Denkt man an Hot Hatches, hätte man bisher wohl nicht unbedingt BMW auf der Rechnung gehabt. Sollte man aber. Mit dem BMW M135i haben die Bajuwaren wohl eines der verführerischsten Pakete der wilden Kompakten im Angebot: denn während die Konkurrenz mit 4 Zylindern um Käufer wirbt, zieht der wohl letzte heckgetriebene 1er mit einem kräftigen Reihensechser ins Rennen. Und gleich vorweg: dieses Mal gibt’s auch wieder was auf die Ohren! Video und Soundfiles im Artikel! 🙂

BMW M135i

Fangen wir gleich mit einem Eingeständnis an: eine ausgewachsene Schönheit ist der 1er der Baureihe F20 nicht gerade. Zu steil die Front, zu groß die BMW-typischen Nieren. Sicher, alles eine Frage des Geschmacks, meiner wird hier aber nicht wirklich bedient. Wirklich interessant hingegen finde ich dieses große Maß an Understatement, dass der M135i ausdrückt. Insbesondere in schwarz sieht der 1er so unscheinbar aus, dass sich so mancher Autobahngegner verschätzt und die Zähne ausbeißt.

BMW M135i

Der Grund hierfür liegt unter der für einen Kompaktwagen erfreulich langen Motorhaube: ein Reihensechszylinder mit drei Litern Hubraum, welcher dank Turboaufladung kräftig unter Druck gesetzt wird. Das Ergebnis sind 235 kW (320 PS) und ein sattes Drehmoment von 450 Newtonmetern. Dieser Motor ist wieder so ein Triebwerk, wie nur BMW es bauen kann: allen Vorurteilen zum Trotz spricht das Ding an, wie eine angestochene Hornisse und dreht und dreht und dreht und dreht. Turbolader? Würde man kaum noch vermuten.

BMW M135i

Die akustische Darbietung ist mindestens ebenso großes Kino: beim Druck auf den Startknopf bellen die sechs Töpfe kurz auf, der 1er geht merklich in die Knie. Druck auf den Fahrerlebnisschalter, „Sport“ ist jetzt angesagt und ab diesem Moment kann man sich der Faszination des Sechsenders nicht mehr entziehen: sonor, sämig-heiserer Reihensechserklang untermalt jede Beschleunigungsorgie, kräftig voluminös und beim Spiel mit dem Gaspedal wird der Pilot mit einem kräftigen Bollern und Knattern belohnt – einfach herzerwärmend.

Umso überraschender sind die zurückhaltenden Trinkgewohnheiten: gerade einmal 11.8 Liter genehmigte sich der M135i während des Testzeitraumes und wurde da sicher nicht besonders umweltbewusst bewegt. Hat man es nicht allzu eilig und ist im Eco-Modus unterwegs, sind ganz problemlos realistische Verbräuche von 7 Litern drin. Und auch sonst gibt es wenig Anlass zur Kritik: ob die wohlgeformten Sportsitze im Innern oder das hervorragende BMW ConnectedDrive Infotainment-System (mindestens 1.690€ Aufpreis), das mindestens so schnell auf jede Eingabe, reagiert, wie der Motor auf Gasbefehle. Im Cockpit fühlt man sich wohl und lässt sich auch ganz gemütlich mit niedrigen Drehzahlen souverän ans Ziel rollen.

BMW M135i

Was aber, sollte man nicht ganz so gemütlich planen, ans Ziel zu kommen? Immerhin haben wir es ja mit keinem „richtigen M“ zu tun, wie die Kritiker rufen. Und das wird beispielsweise an der Hinterachse deutlich: während der 1er M noch mit einer mechanischen Sperre an der Hinterachse antreten durfte und mit zwei Turboladern nach vorne gepeitscht wurde, hat der M135i nur elektronisch geregelte Bremseingriffe für die Hinterachse und auch nur einen Turbolader für den Vortrieb. Dass letzteres kein Verlust ist, sollte aus den obigen Absätzen bereits hervorgegangen sein. Aber wie steht es um die Traktion? Keine Sorge, alles im Lot! Besser noch: der M135i ist eine Macht. Punkt.

BMW M135i

Ein traumhaftes Einlenkverhalten schiebt den 1er leicht übersteuernd um die Ecken, ab dann hat der Fahrer die Wahl: Hintern raus oder saubere Linie? Die Gaspedalstellung entscheidet. Machbar ist beides ziemlich genau so, wie es der Fahrer gerade wünscht und erwartet. Präzises Grenzbereich fahren beherrscht der 1er ebenso gut, wie gepflegtes Querfahren. Im Sport-Modus werden zudem Lenkung und die adaptiven Dämpfer (760€ Aufpreis) gestrafft. Das kräftige Sportlenkrad liegt dabei perfekt in der Hand und bietet ein hohes Maß an Feedback über den Straßenzustand. Vermisst man die Sperre? Im Großen und Ganzen nicht. Aber doch gibt es auf anspruchsvollem Untergrund, insbesondere in Kurven mit Höhenunterschieden, diese Momente, in denen das kurveninnere Hinterrad trotz aller Bremseingriffe überfordert ist und sich mit einem weissen Rauchfähnchen bemerkbar macht. Sicher, gegen den Traktionsverlust würde auch die xDrive-Allradversion des M135i helfen, aber wer will schon ernsthaft Allradantrieb, wenn er 320 PS in einem Kompaktwagen an die Hinterachse schicken kann?

BMW M135i

Die Gänge fluppen dabei präzise und exakt durch die knackigen und kurzen Schaltgassen. Ohne es gefahren zu sein, empfehle ich aber unbedingt bei einer Kaufüberlegung die ZF-Achtgangautomatik in Betracht zu ziehen. Die Kritiken meiner höchst geschätzten Kollegen Axel und Fabian hierzu fällt grandios aus – und wenn die das sagen, ist es vielleicht nicht unbedingt Gesetz, aber doch eine ernsthafte Kaufüberlegung wert.

Fazit

Soweit so gut, erlaubt sich denn der BMW M135i irgendwelche Patzer? Kurz gesagt: nicht wirklich. Die fehlende Sperre ist in 95% aller Fälle zu verschmerzen, das adaptive Fahrwerk schafft einen herausragend guten Spagat zwischen Sportlichkeit und Komfort, die Ergonomie stimmt, das Infotainment ist mein neuer Benchmark, der Motor ist ein Triebwerk von dem man noch Wochen danach ins Schwärmen gerät und das Handling ist allererster Güte. Wenn man im Kontext der Hot Hatches spricht, erwartet man meist etwas äußerst krawalliges. Das ist der flotte 1er vielleicht nicht gerade, stattdessen ist er wohl aber das Hot Hatch mit unschlagbarer Souveränität. Ein Hot Hatch für Erwachsene sozusagen, mit 40.600€ im Grundpreis auch ein extrem gutes Angebot – und mit diesem Motor unter der Haube zeigt er der Konkurrenz ohnehin wie man es richtig macht: für mehr dicke Motoren in kleinen Autos!

Worin er besticht

Nach außen die graue Maus spielen und es dann so richtig fliegen lassen, der Reihensechser brüllt heiser die Konkurrenz an und jede Ecke wird wahlweise super-präzise oder im gepflegten Drift durchfahren – Hot Hatch in Reinform mit einem Sahnestück von Motor!


Worin er nicht überzeugt

Ein Hot Hatch zu erwarten, das wild, brutal, vulgär und auch ein wenig pubertär auftritt – das kann der M135i definitiv nicht. Er ist der ruhige weise, der allen zeigt, wie man’s richtig macht.

BMW M135i

Fotos: Katrin Sonntag, Sebastian Bauer

Wertung

9.1/10
  • Fahrdynamik: 8
  • Fahrspaß: 8
  • Sound: 8
  • Verarbeitung: 7
  • Komfort: 7
  • Ausstattung: 6
  • Verbrauch: 7
  • Preis/Leistung: 6
  • Persönliche Anziehungskraft: 6
Mein passion:driving Wertungsschlüssel spiegelt meine subjektive Einschätzung des Testwagens in verschiedenen Kategorien wieder. Die fahrdynamischen Qualitäten spielen dabei eine große Rolle. Trotzdem wird ein Auto nur durch Performance keine 10er-Wertung erhalten können. Hier gibt es mehr Informationen zum Wertungssystem.

Technische Daten

BMW M135i 5-Türer

Motor-Bauart:
Reihenmotor Sechszylinder mit Abgasturboaufladung
Hubraum:
2.979 cm³
Leistung:
235 kW / 320 PS bei 5.800 U/Min
Drehmoment:
450 Nm bei 1.300 U/Min
Höchstgeschwindigkeit:
250 km/h
Beschleunigung (0-100 km/h)
5.1 Sekunden
Verbrauch (innerorts / ausserorts / kombiniert):
10.9 L / 6.4 L / 8.0 L SuperPlus (ROZ 98)

Grundpreis BMW M135i 5-Türer:
40.600
Testfahrzeugpreis:
51.120
Testverbrauch:
11.8 Liter / 100 km über 954 km
Leergewicht:
1.500 kg
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe):
4.340 mm / 1.765 mm / 1.430 mm

Disclosure zur Transparenz

Das Fahrzeug wurde mir freundlicherweise von BMW für den Test zur Verfügung gestellt. Der Test erfolgte unabhängig. Der Text spiegelt meine persönliche Meinung wieder.


Autor

Gründer und überwiegender Texter hinter passion:driving. Leidenschaftlicher Car-Nerd, immer auf der Suche nach dem Rande des Kammschen Kreises und viel zu häufig auf irgendwelchen Rennstrecken unterwegs. Anglophil veranlagt, liebt britische Sportwagen und fährt eine Lotus Elise S1, um das eigene, eher nachteilige, Leistungsgewicht wieder auszugleichen. Neben passion:driving schreibt er als freier Autojournalist (Mitglied im Verband der Motorjournalisten) auch für die heise autos und andere Publikationen.

11 Kommentare

  1. Na wenn du ihn jetzt noch in weiß orderst und BMW Motorsportstreifen drauf machst, hat er auch die typische prollige Hot Hatch Optik, wie man sie von Renault RS Modellen und Co gewöhnt ist!

    • Ach komm, das ist aber jetzt auch nicht fair 😉 Ich bin ja 2 Jahre einen Megane RS gefahren – ganz ohne prollige Streifen..

      Und: ich habe das Auto geliebt, um wirklich schneller auf der Strecke unterwegs zu sein, muss man ansonsten noch deutlich tiefer in die Tasche greifen 🙂

  2. Schöner Test. Besonders erfrischend finde ich, dass Du ihn mit Handschaltung gefahren hast. Vor 10 Jahren war das noch eine Selbstverständlichkeit bei einem BMW-Sportmodell, heute muss man sich fast dafür rechtfertigen, dass man die – zugegeben sehr gute – Automatik NICHT bestellt.

    • Danke für deinen Kommentar 🙂 Ja, der Handschalter war wirklich auch schön zu fahren, obwohl ich zugegebenermaßen sehr gespannt bin, den M135i oder auch den M235i mal mit der ZF-Automatik zu erleben, die soll ja wirklich erste Sahne sein.

      Aber tatsächlich, die Zeiten ändern sich, auf lange Sicht wird es wohl bald ohnehin keine Handschalter bei Sportwagen geben, weil sich die Hersteller gezwungen sehen, alles zu tun, um die NEFZ-Verbrauchswerte zu verringern, und seien es nur die 0,5 Liter, die „nominell“ durch einen Automaten oder ein Doppelkupplungsgetriebe gewonnen werden.

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