Reden wir nicht um das herum, das gemeinhin als „heißer Brei“ tituliert wird: denn zugegebenermaßen, ist auch mir die Premiere des neuen Audi A5 Coupé sehr schwer gefallen. Kein Schmarrn: als nach einer pompös choreographierten Show der neue A5 vor’s Publikum gerollt ist, dachte ich für mich: „Ah, sie zeigen nochmal den alten und dann kommt gleich während der Ansprache der neue eingefahren“. Bis mir auffiel: es ist schon der neue. Und so habe ich mich mit Zeilen über den neuen auch erst einmal zurückgehalten, wollte ihn erst so richtig in freier Wildbahn erleben, bevor ich mir ein Urteil erlaube. Und das war nun soweit.
Hand auf’s Herz: so wirklich können’s die Ingolstädter momentan halt niemandem recht machen. Da werden sie für’s Design und den vermeintlichen Stillstand bei selbigen auf der einen Seite gerne auseinandergenommen, werden für aus der Reihe tanzende Designs, wie dem Audi Q2 (für Fahrberichte zum Q2 schaut am besten hier und hier – ich musste leider kurzfristig die Fahrveranstaltung absagen), im Gegenzug aber genauso wenig belohnt. Freilich, mit Slogans wie „So geht Coupé“ hat man die Erwartungen im Vorfeld auch drastisch nach oben geschraubt und hört man sich an, was Audi zum A5 und S5 Coupé so zu sagen hat, wirkt es eher, als hätte man damit eine Standardanleitung gemeint, in welcher alle relevanten Bestandteile für ein Coupé so zu finden sind, dass daraus eben genau das wird: ein Coupé. Völlig humorlos und deutsch wurden fein säuberlich alle Coupé-Merkmale erfasst, der Reihe nach geordnet und dann präzise abgearbeitet.
Dabei tut man Frank Lamberty, dem Designer, der auch bereits den ersten R8 zeichnete, damit so unfassbar Unrecht. Denn unterhält man sich nur wenige Minuten mit ihm, merkt man, mit wie viel Emotionen und Leidenschaft welche Linien gezogen wurde, was Kraft, was Souveränität und was Ruhe und Gelassenheit ausdrücken soll. Und so betrachtet funktioniert er eben doch ganz gut. Es ist eben, wie es mit den meisten aktuellen Audis so ist: auf den ersten Blick sehr ähnlich. Nimmt man sich aber mal die Ruhe und die Zeit, die Linien, Furchen und Kanten zu erkunden, wird das Design mit jedem Blick stimmiger und eigenständiger. Diese schlanke Designevolution allerdings mit „es ist eben eine Ikone“ zu verargumentieren – sorry, Ingolstadt, da rennt ihr in eine Sackgasse. Ikone hü oder hott entscheidet letztendlich immer noch der Markt, nicht das Produktmarketing.
Nun aber zum sehr viel relevanteren Teil, denn ein Coupé muss nicht nur gut aussehen, sondern seinem optischen Anspruch auch fahrerisch gerecht werden. Für den ansprechenden Vortrieb sorgt dabei ein nagelneuer V6-Turbomotor, welcher damit das Kompressortriebwerk des Vorgängers ablöst. Der Vorteil des Kompressormotors – das direkte Ansprechverhalten – als auch sein Nachteil – der Leistungsverlust, den der Kompressor dem Motor abverlangt – werden damit ein Stück weit eliminiert. Ganz klar, in Sachen Effizienz hat das neue Triebwerk die Nase vorn und ist technologisch ohnehin äußerst spannend aufgestellt. Denn der neue Motor arbeitet im so genannten B-Zyklus, welcher im Grunde eine Weiterentwicklung des Miller Zyklus darstellt.
Kurz gesagt werden die Einlassventile dabei sehr früh geschlossen, um so eine niedrigere Zylinderfüllung zu erreichen und im Endeffekt mit der im Verhältnis längeren Expansionsphase mehr Expansionsenergie nutzen zu können. Dafür hat man einige Tricks und Kniffe angewendet und auch der Turbolader unterstützt fleißig – wer im Detail wissen möchte, wie es funktioniert, darf gerne Fabians Text in der autorevue nachlesen.
Trotz Anordnung im Innen-V der Zylinderbänke, ist das Ansprechverhalten des TwinScroll-Laders aber eben genau das: das Ansprechverhalten eines Turboladers. Sprich: es fehlt einfach das direkte unmittelbare, das man sich so sehr wünscht. Gas muss man in der Kurve gefühlt also immer ein kleines bisschen früher anlegen, als man es eigentlich tun würde, was jedoch ohnehin auch dem Verhalten des permanenten Allradantriebs entgegenkommt. Denn erst unter Last verteilt die mechanische Sperre am Heck (das aufpreispflichtige Sportdifferenzial) zusätzlich zum Mittendifferenzial die Antriebskräfte so, wie man sie gerne haben möchte. So ganz hecklastig wird das S5 Coupé damit zwar nicht, doch Untersteuern hält sich auch weitestgehend in Grenzen. Und das, obwohl der Motor eigentlich immer noch dort sitzt, wo er eigentlich nicht hingehört: vor der Vorderachse.
Im kurvigen Geläuf stellt sich das S5 Coupé aber nicht zuletzt auch dank seiner (erneut aufpreispflichtigen) adaptiven Dämpfer optimal auf die Umgebung ein. Die Dynamiklenkung mit variabler Übersetzung, das fein abdämpfende Fahrwerk und die gut arbeitende Vorderachse lassen das Coupé durchaus flink um die Kurven rauschen. Allerdings fehlt dabei immer so ein bisschen die wirkliche Verbindung zwischen Dir und dem Asphalt, fühlst dich isoliert und vom Geschehen losgelöst. Das macht das S5 Coupé auf der Autobahn natürlich zu einem hervorragenden Gleiter, verwehrt Dir auf der Landstraße aber das nötige Quäntchen Fahrspaß.
Das ist schade, denn eigentlich hat es hier alles an Bord, was es zum Glücklichsein braucht. Die hervorragend guten S-Line-Sportsitze bieten guten Seitenhalt und massig Komfort und der Motor erst. Auch wenn er nicht ganz das Ansprechverhalten seines Vorgängers hat: akustisch betrachtet ist er eine Bereicherung beschleunigt er doch sanft grummelnd aus dem Drehzahlkeller heraus, stemmt bereits ab 1370 Umdrehungen seine 500 Nm auf die Kurbelwelle und tönt nach oben raus frohlockend, wie es ein Vausechser eben so typischerweise tut. Sonor und hervorragend zu seinem Charakter passend.
Apropos Charakter, denn es bleibt ja die Frage was das S5 Coupé denn nun sein will – oder anders: was es ist. Sportwagen? Na, vielleicht nicht ganz. Sportliches Coupé? In jedem Fall! Vielmehr – und das ist eigentlich eine Ehrung – ist das Audi S5 Coupé aber vor allem ein gelungener GT. Meilenfressen – gar kein Problem. Spaß haben: auch möglich. Kurven räubern: geht auch. Wer sich also damit abfinden kann, dass der Zeiger auf der Fahrspaß-Fahrdynamikskala eventuell ein wenig mehr Richtung Komfort denn reiner Fahrdynamik ausschlägt, der dürfte mit dem S5 Coupé glücklich werden. Über das Design muss sich jeder potenzielle Käufer ganz für sich im Klaren sein. Doch mit seinem Virtual Cockpit, dem feinen Innenraum, der klaren Optik und den sportlichen Anlagen kann man ansonsten hier nichts falsch machen. Und für die, welche den Fahrdynamikzeiger eher auf der sportlichen, statt der komfortablen Seite ausschlagen sehen möchten, wird es ja noch ein RS5 Coupé geben…
Was andere vom Audi A5 und S5 Coupé so halten
- MotorOli: Erste kurze Kaffeefahrt Audi A5 Coupé 3.0 TDI & S5 Coupé
- #ilovecars – Audi S5 Coupé 3.0 TFSI quattro Test
- NewGadgets.de – Audi A5 und S5 Fahrbericht
Text: sb
Fotos: sb/Werk
Technische Daten
Audi S5 Coupé 3.0 TFSI quattro tiptronic
- Motor-Bauart:
- V6-Zylinder-Ottomotor mit Aluminium Zylinderkurbelgehäuse und Benzindirekteinspritzung, DOHC, Abgasturboaufladung, bedarfsgeregeltes Hochdruck- und Niederdruck-Kraftstoffsystem (4 Ventile pro Zylinder), variable Einlassventilverstellung AVS, direkte Ladeluftkühlung
- Hubraum:
- 2.995 cm³
- Leistung:
- 260 kW / 354 PS bei 6.400 U/Min
- Drehmoment:
- 500 Nm bei 1.370 – 4.500 U/Min
- Höchstgeschwindigkeit:
- 250 km/h
- Beschleunigung (0-100 km/h)
- 4.7 Sekunden
- Verbrauch (innerorts / ausserorts / kombiniert):
- 9.9 L / 6.0 L / 7.4 L E10 (ROZ 95)
- Grundpreis Audi S5 Coupé 3.0 TFSI quattro tiptronic:
- 62.500 €
- Leergewicht:
- 1.690 kg
- Max. Zuladung:
- 425 kg
- Abmessungen (Länge/Breite/Höhe):
- 4.692 mm / 1.846 mm / 1.368 mm
Disclosure zur Transparenz
Ich wurde von Audi nach Porto, Portugal eingeladen. Reisekosten, Verpflegung und Übernachtung wurden von Audi übernommen. Der Text spiegelt meine persönliche Meinung wieder.
25 Kommentare
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Wieso 2x hinsehen? Sieht man ohne Probleme das das der neue ist ….
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