Lotus ist wieder zurück – mit Pauken und Trompeten! Nicht nur verkauft sich der Lotus Evora, welchen ich bereits auf der Rennstrecke testen durfte, wie geschnitten Brot, insbesondere in den Emiraten und Asien. Gerade auch der neue Lotus Exige S Roadster hat eingeschlagen wie eine Bombe und die gebeutelte Firma zeigt mehr denn je: wir sind noch lange nicht fertig. Gut so!

Lotus Exige S Roadster

Auch den Lotus Exige S Roadster konnte ich auf der hauseigenen Rennstrecke in Hethel, direkt vor den Hallen Lotus’, bewegen. Wie auch beim Evora-Tracktest war das Wetter eher bescheiden, aber das soll kein Grund sein, sich den Spaß verderben zu lassen, denn schließlich halte ich den Schlüssel zu dem Fahrzeug in der Hand, welches der Konkurrenz wieder so richtig die Sporen geben soll.

Lotus Exige S Roadster

Dabei ist der Exige S Roadster eine echte Neuerung: die Exige selbst kennt man ja bereits. Sie ist die reinrassige Rennsport-Inkarnation der Lotus Elise. Großes Flügelwerk, ein riesiger Frontsplitter, Sportreifen und ein kompromissloses Fahrwerk. Der Exige S Roadster macht das ganze Paket wieder etwas allgemeinverträglicher: der große Heckspoiler fehlt, die Frontschürze ist etwas dezenter gehalten, die Felgen etwas mehr auf Eleganz getrimmt, der Innenraum auf Luxus und das Fahrwerk auf Komfort…. was bei Lotus eben so Komfort heißt.

Lotus Exige S Roadster

Der Motor aber bleibt gleicht, mit 258 kW (350 PS) bläst die Norfolk’sche Blaskapelle zum Angriff, zwangsbeatmet durch einen Eaton-Kompressor, welcher das japanische Sextett kräftig unter Druck setzt. Der Exige S Roadster nutzt das gleiche Toyota-V6-Triebwerk, wie auch schon der Lotus Evora S – und das ist keine schlechte Wahl. Denn nicht nur dreht das Triebwerk angenehm und heiser, kehlig brüllend nach obenraus, es spricht auch in niedrigeren Drehzahlen äußerst gut an und arbeitet quasi verzögerungsfrei. Was sich dabei von innen noch nach gehobener Sechsender-Hausmannskost anhört, feuert nach außen ein kernig-brüllendes Akustikfeuerwerk ab. Die Kombination aus heiserem V6-Sound zusammen mit dem durch die Aufladung einhergehenden Fauchen, ergeben ein angsteinflößendes Gebräu für die Ohren, welches einem die Nackenhaare hochstehen lässt.

Lotus Exige S Roadster

Dass das üppige Drehmoment von 400 NM zusammen mit den Sportreifen gerade auf der feuchten Strecke in Hethel für einen schnellen Übergang von der Haft- in die Gleitreibung sorgt – geschenkt. Trotzdem glänzt der Exige S Roadster mit einem überragend präzisen Handling. Wenn das die komfortable Abstimmung sein soll, dann kann man sich erahnen, was der “reinrassige” Exige S zu leisten im Stande ist. Selbst auf der anfangs nur leicht feuchten Strecke ist das Niveau an mechanischem Grip enorm. Freilich darf die Person hinter dem Volant aber auch kräftig zupacken, eine Servolenkung sucht man in der Exige noch vergebens. Das spürt man beispielsweise auch auf der Teststrecke ordentlich: auf der Gegenseite zur Start-/Zielgeraden liegt eine langgezogene Rechtskurve. Mit ordentlich Tempo geht es hier durch den Rechtsbogen, die Lenkkräfte zerren am Lenkrad  und eine dort versteckte Bodenwelle sorgt dafür, dass man sich bewusst beste Mühe gibt, das Lenkrad fest zu umschließen. Auch wenn es dann in der abschließend des langen Vollgasstückes langsamen Schikane heißt: Anker werfen, aber kräftig! Das ABS regelt hierbei höchst feinfühlig und lässt die Exige auch auf nasser Straße hervorragend einbremsen. Ein leicht nervöses Heck gehört dabei allerdings dann auch zum Programm.

Lotus Exige S Roadster

Wirklich interessant fand ich am Testtag jedoch folgendes: auf den ersten Runden mit dem Evora S hatte man sofort das Gefühl und Bewusstsein “hier fährt man Lotus”: alles ist ein wenig detaillierter, als in einem “normalen” Sportwagen und doch ist man weit genug weg von all dem, um auch komfortabel unterwegs zu sein. Ein Verdienst unter anderem der Servolenkung, der Fahrwerksabstimmung und dem längeren Radstadt. Steigt man dann aber in den Exige S Roadster ein, fühlt sich alles plötzlich so wahrhaftig nach Lotus an, wie man es sich nur vorstellen kann. Die ersten Meter zurückgelegt und man hat das gleiche Feel, empfängt die gleichen Signale und spürt die gleichen Kräfte, wie es schon in der Elise der ersten Generation der Fall ist.

Lotus Exige S Roadster

Mit an Bord ist bei der “Exe” auch das Lotus-eigene “Sport-ESP”. Natürlich lässt es sich auch ganz abschalten, Lotus sagt allerdings, dass der Race-Mode einen auf der Strecke schneller macht. Beweisen kann ich diese Aussage natürlich nicht, sicher kann ich aber feststellen, dass die Regelgüte des Systems auf höchstem Niveau ist. Das liegt unter anderem daran, dass das System in Gegensatz zu einem normalen ESP in der Lage ist, die Motorleistung gerade auf das Maß zu reduzieren, welches vom Gripniveau her maximal möglich ist, während klassische Systeme nur die volle Motorleistung wegregeln. Vicky, Moderatorin des englischen Automagazins “Fifth Gear” hat das ebenfalls auf einer Rennstrecke ausprobiert und war in der Tat mit dem System schneller unterwegs.

Ein klares Zeichen für den deutlich höheren Qualitätsstandard, den man nun in Hethel pflegt. Das lässt sich auch im Innenraum spüren: feines Leder, gute Verarbeitung – der Exige S Roadster kann sich auch von innen sehen lassen und trägt damit nun auch erstmals Luxus nach außen – und das bei einem nach wie vor äußerst niedrigen Gewicht. Sogar die Sitzposition ist durchaus als angenehm zu bezeichnen, die Pedale sind nun erstmals so angeordnet, dass sogar „Heel & Toe“-Zwischengas möglich wäre, solange die eigenen Beine nicht doch zu lang sind.

Lotus Exige S Roadster

Fazit

Natürlich lässt sich ob der widrigen Wetterbedingungen nur bedingt ein Fazit abgeben, schon gar nicht über die puren fahrdynamischen Qualitäten dieses Über-Roadsters aus England. Klar ist aber: der Lotus Exige S Roadster ist so oder so eine Wucht. Nicht nur die grandiose Optik, sondern auch der sahnige Antrieb und der bereits im feuchten erlebbare Fahrspaß sprechen eine klare Sprache: Lotus is back! Und das mit Karacho! Im Gegensatz zu den meisten modernen Roadstern bekommt man hier noch Roadster-Ur-Qualitäten serviert: Leichtbau und Fahrspaß, zudem garniert mit einem großen und kräftigen Triebwerk – Herz was willst du mehr? Achso, eine Ausfahrt im Trockenen? Ja, daran arbeite ich 😉

Technische Daten

Lotus Exige S V6 Roadster

Motor-Bauart:
Vollaluminium 3.5 DOHC V6 mit VVT-i und Harrop HTV 1320 Kompressor mit Eaton TVSTM Technologie
Hubraum:
3.456 cm³
Leistung:
258 kW / 351 PS bei 7.000 U/Min
Drehmoment:
400 Nm bei 4.500 U/Min
Höchstgeschwindigkeit:
233 km/h
Beschleunigung (0-100 km/h)
4 Sekunden
Verbrauch (innerorts / ausserorts / kombiniert):
14.5 L / 7.6 L / 10.1 L SuperPlus (ROZ 98)

Grundpreis Lotus Exige S V6 Roadster:
66.860
Leergewicht:
1.166 kg
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe):
4.084 mm / 1.802 mm / 1.129 mm

Autor

Gründer und überwiegender Texter hinter passion:driving. Leidenschaftlicher Car-Nerd, immer auf der Suche nach dem Rande des Kammschen Kreises und viel zu häufig auf irgendwelchen Rennstrecken unterwegs. Anglophil veranlagt, liebt britische Sportwagen und fährt eine Lotus Elise S1, um das eigene, eher nachteilige, Leistungsgewicht wieder auszugleichen. Neben passion:driving schreibt er als freier Autojournalist (Mitglied im Verband der Motorjournalisten) auch für die heise autos und andere Publikationen.

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