„Wie war das nochmal mit dem 6×6?“- „Du meinst so richtig geflogen? Mit einem Viertonner?“ – Wenn ein Fahrdynamik Junkie, wie Sebastian, bei jedem unserer Treffen mich ausgerechnet auf meine Fahreindrücke in einem hochbeinigen sechsrädrigen Mercedes G-Ungetüm anspricht, dann ist es wohl doch notwendig, für passion:driving noch einmal zusammenzufassen, was da im Winter 2013 auf dem Magna Testgelände in Graz unfassbares passiert ist.

Mercedes-Benz G 63 AMG 6x6

Die Vorgeschichte:

Wenn ihr die Wahl hättet zwischen einem formidablen Sportwagen und einem hoch aufbauendem Geländewagen, welchen würdet ihr wählen? Den Sportwagen? Sicherlich, schließlich sind wir hier bei passion:driving und nicht bei einem 4×4 Blog. Doch halt, da gibt es etwas von Mercedes-Benz, da bekommen selbst hartgesottene Sportwagen-Freaks weiche Knie und stammeln mit zittriger Stimme: „den G63 6×6 würde ich schon gerne mal fahren“. Ich habe genauso gestammelt und hätte sogar eine Niere dafür geopfert. Doch zum Glück kam es nicht so weit, denn ich wurde eingeladen dieses sechsrädrige Monster auch ohne Organspende zu bewegen.

Mercedes-Benz G 63 AMG 6x6

Die erste Begegnung:

Da steht also das Trumm. Furchteinflössend und in einem matten Farbton Namens „Sanidine Beige Metallic“. Eine Lackierung die nichts kaschiert: Der teuerste G aller Zeiten überragt mich, sowie alle Standard G um gut 40 Zentimeter. Der Grund dafür sind nicht nur die 37“ Reifen auf 18“ Felgen, sondern feinste Technik dahinter: Fünf Sperrdifferenziale für drei Achsen an deren Köpfen jeweils ein Portalgetriebe werkelt, um die Räder 25cm unter die Achsmitte zu bringen. Das erhöht die Bodenfreiheit auf unpackbare 46cm. Angeblich ist das gut für einen Meter Wattiefe.

Mercedes-Benz G 63 AMG 6x6

Die Taxifahrt:

Schaut man sich das Datenblatt an, ist das eher ernüchternd: 7,9s auf 100 km/h und 160 km/h Höchstgeschwindigkeit, da muss man theoretisch aufpassen, nicht von einem Mercedes Sprinter geschnupft zu werden. Doch in der Region, in der ein G63 AMG 6×6 wahrscheinlich am häufigsten anzutreffen sein wird, muss man kaum befürchten, gegen einen wildgewordenen Spediteur ein Rennen ausfechten zu müssen: Die Wüstenregionen der erdölexportierenden Länder. Oder eben in Graz. Das Wetter in der Steiermark ist am Tag meiner Fahrt im 450.000 Euro Taxi nicht unbedingt subtropisch, doch einem G ist das Wetter schlicht egal und seinem Fahrer erst recht. Der heißt Erwin Wonisch und bittet mich, den feinst belederten, beheizten und belüfteten Sitz neben ihm zu erklimmen. Erwin weiß, was ein G kann, denn er testet das rollende Urgestein so lange, wie es gebaut wird: Seit 1979. Also anschnallen, festhalten, los. Das Datenblatt? Grau Theorie. Selten hat mich Beschleunigung so beeindruckt, wie in diesem 5,8 Meter Dreiachser. Der handgefertigte V8 aus Affalterbach hämmert sämtliche 544PS aus dem Stand an die sechs Räder und die machen Kopfsteinpflaster, tiefe Schlammfurchen oder feuchte Wiesen einfach ungeschehen. Immer.

Mercedes-Benz G 63 AMG 6x6

Die Flugbahn:

Ja, ein Fahrzeug mit 4,1 Tonnen Lebendgewicht kann fliegen. Wenn es ein Mercedes-Benz G63 AMG 6×6 ist und wenn Herr Wonisch am Steuer sitzt. Nein, selber durfte ich nicht fliegen, aber ich bin ehrlich: So richtig scharf darauf war ich auch nicht. Ich hatte ja Erwin und der flog mir mir so oft, wie ich wollte und ich wollte verdammt oft. Ach ja: Den G hat das alles überhaupt nicht beeindruckt. Der nickt bei der Landung nur kurz ein und am lautesten scheppert dabei nur eine Werkzeugkiste auf der Ladefläche hinter mir.

Mercedes-Benz G 63 AMG 6x6

Der Selbstversuch:

Erwin hat es mir besorgt. Ich weiß jetzt, was diese G-Klasse kann, aber schaffe ich es, diese Krönung einer über 30 Jahre währenden Geländewagenevolution auch selber zu beherrschen? Kaum, doch selbst das kurze Eintauchen in die Welt der 6×6 Physik war überwältigend und die Erfüllung eines echten Männertraums: Planschen in einem halben Meter tiefen Becken, senkrecht einen glitschigen Erdhügel hinauf krackseln, mich vertikal auf einem Geröllfeld in die Tiefe stürzen oder über eine Schlechtwegestrecke in einem Tempo prügeln, bei der es jedes normale Auto in seine Einzelteiler zerreissen würde. Ich könnte das stundenlang machen. Oder eben Sebastian und den passion:driving Lesern erzählen.

Text: ag
Bilder: Daimler AG

Technische Daten

Mercedes-Benz G 63 AMG 6×6

Motor-Bauart:
V8 Biturbo, Vierventiler mit Benzin-Direkteinspritzung
Hubraum:
5.461 cm³
Leistung:
400 kW / 544 PS bei 5.500 U/Min
Drehmoment:
760 Nm bei 2.000 – 5.000 U/Min
Höchstgeschwindigkeit:
160 km/h
Beschleunigung (0-100 km/h)
7.9 Sekunden

Grundpreis Mercedes-Benz G 63 AMG 6×6:
450.000
Leergewicht:
3.850 kg
Max. Zuladung:
650 kg
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe):
5.875 mm / 2.110 mm / 2.280 mm

Disclosure zur Transparenz

Ich wurde von Mercedes-Benz nach Graz eingeladen. Reisekosten und Verpflegung wurden von Mercedes-Benz übernommen. Der Text spiegelt meine persönliche Meinung wieder.

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Autor

Mit Baujahr 1969 bekommt man schon lange ein H-Kennzeichen, doch langsam unterwegs muss man deshalb noch lange nicht sein. Ich bin der lebende Beweis, denn ich teile auch im "fortgeschrittenen" Alter mit passion:driving Gründer Sebastian die Leidenschaft für die Fahrdynamik im Grenzbereich. Am liebsten auf unserer gemeinsamen Lieblingsrennstrecke: Die Nürburgring Nordschleife. Für passion:driving schreibe ich daher als gereifter Spritkopf für Spritköpfe aller Altersklassen über die Leidenschaft zum Automobil.

8 Kommentare

  1. Schön geschrieben, jetzt habe ich auch richtig Lust mal einen 6×6 Mercedes zu fahren, obwohl ich nicht gerade der grösste Fan von Mercedes bin. Aber Design und Verarbeitung von dem Mercedes sehen richtig gut aus und 6×6 … wow!

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