Ja, so etwas kommt öfters mal vor: es findet eine Fahrveranstaltung ohne mich statt. Das passiert sogar relativ häufig und es ist auch kein Wunder, schließlich bin ich mit meinem kleinen Auto-Blog für so spinnerte Enthusiasten wie euch (ja, das meine ich sehr positiv!) nicht der Nabel der automobilen Berichterstattungswelt. Doch in einem Punkt könnt ihr euch sicher sein: jetzt gerade, in der vergangenen Woche, wäre ich es gerne gewesen! Ford hat in Valencia den neuen Focus RS Mk3 vorgestellt und … ja, ich bin ein wenig verliebt. Oder auch ein wenig sehr viel.

Ford Focus RS Mk3 2016 Nitrous Blau

Alle Links zu Artikeln und Videos, die ihr über den Focus RS gesehen haben solltet, findet ihr auch noch einmal am Ende des Artikels zusammengefasst!

Woher die plötzliche Liebe? Ganz einfach. Mechthild – und der kennt mich in dieser Hinsicht sehr gut – hat mir diesen Satz über den Zaun geworfen, nachdem er den neuen Focus RS in Valencia fahren konnte: „Es ist dieses – und nur dieses – genau dein Auto. Punkt.“ Und nun stehe ich da. Oder sitze. Klicke mich alle 30 Minuten auf’s neue durch den Konfigurator, gucke mir immer wieder die neuen Videos an oder lese die feinen Texte, welche die Kollegen aus Valencia mitbringen.

Habe ich mich kürzlich noch gefragt, welches Ringtool ich für dieses Jahr brauche, gibt mir Mechthild die Antwort: „Es ist dieses – und nur dieses – genau dein Auto. Punkt.“

Und eines liest man hier wie dort: selten bist Du mit einem Auto so bevollmächtigt und kontrolliert im Grenzbereich unterwegs gewesen. Supersportwagen fasst man da eher mit Samthandschuhen an, den Focus RS hingegen: pack ihn einfach voll bei den Hörnern. Oder wie Bjoern in seinem Fahrbericht zum Focus RS (inkl. detaillierter Bilder des Allradsystems) schreibt:

„Einfach mehr Gas, Lenkung auf, der Focus RS schwingt den Hintern in Richtung Ausgang und am Lenkrad fühlst du die volle Kontrolle. Das ist kein Spiel am Abgrund, es ist die erstmalige volle Kontrolle am Limit. Das gleiche Spiel im Supersportler? Du würdest es lassen. Zu schmal der Grenzbereich. Zu gefährlich der Konter der Bestie.“
– Bjoern Habegger

Ford Focus RS Mk3 2016 Nitrous Blau

Ach ja, ein weiteres Zitat mag ich euch nicht vorenthalten, wenn es um die Fahrbarkeit (und den Fahrspaß) des Focus RS geht:

„Wie das fährt, ich weiss nicht, ob ich überhaupt schonmal so diesseits der sechsstelligen Beträge gefahren bin. Und wenn, dann hat man sich in diesen Viechern das Einschenken nicht so getraut, wie in diesem Plastikeimer.“
– Fabian Mechtel

Das kommt übrigens aus dem Munde des Mannes, der Stammgast in den diversesten Zuffenhausener Cockpits ist und im Ausfahrt.tv-Video von Jan (siehe oben) sagt, dass für ihn höchstens der Cayman als GTS oder GT4 beim Fahrspaß an den Focus RS heranreicht. Er wird auch auf radical-mag.com eine umfangreiche Artikelserie zum Focus RS veröffentlichen.

Neuer Ford Focus RS – Technische Daten & Fakten

Aber mal zu den Fakten: was macht diesen Focus RS so außergewöhnlich gut? Erstmals hat man bei Ford auf einen Allradantrieb gesetzt, um die Leistung von 350 PS auf die Straße zu bringen, die der 2.3 Liter EcoBoost Motor herausdrückt. Der Motor ist übrigens ein bekannter aus dem neuen Ford Mustang, allerdings wurde er für den RS noch einmal umfangreich aufgepumpt und vielseitig überarbeitet. Ein Drehmoment von 440 Newtonmetern wird dabei entfesselt und bis zu 70 % an die Hinterachse verteilt – im Overboost sind es auch schon mal 470 Nm. Das reicht, um in 4,7 Sekunden auf 100 km/h zu Sprinten. Per Launch Control. Beim Handschalter, wohlgemerkt! Und lässt man ihn lang genug rennen, kratzt die Tachonadel bei 266 km/h knapp unter der 270er-Marke.

Beim Allrad haben wir es nicht mit irgendeinem System zu tun. Das von GKN entwickelte System ist nicht nur in der Lage rund 70% des Drehmomentes an die Hinterachse zu schieben. Vielmehr kann es dort wiederum durch zwei weitere Kupplungen frei zwischen den Rädern verteilt werden. Vollständig. Zusätzlich dreht die Hinterachse immer 1,8 Prozent schneller, als die Vorderachse. Untersteuern wird damit nicht nur im Keim erstickt, es wird regelrecht frittiert. Dagegen klingen die Haldex-Lösungen der deutschen Konkurrenz nach Frickelbude. Echtes Torque Vectoring also, das abhängig vom Fahrmodus radselektiv die Leistung verteilt und jederzeit ein mindestens neutrales Fahrverhalten sicherstellen dürfte.

An der Vorderachse wird der Focus RS übrigens, wie auch der ST, per Bremseingriffen im Zaum gehalten. Allerdings alles halb so wild, denn das meiste des Drehmoments geht bei Bedarf ja ohnehin nach hinten, sodass Leistungsuntersteuern vorne kaum auftritt und die Reifen sich weitestgehend auf das konzentrieren können, was die Reifen an einer Vorderachse tun sollten: Seitenführungskräfte aufbauen statt Vortrieb umsetzen. Einen Wehrmutstropfen gibt es auf technischer Seite übrigens auch: 1,6 Tonnen. Das is a bisserl viel für einen kompakten. Der Peugeot 308 GTi ist immerhin ganze 200 Kilo leichter.

Ford Focus RS Mk3 2016 Nitrous Blau

Neben dem oben eingebetteten Video von Jan von Ausfahrt.tv (unbedingt anschauen, dort bekommt ihr das Auto über 1 Stunde ausführlich im Detail vorgestellt – auch wenn Jan lieber gefahren wäre) habe ich hier noch ein feines Schmankerl für euch, dass die Kollegen von PistonHeads aus Valencia mitgebracht haben, auf dem man wunderbar das fein übersteuernde Fahrverhalten des RS auf der Piste bewundern darf. Natürlich empfehle ich auch, das Video von Alex von CarThrottle anzuschauen, der sichtlich Spaß hatte. Und wie er quer fährt, das seht ihr hier.

Wie sich der Ford Focus RS auf der Nordschleife schlägt und welche Rundenzeit man von dort verkünden kann? Keine. Bisher zumindest. Tyrone Johnson, Hauptverantwortlicher für den neuen RS, sagte zu Nordschleifen-Rundenzeiten in der evo (Asugabe 217) kürzlich:

I’m not interested in that at all. If an owner takes his Focus RS to the Ring and somebody tells him his car is ten seconds slower than the Mercedes or the Audi, I want him to say, „I don’t give a fuck. I’m going to go again.“

Spontan übersetzt: Wenn jemand mit seinem Focus RS am Ring fährt und ihm jemand erzählt, sein Auto sei 10 Sekunden langsamer als der Mercedes oder der Audi, möchte ich, dass er sagen kann: „Interessiert mich einen Dreck, denn ich werde wieder hier her kommen.“ Sprich: es zählt der unbedingte Fahrspaß. Unter uns: ich glaube trotzdem, dass der RS der Konkurrenz – auch aus 1-2 Klassen darüber – ordentlich einschenken wird.

Die Optik des Focus RS

Diese Ernsthaftigkeit steht dem Focus auch ins Gesicht geschrieben. Die neue Frontschürze sieht mächtig gut aus. Riesige Kühlöffnungen sorgen für ausreichende Kühlung des Motors (oben) und der Ladeluft (unten). Dazu ein kräftiger Heckspoiler, der meiner Ansicht nach sehr gut zur Form des Hecks passt und eine mächtige Heckschürze mit (angeblich funktionierendem) Diffusor und zwei DICKEN Endrohren aus denen eine wunderbare Musik tönt. Klingt schon fast nach WRC.

Allerdings – irgendwas ist ja immer – muss ich hier auch gleich die erste Träne herausdrücken. Sein Vorgänger, der Mark II, sah einfach noch etwas schärfer aus. Und: er war vor allem mit der richtigen Anzahl an Türen – drei nämlich – unterwegs. Der neue Focus RS ist ein Weltauto. Soll heißen: maximale Akzeptanz auf allen Märkten. Da passen überbreite Kotflügel ebensowenig ins Bild, wie ein dreitüriger Kompaktwagen. Der Fünftürer ist gesetzt und Steroide bekam er auch ein paar weniger gespritzt, als sein Vorgänger. Damit kann ich mich aber vermutlich arrangieren.

Meine Focus RS Konfiguration?

Und wie würde nun meine perfekte Kombination aussehen? Nun, wirklich zeigen kann ich es euch nicht, denn der Ford-Konfigurator beachtet nur die wenigsten der ausgewählten Optionen für das Vorschaubild. Folgendes wäre aber bei mir an Bord: die Farbe wäre – ganz klar – Nitrous Blau. Sieht rattenscharf aus, ich stehe auf blau und es passt gut zum passion:driving-Logo. Kostenpunkt: 850 €. Dazu gibt es dann das „RS-Performance-Paket“, das zum (serienmäßigen) Ford Sync2 Infotainment ein Navi mitbringt und (viel wichtiger) ein paar schwarze 19″-Felgen, Recaro Sportster CS Sportsitze und Nitrous-Blau lackierte Bremssättel. 2000 € rechnet Ford dafür auf. Weiter geht’s mit dem RS-Komfort-Paket für schlüssellosen Zugang, Tempomat und Rückfahrkamera für 500 €. Für 210 € nehme ich dann noch die elektrisch beheizbare Frontscheibe und Wischwasserdüsen mit – die Winter in der Eifel sind rauh und kalt. 43.560 € würde mich so in der Summe mein Wunsch-Focus-RS kosten.

Nicht im Konfigurator, sondern nur in der Preisliste, findet sich noch eine weitere Option, die ich tatsächlich noch on top ordern würde: „Semi-Slick Bereifung: speziell für den Einsatz auf Rennstrecken optimiert“. Statt der Michelin Pilot Super Sport gibt es dann feinste Pilot Sport Cup 2 Edelgummis für 700 €. Am besten für 1.000 € gleich einen Satz separater Felgen dazu und glücklich sein.

Ford Focus RS Mk3 2016 Nitrous Blau

Apropos glücklich sein: der Weg zum Glück dürfte ein langer werden. Aktuell scheint es, als ob sich die Lieferzeiten massiv ausweiten könnten. Von Ende 2016, Anfang 2017 ist da bereits in einigen Foren die Rede. Ich bin ja nun drauf und dran, zum nächsten Händler zu rennen und meine Unterschrift unter einen Kaufvertrag zu setzen. Ob ich aber so lange warten will? Ihr werdet es erfahren!

Übersicht: die wichtigsten Links zum neuen Ford Focus RS Mk3

Text: sb
Fotos: Werk

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Autor

Gründer und überwiegender Texter hinter passion:driving. Leidenschaftlicher Car-Nerd, immer auf der Suche nach dem Rande des Kammschen Kreises und viel zu häufig auf irgendwelchen Rennstrecken unterwegs. Anglophil veranlagt, liebt britische Sportwagen und fährt eine Lotus Elise S1, um das eigene, eher nachteilige, Leistungsgewicht wieder auszugleichen. Neben passion:driving schreibt er als freier Autojournalist (Mitglied im Verband der Motorjournalisten) auch für die heise autos und andere Publikationen.

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