Le Mans ist nun ein paar Tage her. Das macht aber nichts, denn um ausführliche Rennberichte zu lesen, schaut sowieso in Dons Racingblog vorbei. Dank einer Einladung Michelins durfte ich aber (das erste Mal in meinem Leben) bei der Mutter aller Langstreckenrennen vor Ort sein: den 24h von Le Mans. Und ein wenig was habe ich dann doch mitgenommen, das ich euch gerne erzählen möchte.

Zunächst wäre da vor allem eine Feststellung: Franzosen streiken gerne. Sehr gerne. Und das bekamen auch eine ganze Menge Le Mans-Besucher an diesem Wochenende zu spüren. Meine Verbindung im TGV von Paris nach Le Mans war offenbar die einzige, die am Freitag vor dem Rennen überhaupt fuhr – alle anderen Verbindungen wurden bestreikt. Eine weitere Feststellung für das Le Mans Wochenende: einen besseren Einstieg in die Welt des Prototypensports hätte es kaum geben können!

Le Mans 2014

Zu meiner Schande muss ich nämlich zugeben, mich bisher rein gar nicht mit Prototypen-Sportwagen befasst zu haben. Was ging mir da durch die Lappen! Alleine die technischen Rahmenbedingungen des Reglements (ich schrieb bei der autorevue hierüber) haben dieses Jahr zu einem der spannendsten Läufe in der jüngeren Le Mans-Geschichte werden lassen. Aber nicht nur das technische „Drumherum“, sondern auch der reine Motorsport, der auf der Strecke ausgefochten wurde, war herzerwärmend.

Le Mans 2014 Michelin

Le Mans 2014 Michelin

Der Besuch eines solchen Spektakels auf Einladung eines Reifenherstellers hat natürlich auch seine Vorteile: ein Blick hinter die Kulissen, genauer ins Reifenlager von Michelin, die an diesem Wochenende alle (!) LMP1-Renner, aber auch etliche LMP2 und GT-Teams mit ihrem schwarzen Gold ausgerüstet haben. Mit 7.000 Reifen ist man hier insgesamt vor Ort, denn ganze 43 (von 55) Teams werden mit Michelin-Pneus beliefert. Klar, für Michelin ist Le Mans das Heimspiel schlechthin.

Le Mans 2014 Michelin

Le Mans 2014 Michelin

Beeindruckend sind die Technologien der Reifen durchaus. Drei bis vier Stints können die LMP1-Rennwagen mit einem Satz Reifen fahren, bevor dann in der Box ein Reifenwechsel fällig ist. Zur Veranschaulichung: ein Stint ging bei den Top Teams dieses Jahr 13-14 Runden. Eine Runde ist knapp 13,7 Kilometer lang. Das bedeutet also, dass selbst pessimistisch gerechnet deutlich über 500 Kilometer im Renntempo mit nur einem Satz Reifen zurückgelegt wurden! Beeindruckend, wenn man sich überlegt, wie häufig in der Formel 1 auf eine Distanz von rund 300 Kilometern die Reifen gewechselt werden.

Le Mans 2014 Michelin

Le Mans 2014 Michelin

Ach, eine Wette habe ich in Le Mans natürlich auch verloren. Denn ein paar Auto-Blogger haben ja auf einen Sieger in Le Mans getippt. Bei mir war es der Toyota mit der #8. Der kam zwar bis ins Ziel, hatte aber leider durch einen (nicht selbstverschuldeten) Unfall zu Rennbeginn seine Siegchancen verloren. Rund 25 Minuten verlor der Toyota hierdurch, kam mit 5 Runden Rückstand ins Ziel. Rechnerisch hätte der Toyota also gut 6 Runden weiter sein können und hätte damit das Rennen gewonnnen. Aber freilich, „hätte/wäre/wenn“ ist wohl in keiner Motorsportveranstaltung so unbedeutend, wie bei einem 24h Langstreckenrennen. Den Sieg haben sich also – nach einer starken Leistung von Porsche – wieder verdient die Ingolstädter von Audi eingeheimst.

Le Mans 2014 Michelin

Le Mans 2014 Michelin

Ohne Frage, Le Mans zeichnet sich noch durch sehr viel mehr, als „nur“ Technik und packenden Motorsport aus. Es hat seine ganz besondere, knisternde Atmosphäre. Ich liebe die 24h am Nürburgring, Le Mans aber ist einfach anders. Das Langstreckenrennen in der Eifel erinnert an ein Open Air Festival. Nur Autos, statt mit Bands. Le Mans ist dagegen mehr ein Volksfest, wie ein traditioneller Jahrmarkt. Alleine schon die am Freitag im Örtchen Le Mans stattfindende Fahrerparade, amerikanische Schauspieler, die versuchen Steve McQueen 2.0 zu sein… All dies „Drumherum“ macht Le Mans so besonders. Es ist ganz klar, dass jeder Petrolhead diesen Punkt auf seiner Bucket List stehen haben muss. Schön, dass ich diesen nun auch abhaken durfte. Danke!

Ach, und die Franzosen? Die haben auch am Sonntag wieder gestreikt. Auf allen TGV nach Paris. Und auch am Flughafen, bei der Gepäckabfertigung. Dafür kein Danke.

Le Mans 2014 Michelin

Le Mans 2014 Michelin

Text: sb
Fotos: sb

Disclosure zur Transparenz

Ich wurde von Michelin nach Le Mans, Frankreich eingeladen. Reisekosten, Verpflegung und Übernachtung wurden von Michelin übernommen. Der Text spiegelt meine persönliche Meinung wieder.


Autor

Gründer und überwiegender Texter hinter passion:driving. Leidenschaftlicher Car-Nerd, immer auf der Suche nach dem Rande des Kammschen Kreises und viel zu häufig auf irgendwelchen Rennstrecken unterwegs. Anglophil veranlagt, liebt britische Sportwagen und fährt eine Lotus Elise S1, um das eigene, eher nachteilige, Leistungsgewicht wieder auszugleichen. Neben passion:driving schreibt er als freier Autojournalist (Mitglied im Verband der Motorjournalisten) auch für die heise autos und andere Publikationen.

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