Ganz klar, die Tage sind gezählt. Die letzten Sonnenstrahlen verkriechen sich und das mitteleuropäische Fahrspaß-Nirvana wird immer mehr mit weißem Schnee bedeckt – die Alpen. Großglockner, Timmelsjoch, Stelvio Pass, Furka und wie sie alle heißen. Nach und nach gehen sie in die Wintersperre. Also war’s das? Nein, denn ich glaube – halt, ich weiß: Mit dem richtigen Werkzeug kann man auch um diese Jahreszeit Spaß haben. Darum: Wintersport! Eine Artikelserie in der ich euch Woche für Woche Fahrberichte zu allerlei allradgetriebenen Spaßmachern aus allen Klassen vorstellen werde, um am Ende zusammenfassend darüber zu sinnieren: Welcher soll’s denn nun sein? Und als erstes steigt in den Ring: der Audi RS Q3.
Audi RS Q3 Misanorot

Getreu dem Motto „wir fangen klein an“, muss der RS Q3 also als erster sein Können unter Beweis stellen. Aber keine Sorge: der kleinste Kandidat im Feld wird er nicht bleiben. Und der Kandidat mit dem kleinsten Motor sowieso nicht. Denn unter der Haube des kleinen Kompakt-SUV aus Ingolstadt versteckt sich einer dieser Motoren, die dich steil gehen lassen, egal in welchem Auto sie verbaut sind. Wahrscheinlich könnte Audi den RS Q3 sogar mit nur 150 PS ausliefern – es würde mich nicht die Bohne jucken. Weil: Zündung, Gaspedal ans Bodenblech nageln, Feuer frei und dann – Musik!

Dann brüllt dieses fünfzylindrige Ungetüm los – in seiner einzigartigen Tonfolge, wie es halt nur ein Reihenfünfzylinder kann. Ganz unkonventionell wird die Musik nur über ein dickes Ofenrohr auf der linken Seite an die Umwelt herausposaunt. Denn im bisher kleinsten Träger des 2.5 TFSI ist schlicht und ergreifend kein Platz für Mehr. Solange die quattro GmbH es aber irgendwie geschafft hat, das Fünfzylinderungetüm unter die Fronthaube zu zimmern, soll uns das aber reichlich egal sein.

Audi RS Q3 MisanorotAudi RS Q3 Misanorot

Platz für die Passagiere gibt es dagegen nämlich ausreichend. Sicher, ein Kompakt-SUV ist selten das, was der äußere Schein verspricht: ein Raumwunder hat man nicht zu erwarten. Im Fond ist die Beinfreiheit schon deutlich eingeschränkt. Auf der vorderen Sitzreihe gibt es da aber nichts zu stänkern und man darf alle typischen Vorzüge des Audi-fahrens genießen: feine Materialien, ordentliche Verarbeitung, die typische, kühle und elegante Optik und vor allem: bequeme und in jede Richtung verstellbare Sitze. Die Sitzflächen können individuell auf Maß gebracht werden und dank optionaler Mittelarmlehne kommt während der gemütlichen Autobahntour in Richtung Berge sogar ein bisschen Busfahrerfeeling auf.

In Sachen Ausstattung ist der RS Q3 zugegebenermaßen nicht mehr ganz auf der Höhe der Zeit: An bleeding-edge Assistenzschnickschnack mangelte es ihm noch ein wenig. Den Satz kann man aber getrost in der Vergangenheitsform formulieren. Denn die Modellpflege steht bereits in den Startlöchern: noch in diesem Winter rollt die mit noch mehr Dampf zu den Händlern. 30 PS mehr mobilisiert der kleine Dampfhammer dann. Das Gefühl von Leistungsmangel kommt aber auch mit den 310 PS zu keiner Zeit auf. Es reicht, um den RS Q3 aus jeder Biegung mit ordentlich Schub rauszufeuern. Dank quattro-Allradantrieb wird die Leistung auch jederzeit problemlos in Vortrieb umgewandelt.

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Was Motor und Antrieb ordentlich an Pluspunkten einheimsen, lässt die Lenkung hier und da wieder verpuffen. So wirklich detailliert will sie dem Suff-Reiter nichts über den Zustand der Vorderachse verraten. Mit unterschiedlich starker Lenkunterstützung über das drive select unternehmen die Ingolstädter Ingenieure zwar den hilflosen Versuch im Dynamikmodus mittels sehr straffer Lenkung mehr Feedback vorzutäuschen, der sportlichen Gangart ist die Einstellung allerdings nicht unbedingt zuträglich: kein Mehr an Feedback, dafür aber eine schon zu straffe Lenkung, die im flotten Geschlängel, irgendwo in den Alpen zwischen Österreich, der Schweiz und Italien, nur für ein unnötiges Maß an Anstrengung sorgt, aber auch nicht mehr Präzision oder Feedback vermittelt.

Überhaupt: ganz schnelle Richtungswechsel, etwa beim Durchfahren einer Rechtskurve, gefolgt vom plötzlichen Anbremsen einer Haarnadel-Links, mag die elektromechanische Servolenkung nicht so ganz. Da macht sie schon mal zu und verschläft es, Servounterstützung in die andere Richtung zu geben. Und auch klar: dass der SUV-Aufbau beim schnellen Tanz durch Wechselkurven in Bewegung kommt, liegt in der Natur der Sache, insbesondere da immerhin mindestens 1,7 Tonnen hin- und hergewuchtet werden wollen. Nichtsdestotrotz ist der RS Q3 der sportlichen Gangart allerdings nicht abgeneigt. Im Schnee die 310 Pferdchen toben zu lassen, sorgt für ungehemmte Freude im Hoonigan-Herzchen. Vor allem wenn man mit der Walter-Röhrl-Gedächtnisakustik im Wertungsprüfungs-Modus über verschneite Pässe fräst, auf der Bremse das Heck in die Kurve positioniert und dann am Scheitelpunkt Maximum Attacke gibt: „Braaaaaaaaab, Braaaaaaaaaaab, Brabrabrabrabrab“, nächste Welle per DSG nachfeuern und im seichten Allraddrift gen Horizont katapultieren lassen – Herz was willst du mehr?

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Sicher, es hält sich mit ihm ein wenig, wie beim Mercedes-Benz GLA 45 AMG: geht gut ums Eck, aber ohne dieses Höher- und dann wieder Tieferlegen würde es noch besser ums Eck gehen. Weil die Phyisik eben sagt, dass es einfach besser ums Eck gehen MUSS, wenn der Schwerpunkt nicht unter der vom Kunden gewünschten Busfahrerperspektive leiden müsste. Der Kunde will’s halt so.

Für den Alltag lässt der Audi RS Q3 erwartungsgemäß keine Zweifel offen. Im „comfort“-Modus des drive select gibt der Fünfzylinder kaum mehr bassige Laute von sich und trotz allem kann das Fahrwerk noch mit viel Komfort punkten. Mit WLAN & Co an Bord kann die ganze Familie zudem auf dem Weg ins Ski-Ressort munter im Internet surfen, während Papa im Schnee an den Sektorzeiten feilt. Ja, das MMI getaufte Infotainment ist nun auch nicht mehr die neueste Generation, aber auch hier sei der Verweis auf die bereits mit den Hufen scharrende Modellpflege erlaubt.

Audi RS Q3 Misanorot

Fazit:

Fünf Zylinder für ein Halleluja! Der Ton macht eben doch die Musik. Denn im Audi RS Q3 ist dir fast alles egal, solange nur der Fünfender unter der kurzen Haube kräftig abfeiern darf. Wir sind uns auch einig, dass es eben immer noch etwas besser ginge, wenn das Ding nicht so tun müsste, als sei es geländegängig, um es dann wieder für ein Sportmodell wieder tiefergelegt zu werden. Der RS Q3 macht aber auch seine sportlichen Hausaufgaben ganz ordentlich. Sogar die Bremsen haben stets mitgespielt, wurden allerdings auch nur bei Temperaturen um den Gefrierpunkt belastet. Und der Alltag? Den meistert er sowieso ganz lässig. Konkurrenz? Da gibt’s wohl nur den GLA 45 AMG, aber der ist ja ein Cross-Hatch, kein SUV. Gut, dass Deutschlands SUV-Marke Nummer 1 aus Zuffenhausen in diesem Segment noch nichts zu bieten hat – so bleibt der Audi RS Q3 erst einmal der Platzhirsch. Verdient.

Audi RS Q3 Misanorot

Text: sb
Bilder: sb

Wertung

7.8/10
  • Fahrdynamik: 5
  • Fahrspaß: 7
  • Sound: 9
  • Verarbeitung: 8
  • Komfort: 7
  • Ausstattung: 6
  • Verbrauch: 4
  • Preis/Leistung: 6
  • Persönliche Anziehungskraft: 5
Mein passion:driving Wertungsschlüssel spiegelt meine subjektive Einschätzung des Testwagens in verschiedenen Kategorien wieder. Die fahrdynamischen Qualitäten spielen dabei eine große Rolle. Trotzdem wird ein Auto nur durch Performance keine 10er-Wertung erhalten können. Hier gibt es mehr Informationen zum Wertungssystem.

Technische Daten

Audi RS Q3 2.5 TFSI quattro

Motor-Bauart:
5-Zylinder, 4-Ventiler, Turbo, Direkteinspritzung
Hubraum:
2.480 cm³
Leistung:
228 kW / 310 PS bei 6.700 U/Min
Drehmoment:
420 Nm bei 1.500 – 5.200 U/Min
Höchstgeschwindigkeit:
250 km/h
Beschleunigung (0-100 km/h)
5.3 Sekunden
Verbrauch (innerorts / ausserorts / kombiniert):
12.2 L / 6.9 L / 8.8 L SuperPlus (ROZ 98)

Grundpreis Audi RS Q3 2.5 TFSI quattro:
54.600
Testfahrzeugpreis:
67.405
Testverbrauch:
11.3 Liter / 100 km über 1.295 km
Leergewicht:
1.730 kg
Max. Zuladung:
485 kg
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe):
4.410 mm / 1.841 mm / 1.580 mm

Disclosure zur Transparenz

Das Fahrzeug wurde mir freundlicherweise von Audi AG für den Test zur Verfügung gestellt. Der Test erfolgte unabhängig. Der Text spiegelt meine persönliche Meinung wieder.

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Autor

Gründer und überwiegender Texter hinter passion:driving. Leidenschaftlicher Car-Nerd, immer auf der Suche nach dem Rande des Kammschen Kreises und viel zu häufig auf irgendwelchen Rennstrecken unterwegs. Anglophil veranlagt, liebt britische Sportwagen und fährt eine Lotus Elise S1, um das eigene, eher nachteilige, Leistungsgewicht wieder auszugleichen. Neben passion:driving schreibt er als freier Autojournalist (Mitglied im Verband der Motorjournalisten) auch für die heise autos und andere Publikationen.

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