Eigentlich verrückt. So gern ich meine Zeit auch in schönen PS-Monstern verbringe, gibt es doch immer wieder Autos, die mich persönlich sehr zu begeistern wissen – und damit auch ein ganz kleines bisschen überraschen. Der Volvo V40 ist so eines.

Volvo V40 D3 Modelljahr 2016

In Puncto Design bin ich ja ohnehin der falsche Ansprechpartner, aber aus meiner ganz persönlichen Warte heraus gesprochen: ich mag das aktuelle Volvo Design. Klare Linien, echte Konturen und hier und da ein paar seichte Rundungen. Noch dazu bin ich seit jeher ein Fan des V40 und vor allem des damaligen S40 – die STCC und erst Recht die BTCC sind daran sicher nicht ganz unschuldig. Freilich, der V40 ist längst kein S40-Kombi mehr, den S40 gibt es ja auch schon lange nicht mehr. Und als Ahne ist er auch nicht unbedingt zu erkennen, denn das Heck des heutigen V40 erinnert viel mehr an das, was er ist: ein Kompaktwagen, was unter anderem durch die aufsteigende Schulterlinie und insbesondere an der Heckansicht deutlich wird.

So wirkt der V40 erstaunlich kompakt, fühlt sich bauartbedingt auch im Innenraum so an. Wenn es darauf ankommt, bietet er aber trotzdem ausreichend Platz. Auch für vier Erwachsene. Sicher, das Gepäckabteil ist nicht das größte, da der Ladeboden recht hoch liegt und das Heck etwas eng zuläuft. Mit umgeklappter Rückbank ist er allerdings trotzdem ein praktischer Umzugshelfer – für euch getestet!

Und dann wäre diese wunderbare Ordnung und Klarheit im Innenraum. Alles ist auf einen Blick zu greifen, nichts wirkt überfrachtet. Das große optische Highlight ist fraglos die nach unten verlaufende, von hinten offene Mittelkonsole. Nicht nur ergibt sich damit ein wenig zusätzlicher Stauraum für Kleinkram, sondern der gesamte Innenraum wirkt dadurch noch sehr viel offener und die Mittelkonsole angenehm schlank. Gut, man mag Volvo vorhalten, nach wie vor an einer Nummerntastatur für das Infotainment festzuhalten. Auf der anderen Seite gehen Tastatureingaben so tatsächlich sehr flott von der Hand. Flotter vermutlich, als jeden Buchstaben einzeln auswählen zu müssen. Alternativ benutzt man aber auch einfach die gut funktionierende Spracheingabe.

Statt eines klassischen Kombiinstrumentes bekommt der Fahrer seine Informationen auf einem Display serviert, das noch dazu auch in drei unterschiedlichen Themen dargestellt werden kann. Dynamisch rot mit mittig positioniertem Drehzahlmesser und digitalem Tacho. Oder etwa ökologisch grün inklusive einer Effizienzanzeige. Das ist ganz fein, aber irgendwie blieb in mir das Gefühl zurück, dass man mit dieser Technologie mehr machen könnte. Etwa, wie es Audi macht, auch den Karteninhalt dort darzustellen. So verstehe ich das System nun einfach mal als eine erste „Grundversion“ und hoffe, dass Volvo da in naher Zukunft ähnlich ausgefallene Sachen macht. An der Darstellung selbst bleiben hingegen keine Zweifel: die Animationen sind flüssig, die Typographie finde ich wunderschön und die einzelnen Anzeigemodi sind sehr durchdacht. Im „Normal“-Modus werden beispielsweise nur die Geschwindigkeiten in der Nähe des Geschwindigkeitszeigers dargestellt, drumherum blenden sie langsam aus und es bleiben nur die Markierungsstriche. So ist auf einen Blick sehr viel schnelle und besser die Geschwindigkeit ablesbar, als in einer sonst Tacho-üblichen großen Aneinanderkettung von Zahlen.

Mindestens ebenso gelungen sind auch seine fahrerischen Qualitäten. Fraglos, einen Sportwagen hat man hier nicht unter dem Hintern und der D3-Dieselmotor ist auch kein Aggregat, das zum Ampelrennen einlädt. Die Qualitäten dieses Motors liegen aber viel mehr beim Fahrkomfort und seiner erstaunlichen Elastizität. Offensichtlich zahlt sich die neue Drive-E Volvo-Motorenstrategie aus. Denn die Schweden haben mit diesen eigens entwickelten Motoren, welche künftig die Basis aller Modelle darstellen, eine außerordentlich gute Motorenpalette auf die Beine gestellt. Sie kommen als einheitlichen Motorblöcken für Diesel- und Benzinmotoren zum Einsatz, jeweils dann natürlich mit anderen Anbauteilen und unterschiedlichen Aufladungskonzepten.

Hier im V40 gibt es grundsätzlich einen Mono-Turbolader, sowohl für den Diesel als auch Benziner, beim D3 allerdings mit variabler Turbinengeometrie. So oder so ist der V40 des Modelljahres 2016 der erste Volvo, der durchgehend nur noch die neuen Drive-E-Motoren an Bord hat. In unterschiedlichen Leistungsstufen selbstredend: los geht es bei 120 PS im D2 und T2, Schluss ist mit 245 PS im T5. Mit den 150 PS im von mir gefahrenen D3 bewegen wir uns also im feinen Mittelfeld und dort fühlt man sich mit dem D3 mehr als perfekt aufgehoben. 320 Nm stehen genau dort zur Verfügung, wo man sie braucht: im unteren und mittleren Drehzahlbereich. Schaltfaul fahren geht also ganz wunderbar. Auch dann, wenn man sich mal schnell irgendwo einordnen muss. Obenheraus, ja da will er nicht ganz so forsch, ist er etwas zäh und unwillig, bewegt sich dort aber auch nicht in einem Fenster, in dem man mehr von ihm erwarten dürfte.

Viel beeindruckender als der angenehme Fahrkomfort des Motors ist aber vor allem sein Verbrauch. 3,8 Liter stehen auf dem Papier – geschenkt. Im Test waren es bei mir jedoch immerhin 5,6 Liter. Und das bei völlig normaler, üblicher passion:driving-Fahrweise. Und damit ist der Volvo V40 der erste Testwagen überhaupt, mit dem ich einen solch niedrigen Verbrauch erreicht habe! Ja, ich habe es sogar zeitweise geschafft, zwischen 4 und 5 Litern zu fahren, irgendwann wurde der Gasfuß dann aber doch zu schwer. Was somit machbar ist? 1.000 Kilometer weit fahren, 50-60 € einwerfen und weitere 1.000 Kilometer fahren. Und das nicht nur rechnerisch, sondern reell. So richtig. Ohne Anstrengung. Ich alter Heizer!

Überhaupt: die Langstrecke, hier fühlt sich der Schwede richtig wohl. Spurhalteassistent, adaptiver Tempomat – alles an Bord, um lange Distanzen hinter sich zu bringen. Die Sitze sind bequem und für die passende Unterhaltung sorgt das Sensus-Connect Infotainmentsystem, das dank der ein oder anderen App in der Lage ist Musik, Podcasts und Webradio zu streamen. Die Internetverbindung bezieht das System entweder per eingelegter SIM-Karte oder indem man die Internetverbindung des Handy per Bluetooth oder Wifi freigibt und das Auto damit verbindet. Auch die Kartendarstellung ist aufgeräumt, sieht gut aus und die Navigation funktioniert wunderbar, die Spracherkennung ist sauber. Es bleibt trotzdem ein „aber“ übrig. Denn das System ist hier und da einfach zu langsam. Gerade die Apps laden teils ewig. Das stört wenig auf der Langstrecke, nervt aber ungemein im Stadtverkehr.

Autobahn und Stadtverkehr beherrscht er also aus dem Effeff. Landstraße? Ja, geht auch. Ihr wisst aber genauso gut wie ich, dass der V40, zumindest nicht als D3, zum Kurvensportler geboren ist. Die flotte Gangart geht er halbwegs mit, doch die große Freude will nicht aufkommen, da fühlt sich auch die Lenkung ein kleines bisschen zu gefühllos an. So oder so jedoch kein Vorwurf, welcher dem Auto zu machen wäre, auch wenn bereits das optionale Sportfahrwerk (10mm Tieferlegung) und die adaptive Servolenkung mit 3 unterschiedlichen Kennlinien an Bord sind. Ja, das Setup funktioniert, der V40 lässt sich flott bewegen, aber ein Kurvenräuber ist’s halt nicht und den erwartet auch niemand. Und Hand auf’s Herz: ich habe es auch nicht ausgereizt. Warum auch?

An Nerds wie mich hat man bei Volvo übrigens auch gedacht. Der V40 lässt sich nämlich praktischerweise per App (und sogar auch auf einer Smartwatch) gewissermaßen fernsteuern. Türen öffnen, schließen, Kilometerstand und Verbrauch einsehen, Temperatur am Auto und und und, geht alles. Ist das Auto eine Weile entriegelt, aber niemand mit dem Schlüssel an oder im Auto, gibt es automatisch eine Benachrichtigung aufs Handy. Sehr schön und durchdacht wirkt das alles. Angesichts der diesjährigen Diskussionen um Sicherheitslücken in solchen Systemen allerdings auch ein sensibles Thema.

Volvo V40 2016 D3 SUMMUM

Darüberhinaus steht der V40 in Puncto Sicherheit aber auf der sonnigen Seite des Lebens: Fußgängerairbag, Knie-, Front-, Seiten- und Kopf-Schulter-Airbags, City-Notbremsassistent … alles serienmäßig an Bord. Toter-Winkel-Warner, Cross Traffic Alert (warnt vor kreuzenden Fahrzeugen beim Ausparken), Müdigkeitswarner, Spurhalteassistent, Verkehrszeichenerkennung und Fernlichtassistent gibt es dagegen im Fahrassistenz-Paket für 990 Euro. Wer knapp 1.000 Euro mehr hinlegt, also 1.980 Euro, bekommt das Fahrassistenz-Paket Pro, das zusätzlich noch einen adaptiven Abstandstempomaten, automatischen Notbremsassistent mit Fußgänger- und Radfahrererkennung, Stau-Assistent und einen Distanzwarner beinhaltet. Ein überaus üppiges Paket.

Und sowieso muss sich der Schwede nicht hinter der deutschen Konkurrenz verstecken. Ein gutes Soundsystem, die Assistenzsysteme regeln vorzüglich und weder bei Verarbeitung, noch bei der Haptik gibt es irgendetwas auszusetzen.

Fazit

Es ist schon erstaunlich auf welche Umlaufbahnen die Chinesischen Investoren Volvo katapultiert haben. Motor: feinstens! Und eigentlich überhaupt gibt es am V40 nahezu nichts zu kritisieren. Die Assistenzsysteme regeln wirklich so, wie man das gerne hätte, die Verarbeitung ist ohne Zweifel, der Fahrkomfort großartig. Wenn es einen Kritikpunkt gibt, dann höchstens die zeitweise etwas magere Performance des ansonsten so guten Infotainmentsystems, welches – das sei an dieser Stelle noch einmal betont – ebenfalls eine komplette Eigenentwicklung ist. Sicher, die Preise, die Volvo hierfür abruft, sind mindestens so selbstbewusst, wie dieses Paket gut ist: bei fairen 23.450 Euro geht es los, für die SUMMUM-Ausstattungslinie fallen schon mindestens 28.410 Euro an. Für einen bis an die Zähne bewaffneten V40, wie eben den Testwagen, sind dann schon über 43.000 Euro fällig. Ein stolzes Sümmchen, dass sich aber hier mit dem guten Gewissen vereinbaren lässt: so gut wie Volvo, kann derzeit einfach niemand sonst auf dem deutschen Premium-Niveau mitspielen. Und um eine britische Volvo-Anzeige zu bemühen: „Bored of German Techno? Try some Swedish Metal“ – Wenn man vom deutschen „Techno“ gelangweilt ist, warum nicht mal ein bisschen schwedischen Metal probieren?

Text: sb
Fotos: sb

Wertung

7.1/10
  • Fahrdynamik: 3
  • Fahrspaß: 5
  • Sound: 2
  • Verarbeitung: 7
  • Komfort: 7
  • Ausstattung: 7
  • Verbrauch: 9
  • Preis/Leistung: 6
  • Persönliche Anziehungskraft: 7
Mein passion:driving Wertungsschlüssel spiegelt meine subjektive Einschätzung des Testwagens in verschiedenen Kategorien wieder. Die fahrdynamischen Qualitäten spielen dabei eine große Rolle. Trotzdem wird ein Auto nur durch Performance keine 10er-Wertung erhalten können. Hier gibt es mehr Informationen zum Wertungssystem.

Technische Daten

Volvo V40 D3 SUMMUM (2016)

Motor-Bauart:
Drive-E Vierzylinder-Common-Rail-Turbodiesel mit Start-Stopp-System
Hubraum:
1.969 cm³
Leistung:
110 kW / 150 PS bei 3.750 U/Min
Drehmoment:
320 Nm bei 1.750 – 3.000 U/Min
Höchstgeschwindigkeit:
210 km/h
Beschleunigung (0-100 km/h)
8.4 Sekunden
Verbrauch (innerorts / ausserorts / kombiniert):
4.4 L / 3.5 L / 3.8 L Diesel

Grundpreis Volvo V40 D3 SUMMUM (2016):
28.410
Testfahrzeugpreis:
43.485
Testverbrauch:
5.6 Liter / 100 km über 2.406 km
Leergewicht:
1.577 kg
Max. Zuladung:
419 kg
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe):
4.369 mm / 1.783 mm / 1.420 mm

Disclosure zur Transparenz

Das Fahrzeug wurde mir freundlicherweise von Volvo für den Test zur Verfügung gestellt. Der Test erfolgte unabhängig. Der Text spiegelt meine persönliche Meinung wieder.

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Autor

Gründer und überwiegender Texter hinter passion:driving. Leidenschaftlicher Car-Nerd, immer auf der Suche nach dem Rande des Kammschen Kreises und viel zu häufig auf irgendwelchen Rennstrecken unterwegs. Anglophil veranlagt, liebt britische Sportwagen und fährt eine Lotus Elise S1, um das eigene, eher nachteilige, Leistungsgewicht wieder auszugleichen. Neben passion:driving schreibt er als freier Autojournalist (Mitglied im Verband der Motorjournalisten) auch für die heise autos und andere Publikationen.

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