Dass irgendeiner von euch noch nicht vom Bilster Berg gehört hat, kann ich mir nicht vorstellen. Neben der Nordschleife ist er unbestritten die schönste Rennstrecke Deutschlands und müsste ich ein persönliches Europa-Ranking machen, würde der Bilster Berg wohl immer noch mindestens an 2. oder 3. Stelle landen. Irgendwo mit Ascari, Anglesey und Portimao, wobei es für Portimao halt auch ein wenig Dampf an der Kette braucht, um richtig Spaß zu haben.

Bilster Berg Blogger Day 2016

Das ist eben das schöne am Bilster Berg: Hier brauchst du keine 500 PS. Wenn du sie dabei hast – auch gut. Aber Fahrspaß beginnt hier auch schon in der unter-200-PS-Liga. Und nachdem ich mich letztes Jahr davon überzeugen konnte, dass auch knappe 160 PS reichen, um den Karren im Kiesbett zu parken, kam ich dieses Jahr liebend gern zum 2. Bilster Berg Blogger Day wieder, um es besser zu machen.

Dieses Jahr gab es gar feine Unterstützung: VW hat die Driving Experience am Berg einquartiert und ihren derzeit prominentesten Golftreiber gleich mit. Benjamin Leuchter, einfach auch gern Benny genannt, fuhr vor wenigen Wochen erst die schnellste Fronttriebler-Rundenzeit auf der Nordschleife. In einem VW Golf GTI Clubsport S, anlässlich stolzer 40 Jahre Golf GTI. 7:49,21 Minuten brauchte er für die Nordschleifenumrundung und spricht man mit ihm über diese Runde, bekommt er auch jetzt noch Gänsehaut. Diese ganz scharfe Variante des Golf ist zwar heute nicht vertreten, dafür aber der nur wenig zahmere Golf GTI Clubsport, mit dem wir neben Golf R und Polo GTI unsere Runden drehen können. Zuerst fein eingeleitet mit einem Sektionstraining, dann später die ganze Ladung, volles Rohr über den gesamten Bilster Berg.

Und weil ich ja schon die ein oder andere Runde Rennstreckentraining hinter mir habe, habe ich jemanden mitgebracht, für den das eine ganz neue Welt ist: wie schnell wird wohl Katrin mit der Rennstrecke warm, wenn unter fachkundiger Instruktion gefahren wird? Um es kurz zu machen: schnell. Das gar, obwohl der Bilster Berg definitiv zu den anspruchsvolleren Rundkursen zu rechnen ist. Sowieso: die Mausefalle nennt dir jeder, fragst du nach der aufregendsten Kurve am Bilster Berg. Aber da ist noch so viel mehr. Etwa das seichte Geschlängel vor der Mausefalle, wo du auf der Kuppe, leicht rechts lenkend, die Fuhre bereits einbremsen musst, aufpassen musst, dass dich dabei das Heck nicht überholt, wo du die Kompression vor der Mausefalle nutzen kannst, um den Bremsweg möglichst kurz zu halten.

Dann natürlich die blinde Abfahrt in die Mausefalle hinein, wo nur 2-3 km/h den Unterschied zwischen untersteuern und sauberer Linie ausmachen, wo eine leichte Korrektur das Heck sofort in Bewegung bringt. Oder nach der Mausefalle, wenn du die heftige Steigung mit zwei Wellen erklimmst und blind in den folgenden Rechtsknick hineinstichst. Oder die darauf folgende Links, die komplett darüber entscheidet, ob du die anschließende Schikane sauber durchfährst oder zu viel am Ruder reißen musst und eine Menge Unruhe in den Karren bringst, ihn damit schlimmstenfalls im Kiesbett abstellst. Wie ich eben. Vor einem Jahr.

Kurz gesagt: an anspruchsvollen Ecken mangelt es dem Bilster Berg nicht. Das macht diesen besonderen Reiz aus dieser Strecke, denn ähnlich wie auf der Nordschleife, gibt es immer noch ein Eck, dass sich besser fahren lässt, an dem die Linie noch nicht ganz stimmt.

Wie schlägt sich also ein absoluter Rookie unter entsprechender Anleitung? Eine Frau, die zwar schon 4 Runden auf der Nordschleife und 20 Minuten auf der Grand Prix Strecke des Nürburgring hinter sich hat, aber keinerlei Erfahrung damit, wie sich ein Auto im Grenzbereich bewegt. Wer sich dort jetzt dazuzählt, ist bei der VW Driving Experience bestens aufgehoben – auch auf einer solch anspruchsvollen Strecke, wie dem Bilster Berg. Dank des Sektionstrainings werden die einzelnen Streckenabschnitte zuerst vertieft. Man bekommt die Möglichkeit, fokussiert auf Einlenk- und Bremspunkte, zu trainieren, um dann bei mit jeder Iteration steigendem Tempo, erste Grenzbereichserfahrung zu sammeln. Während der Fahrten haben dich die Instruktoren über die Rückspiegel fest im Blick, geben Feedback, Anmerkungen zur Linie und erklären Fahrphysik, zwischen den Sektionen stehen sie mit Rat und Tat zur Seite. Sehr schöne Einblicke von so jemandem ohne Rennstreckenerfahrung gibt’s auch bei Daniela von nenalisi.de, die nämlich als „Muddi“ das erste Mal auf die Rennstrecke ging.

Ein Bilster Berg Blogger Day wäre aber kein Bilster Berg Blogger Day, wenn es nicht die Möglichkeit gäbe, die eigenen bzw. mitgebrachten Fahrzeuge auf der Strecke zu bewegen. Ohnehin: das Fahren stand ja im Vordergrund und ein paar erste Eindrücke zum Golf GTI Clubsport werde ich euch daher noch gesondert vorstellen. Ich war glücklicherweise ja gerade zuvor mit einem Audi R8 V10 plus während #thepluses4 in den Dolomiten unterwegs. Vielen Dank an dieser Stelle an Audi, welche mir das Fahrzeug noch einmal einen Tag verlängert haben, um mich damit auf die Rennstrecke zu lassen. Sicher: es war kein gutes Omen und freilich gab es auch den ein oder anderen Seitenhieb, ob ich wieder vorhätte ein gelbes Auto im Kiesbett zu parken, ob ich schon Stollenreifen montiert hätte. Nein und nein. 1-2 flotte Runden sollten aber dennoch drin sein.

Und das waren sie! Was für ein feiner Abschluss, diesen gelungenen Supersportler nach einer Woche Roadtrip auf der Rennstrecke bewegen zu können. Ich hatte es eingangs bereits erwähnt: unter 200 PS sind auf dem Bilster Berg schon eine Gaudi, wie etwa im Polo GTI. 610 PS sind dagegen der pure Wahnsinn. Wenn es dich auf den beiden Wellen auf der Gegengerade mit über 200 Sachen zusammenstaucht oder du auf Start/Ziel mit offenen Klappen das gesamte Gelände beschallst, es von der Boxenmauer Freudentränen regnet – Herz was willst Du mehr? Ok, Semis. Die wären nett. Denn die P Zero Straßengummis waren arg schnell mit der Vorderachse des R8 überfordert, da wird der Grat zwischen feiner Linie und leichtem Untersteuern sehr dünn. Geht man aber aus dem auf maximaler Präzision getrimmten Performance-Mode in den bekannten „dynamic“ Modus des drive select, sind beherzte Drifts möglich und der Fahrspaß bleibt, auch wenn die Frontgummis nicht mehr ganz so wollen. Nach einer kleinen Cooldown-Phase musste dann aber noch einmal eine flotte Runde drin sein. Klar, wir sind hier nicht beim Trackday, Rundenzeiten gibt’s also keine, doch, ja: flott war sie. Denn wenn der gute Frank an den Monitoren in der Rennzentrale schon sagt „Hut ab, glaub nicht, dass mit dem Koffer deutlich mehr geht“, dann fährst Du auch zufrieden und entspannt nach Hause. Und jetzt, da ich in der Eifel wohne, ist der Bilster Berg ja vor allem auch schon nicht mehr weit weg. Spa, Nordschleife, Bilster Berg: drei der feinsten Rennstrecken Europas in Reichweite – viel besser geht es kaum, oder?

Bilster Berg Blogger Day 2016

Herzlichster Dank geht an dieser Stelle aber vor allem an das Team des Bilster Berg, das uns freundlich wie eh und je und herzlich empfangen hat – hier fühlt man sich einfach wohl! Vielen Dank aber natürlich auch an die VW, die VW Driving Experience, an Jens, der das alles in die Wege geleitet hat und natürlich auch an Audi, die mir den R8 für einen weiteren, einen solchen Tag, anvertraut haben, zu welchem ihr natürlich auch noch ein paar weitere Eindrücke zu lesen bekommt. Und ich hoffe, ganz bald wieder am Bilster Berg sein zu können.

Andere Blogger beim Bilster Berg Blogger Day 2016

Natürlich war ich nicht alleine am Bilster Berg, sonst wäre ein Blogger Day kein Blogger Day. Also gibt es hier jetzt noch eine Übersicht, durch die ihr euch unbedingt durchklicken solltet. Es gibt einige lesenswerte Geschichten.

Text: sb
Fotos: Werk/Tobias Heil


Autor

Gründer und überwiegender Texter hinter passion:driving. Leidenschaftlicher Car-Nerd, immer auf der Suche nach dem Rande des Kammschen Kreises und viel zu häufig auf irgendwelchen Rennstrecken unterwegs. Anglophil veranlagt, liebt britische Sportwagen und fährt eine Lotus Elise S1, um das eigene, eher nachteilige, Leistungsgewicht wieder auszugleichen. Neben passion:driving schreibt er als freier Autojournalist (Mitglied im Verband der Motorjournalisten) auch für die heise autos und andere Publikationen.

10 Kommentare

  1. Hallo Sebastian,

    Danke für den ausführlichen Beitrag!

    Der Bilster Berg reizt mich nach diesem Artikel schon ziemlich muss ich sagen. Ich glaube auch nicht, dass bei so vielen engen Kurven PS-Monster unbedingt nötig sind.

    Da reicht der gute GTI schon locker aus (wobei ich beim R8 nicht Nein gesagt hätte :D)

    Beste Grüße
    Arti

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