ständig klappernde und rasselnde Bauteile am Armaturenbrett.

      Nein, die Haptik ist auch beim neuen Modell weit weg von „Hervorragend“, dafür muss man sich nur die Wettbewerberfahrzeuge anschauen.

      • Doch, die Definition eines Roadster und eines Cabrio ist glasklar. Es grundsätzlich zwischen einem 2- oder mehrsitzigem Modell unterschieden. Das getestete Modell bleibt ein Standardmodell, welches nur das einfache Sportfahrwerk hatte. Bitte mal mit der AMG Ausstattung und dem Fahrdynamic-Paket (Thema: Vectoring Brake) testen, erst dann würden weitere Aussagen Sinn machen. Mit dieser Ausstattung bleibt es der einfacher Cruiser.

        • passiondrivingblog

          Müßig, darüber zu diskutieren. Auch mit entsprechender Ausstattung wird der SLK nicht zum Sportler. Da funkt alleine schon die rigorose ESP-Abstimmung dazwischen. Da gibt es auch genug andere Tests und Rundenzeitentabellen, die das gut untermauern. Ein SLK 55 ist sicher anders zu betrachten, der steht aber derzeit leider nicht mehr zum Test zur Verfügung.

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