Der Vorwurf sitzt: Plug-In-Hybride sind nichts anderes als NEFZ- und Flottenverbrauchsschönrechner. Das mag stimmen. Auf der anderen Seite lassen sich damit für das ein oder andere Modell Beine machen, während auf der anderen Seite – gerade im Kurzstreckeneinsatz – von der elektrischen Reichweite gezehrt werden kann. Axel von bigblogg und ich haben uns das Hybridpaket unterhalb des 918 angeschaut: Porsche Panamera und Cayenne S E-Hybrid im Doppelcheck.

Porsche Panamera S E-Hybrid und Porsche Cayenne S E-Hybrid im Doppeltest
Abholung der Autos ist – natürlich – in Zuffenhausen. Vollgeladen warten die beiden NEFZ-Stromer auf uns. Gut für uns: Heimvorteil. Axel kennt das ein oder andere kurvige Sträßchen im Umland, Verbrauchswissenschaften stehen ohnehin nicht auf unserer Tagesordnung.

Sicher, ich kann verstehen, warum man diese Verbrauchsschönrechnerei so kritisiert. Auf der anderen Seite stehe ich total auf das, was hier gerade passiert: über 2 Tonnen Lebendgewicht setzen sich geräuschlos in Bewegung und – viel wichtiger – sie bleiben es auch. Das rein elektrische Anfahren gelingt im Stuttgarter Stadtverkehr überraschend leicht. Von älteren Hybriden hat man das noch gut in Erinnerung, dass rein elektrisches Anfahren nur möglich ist, indem man den Hass aller Verkehrsteilnehmer auf sich vereint und zum rollenden Hindernis wird. Im Panamera und im Cayenne dagegen geht es ausreichend flott geräuschlos vorwärts. Einen Ampelsprint gewinnt man so sicher nicht, aber man schwimmt mehr als angenehm mit.

Und so schwimmen wir aus Stuttgart hinaus auf die Autobahn, ohne nur einmal den Verbrenner anzuwerfen. Keine schlechte Leistung. Die viel kritisierten 30 Kilometer elektrische Mindestreichweite, welche der Gesetzgeber vorsieht – beispielsweise auch für das E-Kennzeichen – sind natürlich so nicht ohne weiteres machbar. Die von Porsche kolportierten 36 Kilometer folglich noch weniger. Mit viel Mühe, viel Rekuperation vielleicht. Aber einfach einsteigen und 30 Kilometer rein elektrisch fahren – nein. Dafür ist hier auch viel zu viel Komfortschnickschnack an Bord, auf den der Porsche-Kunde freilich auch nur ungern verzichten möchte.

Hier, draußen außerhalb der Stadt, wenn die Power aus dem 9,4 kWh Akkupack aufgebraucht oder der Gasfuß zu schwer wird, schaltet sich dann auch erstmals der 333-PS-starke V6-Kompressormotor dazu und holt einen wieder auf den Boden der fossilen Tatsachen zurück. Akustisch brennt der Dinosaurier wahrlich kein Freudenfeuerwerk ab. Im Cayenne klingt er etwas angestrengt und hell. Im Panamera S E-Hybrid passt das alles schon etwas besser, aber spätestens hier wird auch klar: dieses von Porsche so fein geschnürte Hybridpaket ist nicht in erster Linie auf schonungslose Sportfahrer zugeschnitten worden.

Spannend ist dennoch, unter welchen Aspekten die Zuffenhausener die Betriebsstrategien dieses Motorenkomplexes optimiert haben. Die Kernregel lautet: jede Motorumdrehung, die sich vermeiden lässt, spart Kraftstoff und CO2. Bedeutet also: je weniger Umdrehungen pro Kilometer der Verbrennungsmotor macht, desto besser. Eh klar. Optimiert wird das Verhalten – neben der klassischen Start/Stopp-Automatik – auch von solchen Dingen wie der Segelfunktion, die den Motor auskuppelt und abschaltet. Vor allem aber auch die Möglichkeit, bis zu 135 km/h schnell rein elektrisch zu fahren hilft hier weiter.

Für uns geht es aber runter von der Autobahn auf kurvige Landstraßen. Das bedeutet: wir wollen Vortrieb. Jedes der kombiniert 416 Pferdchen soll Gewehr bei Fuß stehen. Der Hybrid lässt sich dafür in den E-Charge-Modus schalten, mit dem der Hochvoltakku während der Fahrt geladen werden kann. Das dauert natürlich eine Weile. Ein paar Kilometer Autobahn helfen dabei ganz gut, allerdings geht auch der Verbrauch des Verbrenners in die Höhe.

Porsche Cayenne S E-Hybrid

Macht nichts, denn wir wollen Fahrspaß auf der Landstraße. Los geht es für mich im Cayenne, oder auch Chantal, wie ihn der Clemens so gerne – nicht liebevoll gemeint – nennt. Das PASM-Fahrwerk lässt sich in einen hier wohl passenderen Sportmodus bringen, der Cayenne S E-Hybrid duckt sich etwas tiefer auf den Asphalt. Der Hybridantrieb lässt sich ebenfalls auf “Sport” optimieren, damit der E-Motor möglichst viel “boosten” kann, wie es Porsche nennt, um so bestmögliche Performance zu erzielen. Genau das wollen wir hier. Sicher, es ist ein SUV mit dicken Akkus an Bord, aber ein Porsche ist ein Porsche, ist ein Porsche.

Doch auch die Zuffenhausener haben noch kein Anti-Physik-Patentrezept entwickelt. Tatsächlich zeigt sich relativ bald, dass unter dem SUV-Kleid genau das steckt: ein SUV, bei dem das „S“ im Namen halt historischer, doch niemals gerechtfertigter Natur ist. Der Cayenne – zumindest nicht als S E-Hybrid – steht gar nicht so sehr auf die harte Gangart und ich habe Mühe, Axel im vorausfahrenden Panamera zu folgen. Zumal hier und da irgendwie bei ihm auch noch mehr Saft in der Batterie zu sein scheint – oder es sind einfach die knapp 300 Kilo große Gewichtsunterschied, die sich beim Herausbeschleunigen bemerkbar machen. Im Cayenne wird jedenfalls gerne mal herzhaft untersteuert, der Allradantrieb ist in fahrdynamischer Hinsicht ebenso kein starker Zugewinn und die Wandlerautomatik will das Spielchen auch nicht so ganz mitgehen. So oder so zeigt sich: das Gewicht von über 2,3 Tonnen kann der Cayenne S E-Hybrid dann halt nicht verschleiern.

Fahrzeugwechsel. Ich steige um in den Panamera. Optisch hat er mit der letzten Modellpflege stark dazugewonnen, so ganz anfreunden kann ich mich immer noch nicht damit. Axel hingegen ist Feuer und Flamme für diese Mischung aus Limousine und Coupé. Wahrscheinlich ist der Panamera aber gerade auch in seiner Optik die wohl konsequenteste Kombination dieser beiden Genres in eine Sportlimousine.

Im Panamera S E-Hybrid sieht indes auch die Sache mit der Fahrdynamik schon etwas besser aus und der niedrigere Schwerpunkt macht sich sofort bezahlt: agileres Einlenkverhalten und eine bewegungsbereite Hinterachse belohnen den Fahrer dafür, dass er das eigentliche Fahrzeugkonzept ad absurdum führt. Alles auch kein Wunder, denn der Panamera wiegt auch mal eben knapp 300 Kilo weniger, als der Cayenne.

Jeweils 416 PS Systemleistung. Das beruhigt. 2.095kg (Panamera) und 2.350kg (Cayenne) Lebendgewicht. Das beruhigt überhaupt nicht und mir deucht, die automobile Zukunft wird vor allen Dingen eins: schwer.

Link folgen für Axels vollständigen Fahrbericht zu Panamera und Cayenne S E-Hybrid

Die elektrische Reichweite schmilzt bei solch forscher Gangart natürlich im Rekordtempo dahin und die kurzen, harten Bremsphasen vor dem Kurveneingang reichen – wenig überraschend – nicht aus, um noch nennenswert Energie in die Batterien einzuspeisen. Mit dem Ergebnis, dass der elektrische Boost relativ bald aufgebraucht ist und die 333 PS des V6 für’s Vorankommen ausreichen müssen.

Das funktioniert, ist aber bei weitem nicht so spektakulär und unterhaltsam, wie die kurz zuvor noch anliegenden 416 PS, zumal wir es eben mit einem kompressoraufgeladenen Motor zu tun haben. Und so gut der in Verbindung mit der drehmomentstarken E-Maschine (310 Nm Drehmoment) funktioniert, so sehr fällt das fehlende Drehmoment des E-Motors ins Gewicht, wenn letztere nicht mehr im Spiel ist. Dann merkt man wieder, wie sehr wir vom mächtigen Drehmomentberg moderner Turbomotoren versaut wurden.

Fazit

Noch mal: wir haben diese beiden Geräte nun völlig abseits ihrer eigentlichen Spezifikation bewegt. Ja, es sind Porsches. Das macht sie aber nicht uneingeschränkt zu reinrassigen Tracktools. Stellen wir uns also noch die Frage: was sind sie eigentlich, diese S-E-Hybriden?

Porsche Cayenne S E-Hybrid

Beim Porsche Cayenne S E-Hybrid fällt es mir noch ziemlich leicht, diese Frage zu beantworten, auch wenn ich dabei der Bedienung eines verbreiteten SUV-Klischees nicht umher komme. Muttipanzer. Ein feiner, aber ein Muttipanzer eben. In England würde man auch sagen, ein Auto für Soccer Mums. Komfortabel, luxuriös, alles an Bord, was das Herz begehrt, um die Kinder unsinnigerweise zur Schule zu fahren. Ja, man darf das anprangern, aber genau so wird’s halt eben gemacht. Ist es da nicht toll, wenn immerhin das nun lokal emmissionsfrei passieren kann? Wenn Mama vorher noch kurz den Stecker zieht, bevor die Kinder einsteigen und der Weg zur Schule rein elektrisch zurückgelegt wird? Vielleicht eine Weltverbesserung – wenn auch nur in kleinen Schritten. Denn soviel ist klar: von SUVs werden wir so schnell nicht mehr wegkommen.

Kommen wir zum Panamera S E-Hybrid. Hier sieht die Sache schon ein wenig anders aus. Auf der einen Seite eine luxuriöse Sportlimousine, das perfekte Reisegefährt, ein GT, wie er im Buche steht. Wunderbarer Komfort, feinste Verarbeitung – eben alles da, um mal eben morgens von München nach Hamburg und Abends wieder zurückzufahren. Macht da ein Hybrid Sinn? Vielleicht. Vor der Abfahrt von der Autobahn die Batterien vollladen und dann im Hamburger Stadtverkehr – lokal – emissionsfrei herumrollen ist doch für die Stadt eine feine Sache.

Porsche Panamera S E-Hybrid

Das erfordert aber auch das entsprechende Umdenken des Fahrzeugführers. Die Software versucht das dem Fahrer schon weitestgehend abzunehmen: InnoDrive nennt sich das bei Porsche. Und dieses System versucht nämlich genau das vorherzusehen. Über eine im Navi einprogrammierte Route, bestimmt das System, wann es an der Zeit ist, die Akkus zu laden, bevor es – beispielsweise in der Stadt – darauf ankommt, rein elektrisch unterwegs zu sein. Ob und wie gut das System funktioniert? Schwer zu sagen, zu sehr waren wir auf unserer kurzen Testrunde am Nachmittag/Abend auch darauf konzentriert, ganz bewusst selbst die einzelnen Modi auszuprobieren – das müsste sich also viel mehr in einem Alltagstest bewähren.

Um also noch einmal abzuschließen: ja, Hybrid-Fahren ist toll und macht Spaß. Genau darauf zielen Hersteller wie Porsche allerdings auch ab. Mit Spaß alleine ist es wohl aber nicht getan. Macht es Sinn, schwere Akkus einzubauen, um die dadurch gesteigerte Performance zu bewerben zu können, wenn es doch eigentlich um die Umwelt gehen sollte? Vermutlich nicht. So kommt es in erster Linie – wie bisher eben auch – auf den Fahrer an. Nutzt er das Fahrzeug entsprechend, kann er sich über häufige Fahrten freuen, während denen der Verbrenner vor allem eines darf: Schlummern. Dann ist es auch tatsächlich mehr, als nur ein wenig NEFZ-Schönrechnerei. Von diesem Grundsatzproblem einmal abgesehen, ist das Paket, das Porsche hier geschnürt hat – insbesondere im Panamera S E-Hybrid – ein ziemlich feines.

Porsche Panamera S E-Hybrid
Porsche Cayenne S E-Hybrid

Fotos: sb
Text: sb

Disclosure zur Transparenz

Das Fahrzeug wurde mir freundlicherweise von Porsche für den Test zur Verfügung gestellt. Der Test erfolgte unabhängig. Der Text spiegelt meine persönliche Meinung wieder.


Autor

Gründer und überwiegender Texter hinter passion:driving. Leidenschaftlicher Car-Nerd, immer auf der Suche nach dem Rande des Kammschen Kreises und viel zu häufig auf irgendwelchen Rennstrecken unterwegs. Anglophil veranlagt, liebt britische Sportwagen und fährt eine Lotus Elise S1, um das eigene, eher nachteilige, Leistungsgewicht wieder auszugleichen. Neben passion:driving schreibt er als freier Autojournalist (Mitglied im Verband der Motorjournalisten) auch für die heise autos und andere Publikationen.

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