Was macht man, wenn vermeintlich DER Pass der Pyrenäen im Nebel versinkt? Man fährt ihn nochmal. Was macht man, wenn vermeintlich DER Pass der Pyrenäen im Verkehr erstickt? Man kommt Nachts wieder her. Aller guten Dinge sind schließlich drei.

#thepluses3 - Touri-Verkehr am Col du Tourmalet in den Pyrenäen

Spulen wir zurück zu Tag 4: Unserer ersten Begegnung mit dem Col du Tourmalet. Das schnell wechselnde Wetter der Pyrenäen hatte uns wieder eingeholt. Am Morgen zogen dichte Wolken auf, Regen zog ins Tal. Vielleicht aber, wird es ja auf der Passhöhe besser aussehen. Ein bisschen Naivität hat schließlich noch nie geschadet.

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Doch schon während der Auffahrt zeichnete sich ab: so wird das hier nichts. Radfahrer reiht sich an Radfahrer, alle wollen sie ein wenig „Tour de France“-Spirit erleben, schließlich gilt der Tourmalet als eines der Highlights, das man in seinem Leben unbedingt gefahren sein sein sollte. Und so sieht es aus, als ob alle Radfahrer dieser Welt, oder mindestens ganz Europas, sich an diesem nebligen, verregneten Morgen am Tourmalet versammeln.

Dazu kommt dichter Nebel. Sehr dichter Nebel. Radler tauchen erst einen, höchstens zwei Meter vor einem auf, sind auch dann nur wage als Silhouette zu erkennen, die sich höchstens durch einen etwas dunkleren Grauton vom Rest der Suppe abhebt. Die wohl beste Ansicht dieses Morgens ist die mittig als flache LED-Lichtleiste ausgeführte Nebelschlussleuchte des GT-R. Kurzerhand haben wir die Sache abgeblasen und uns entschieden, die 2.115 Meter des Tourmalet an Tag 5 zu befahren.

#thepluses3 - Touri-Verkehr am Col du Tourmalet in den Pyrenäen

Es ist Sonntagmorgen. Jedem Fahrer mit Passerfahrung ist klar: Sonntags ist schlecht, um Pässehighlights eines Gebirges – seien es Alpen oder Pyrenäen – zu befahren. Erst recht bei gutem Wetter. Erst bei unserer Abfahrt fiel uns allerdings ein, dass wir den schlimmsten aller Passfahrttage im Kalender stehen haben. Sei’s drum. Es geht schließlich um den Col du Tourmalet, probieren müssen wir es einfach.

Doch schon sehr bald zeigt sich das ganze Ausmaß des arbeitsfreien Tages: Kolonnen von Touristen, Picknickern, Fahrradfahrern und Bikern. Touri-Madness – der Horror am Pass. Wieder einmal Ernüchterung auf der Passhöhe. Das Gute aber: das Wetter passt. Vielleicht haben wir ja in der Nacht Glück?

#thepluses3 - Touri-Verkehr am Col du Tourmalet in den Pyrenäen

Und so ist es: kurz vor Sonnenuntergang steigen wir in die Autos und fahren ein drittes und letztes Mal zum Col du Tourmalet hinauf. Bis wir am Fuße des Passes angekommen sind, leuchtet das Licht nur noch schwach, eigentlich ist es bereits dunkel, zu weit ist die Sonne bereits hinter den uns umgebenden Pyrenäen versunken. Doch es kommt uns kein einziges Auto entgegen. Jetzt stehen wir ihm endlich gegenüber in einem fairen Duell. Nur der Tourmalet, wir und unsere Waffen: 550 PS im Nissan GT-R Black Edition und 367 PS im Mercedes-Benz C450 AMG.

Während sich die Kurven unten am Fuß noch mit angenehmer Streckenbreite um den Berg winden, wird es auf halber Höhe bereits deutlich schmaler und eckiger: spitz und scharf geht es um die Felswand herum. Sehr viel mehr Geröll und spitze Steine säumen unseren Weg, denn es ist schließlich auch niemand mehr hier oben unterwegs, der das alles wegräumen könnte. Keine Autos mehr, die Straße mehr oder weniger unbeabsichtigt freifahren.

Stattdessen nehmen heute Nacht die Tiere den Pass ganz für sich in ein: zahllose Schafe machen es sich auf dem warmen Asphalt in dieser kalten Nacht, genau eine Kurve vor der Passhöhe, bequem. Beim Klettern über die kargen Felsen sind sie es, welche für die etlichen Steine auf den Straßen gesorgt haben. Von uns lassen sie sich nicht stören, unseren Weg zwischen sie hindurch müssen wir uns mühsam und geduldig freigeben lassen. Ein kräftig gebauter, dunkelbrauner Bock beobachtet uns. Nicht unsere beiden Sechszylinder, sondern er ist es, der hier den Ton angibt. Das hier oben ist sein Revier und es scheint als ließe er seine Herde erst nach und nach für uns Durchfahrt gewähren.

#thepluses3 - Nacht am Col du Tourmalet in den Pyrenäen

Doch wir kommen durch, dürfen passieren, und finden uns wenige Meter weiter einsam auf der Passhöhe am Tourmalet. Er hat uns herausgefordert, wollte nicht einfach nur befahren werden, wie jeder andere Pass auch. Nein, er wollte, dass wir es wirklich wollen, ihn zu erfahren und zu erleben.

Von hier oben betrachten wir die bedrohlich im Tal schwimmenden Wolken, wie ein Meer, das immer wieder seine Wellen in den Bergen bricht. Und in diesem Moment denke ich mir: so sehr ein Roadtrip die Bindung zwischen Mensch und Maschine stärkt, so sehr ist es doch die Natur, welche diese Trips überhaupt erst so erlebenswert macht.

Text: sb
Fotos: sb

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Autor

Gründer und überwiegender Texter hinter passion:driving. Leidenschaftlicher Car-Nerd, immer auf der Suche nach dem Rande des Kammschen Kreises und viel zu häufig auf irgendwelchen Rennstrecken unterwegs. Anglophil veranlagt, liebt britische Sportwagen und fährt eine Lotus Elise S1, um das eigene, eher nachteilige, Leistungsgewicht wieder auszugleichen. Neben passion:driving schreibt er als freier Autojournalist (Mitglied im Verband der Motorjournalisten) auch für die heise autos und andere Publikationen.

13 Kommentare

  1. Wahnsinn! Ich bin schon leicht neidisch auf den Tripp und freue mich gleichzeitig auf meine eigenen kommenden! Viel Spaß weiterhin!

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