Jaguar/Land Rover geben mit ihrer Transparenzoffensive offensichtlich weiter Vollgas. Das meint nun natürlich nicht, dass man dort seine Hosen herunterlässt und sich vor der Öffentlichkeit in bester Sony Pictures-Manier blank macht. Nein, die Briten forschen nämlich am Einsatz von Kameras, Monitoren und Projektoren, um sichtbehindernde Bauteile beim Auto transparent scheinen zu lassen.

Vor wenigen Monaten erst hatte Land Rover dabei die „transparente Haube“ vorgestellt. Durch die Kombination der ohnehin beim Land Rover verbauten Frontkameras mit einem großflächigen Head-Up-Display (HUD), wird das Bild der Frontkameras so auf die Windschutzscheibe projiziert, dass es scheint, man könne durch die Motorhaube hindurchsehen. Gerade im Gelände ein ungemein nützliches Feature, das hilft, Hindernisse unter dem Auto zu erkennen und die korrekte Route zu wählen. Hier gibt es dazu auch ein schönes Video:

Einem Jaguar hilft das freilich nicht viel, der muss eher selten durch sperriges Gelände manövrieren. Hier hat man diese Technik nun auf die A-, B- und C-Säulen adaptiert, um diese bei Bedarf transparent erscheinen zu lassen. So hat man im Kreuzungsbereich einen besseren Rundumblick und verringert das Risiko, Fußgänger zu übersehen. Ebenso wird beim Schulterblick automatisch die B-Säule „durchleuchtet“, der tote Winkel damit erheblich verringert.

Jaguar Urban Windscreen / "Transparente" A-Säule

Jaguar nennt diese Technologie „360 Virtual Urban Windscreen“ und arbeitet im Gegensatz zur transparenten Haube mit in die Säulen integrierten Monitoren.

Eine weitere Funktion, die Jaguar mit diesem großflächigen HUD einführt möchte, ist die „Ghost Car“-Funktion. Die soll helfen, gerade in oft unübersichtlichen Städten die Navigation und Orientierung zu verbessern. Gerade an unübersichtlichen Kreuzungen oder undurchsichtiger Verkehrsführung hilft das dem Fahrer, in dem ein virtuelles Auto in die Windschutzscheibe projiziert wird, welches vor einem die richtigen Fahrspuren wählt oder in die korrekte Straße abbiegt – man muss also nur noch hinterherfahren.

Jaguar Urban Windscreen / "Ghost Car"

Das hilft auf jeden Fall, um Unfälle zu vermeiden, die vor allem dadurch entstehen, dass manche Verkehrsteilnehmer bei komplizierter Verkehrsführung überfordert sind und plötzliche Abbiegemanöver vollziehen. Diese enden nicht selten in einem Unfall – ein Umstand, den man auch fast täglich in München beobachten kann.

Weitere Ausbaustufen und eine Vernetzung mit weiteren Systemen ist auch schon angedacht: etwa könnten mit diesen Technologien auch Ziele oder Parkplätze im HUD angezeigt und hervorgehoben werden.

Sicher, die Technologie ist erst am Anfang und die ein oder andere Frage ist auch noch zu klären: was, wenn das virtuelle Auto über eine rote Ampel fährt? Ist die Versuchung für den Fahrer größer, dem Auto „blind“ zu folgen? Nichts desto trotz: ich freue mich drauf. Bei Jaguar/Land Rover sitzen offensichtlich auch ein paar Nerds in der Entwicklung. Gut so, denn ein paar Nerds würden dem ein oder anderen deutschen Premiumhersteller mal gut tun.

Text: sb
Fotos: Jaguar Land Rover


Autor

Gründer und überwiegender Texter hinter passion:driving. Leidenschaftlicher Car-Nerd, immer auf der Suche nach dem Rande des Kammschen Kreises und viel zu häufig auf irgendwelchen Rennstrecken unterwegs. Anglophil veranlagt, liebt britische Sportwagen und fährt eine Lotus Elise S1, um das eigene, eher nachteilige, Leistungsgewicht wieder auszugleichen. Neben passion:driving schreibt er als freier Autojournalist (Mitglied im Verband der Motorjournalisten) auch für die heise autos und andere Publikationen.

Schreibe einen Kommentar