Was mussten die Franzosen, die Jungs und Mädels bei Renault Sport in Dieppe, Prügel kassieren. Der Renault Clio RS der vierten Generation wurde zum Paradebeispiel dafür, was passiert, wenn das Produktmarketing die Oberhand über die Entscheidungen der leidenschaftlichen Petrolheads gewinnt. Mit dem Clio RS Trophy sollen die aufgerissenen Wunden nun verarztet werden. Ob’s klappt? Das konnte ich unter anderem auf der Nürburgring Nordschleife herausfinden.

Renault Clio IV RS Trophy 220 Nürburgring Nordschleife Tracktest

Eigentlich ist es sehr bedauernswert, was da beim Clio RS der vierten Generation passierte. Den Vorgänger konnte man nur lieben: ein hochdrehender Sauger, der die Trompeten von Jericho vor Neid erblassen lässt, ein Fahrwerk, welches auch heute noch der oder zumindest nah am Benchmark dieser Klasse ist. Dann kam die Generation Vier und machte alles schlechter. Alles. Der Sauger wich einem Turbo, der wenig Charakter vorzuweisen hatte. Die knackige Handschaltung wich einem Doppelkupplungsgetriebe, das zwar den alten smart-Schaltboxen Konkurrenz machen konnte. Aber eben halt nur gerade so. Und das Interieur, das war zwar schon beim Clio 3 RS nicht besonders chic, wurde beim Vierer aber noch mehr in Richtung Billig-Plastik-Kitsch verunstaltet.

Mit dem Clio RS Trophy will man nun ein Teil der verlorenen Ehre wieder herstellen, will zeigen, dass man den Ruf der Petrolheads gehört hat. Das Fahrwerk wurde schärfer abgestimmt, etwas mehr Vorspur vorn, etwas weniger davon an der Hinterachse, dazu noch straffere Dämpfer und vorn ging es 20, hinten 10 Millimeter näher in Richtung Asphalt. Dazu gibt’s eine direktere Lenkübersetzung (13,2:1 statt 14,5:1 beim Clio RS) und 20 PS mehr, 220 in der Summe, indem ein größerer Turbolader verbaut, die Ansaugkanäle strömungsoptimiert wurden und letztlich – eh klar – die Software der Motorsteuerung angepasst wurde. Das klingt in der Theorie alles ganz fein, also bleibt nur: einsteigen und den kleinen auf den Zahn fühlen.

Nicht laut, kein Saugergeschrei und doch: Gänsehaut!

Mit einem sanften Grummeln erweckt der 1,6-Liter-Turbomotor dabei zum Leben – für mich ein fast nostalgisches Geräuscht, erinnert der Klang – zumindest so beim Start – doch stark an den Megané RS. Darüberhinaus ist der kleine Motor akustisch genau nach meinem Geschmack: dumpfes, grummliges Knurren gepaart mit wildem und räudigem Turbofauchen, das dich so dermaßen unter Strom setzt, dass Du nur immer schneller und schneller willst.

Überhaupt: was inzwischen aus dem kleinen Motor geworden ist, ist doch ziemlich beeindruckend. Wie der kleine untenrum bereits anschiebt, schnell sein sich sehr massig anfühlendes Drehmoment bereitstellt, die Drehzahlskala emporklettert und dann hart schnatternd ein Begrenzerstakkato zelebriert – großes, großes Kino im kleinen Auto. Der Motor ist der perfekte Beweis, dass Downsizing funktioniert – zumindest in dieser Hinsicht.

Und dann stürmst Du auf die erste Kurve zu, lenkst ein und jubilierst darüber, wie spitz das Teil der vorgegebenen Richtung folgt, fühlst Dich an so manchen Supersportler erinnert, so scharf, wie die Vorderachse einlenkt, so konsequent, wie sie danach die Spur vorgibt. Das Heck lädt zum Tango, holt ein wenig aus und leicht stampfend dämpft der Trophy über die Fahrbahnunebenheiten.

Auf der Landstraße ist der Clio RS Trophy zu einer echten Granate geworden, hält dich weit von jedem Untersteuern fern. Das Getriebe tanzt lässig mit, zimmert mit einem dumpfen Frotzeln im Sportmodus den nächsten Gang ein, ist beim Runterschalten aber immer noch eher von der etwas gemütlicheren Sorte. Immerhin: im Sportmodus gibt es da wenig zu tadeln, im Normalmodus kann es dagegen schon mal etwas nerven, gerade wenn es beim Anfahren manchmal übermäßig gern die Kupplung schleifen lässt.

Das ordentlich dicke Lenkrad liegt dabei auch gerade hier auf der Landstraße vorzüglich gut in der Hand und die Trophy-Sportsitze bieten ausreichend Seitenhalt, umklammern dich, wie es sonst nur ein Stalker mit seinem Opfer tun würde. Ohne Frage: hier, auf der Landstraße funktioniert der Clio RS Trophy 220 nun endlich wirklich richtig gut. Die spannende Frage ist: wie sieht es mit den Trackday-Enthusiasten aus, den Touristenfahrern, den Sportfahren, die sie den Clio 3 RS alle so innig geliebt haben?

Renault Clio IV RS Trophy 220 Nürburgring Nordschleife Tracktest

Handschuhe an, ab geht’s auf die Nordschleife!

Zeit, die Handschuhe auszupacken, die Reifen warmzufahren, den Druck einzustellen und sich an der Zufahrt der Nordschleife einzureihen. Per RS-Schalter wird der Race-Mode ausgewählt: Sicherheitssysteme halten sich nun aus dem Geschehen raus und Motor und Getriebe sind komplett auf scharf gestellt. Gut, dass man per RS-Monitor (der bei etwa jedem 4. Fahrzeugstart den Dienst verweigerte) auch die Gaspedalkennlinie und die Lenkkraftunterstützung konfigurieren kann. Denn die besonders scharfe Gaspedalkennlinie, die im Race-Modus standardmäßig vorgewählt ist, gaukelt zwar ein tolles Ansprechverhalten vor, ist aber dann, wenn es auf Präzision ankommt, viel zu schlecht dosierbar. Also besser auf eine lineare oder progressive Kennlinie wechseln.

Renault Clio IV RS Trophy 220 Nürburgring Nordschleife Tracktest
Foto: Martin Stollenwerk – tourifotos.de

Danach geht es schon ab auf die Nordschleife und es heißt: Feuer frei! Und schon von T13 bis durch den Hatzenbach hindurch macht sich ein bedeutender Unterschied zur Straße bemerkbar: Untersteuern bekommst Du, ob Du willst oder nicht. Zumindest mit der Serienbereifung, den Michelin Pilot Super Sport – optional ist der Trophy hierzulande auch mit Dunlop Direzzas bestellbar. Es ist kein dramatisches Untersteuern aber eben trotzdem noch da. Und Du wirst es nicht allzu leicht los. Denn auf eine mechanische Sperre wurde auch beim Trophy-Modell verzichtet. Rein für die Traktion wäre das okay, denn davon hat der Clio trotz seines kräftigen Drehmoments von 280 Nm genug und er bringt seine 220 PS erstaunlich gut auf die Staße. Doch die Sperre wäre ein gutes Hilfsinstrument, um am Grenzbereich mit leicht anliegendem Gas eben noch diese kleinen Impuls in die Kurve hinein zu erzeugen. Als Fahrer bist Du umso mehr gefordert, sauber und präzise die richtigen Eingaben zu machen, ohne die Vorderachse zu überfahren.

Renault Clio IV RS Trophy 220 Nürburgring Nordschleife Tracktest

Die Dämpferabstimmung ist zudem schon durchaus sehr straff, für die Nordschleife hart an der Grenze, im Alltag – gerade auf der Autobahn – erst Recht. So manchen Curb kann man mit dem Trophy nicht so ohne weiteres mitnehmen, wird nicht so einfach weggeschluckt, wie es ein Golf GTI Clubsport S tut. Dafür punktet der Clio mit erstaunlich viel Stabilität, die man von diesen eher spitz abgestimmten Fronttrieblern kaum gewohnt ist: das Schwedenkreuz bringt den Trophy kaum aus der Ruhe, in der Fuchsröhre musst Du nur ein bisschen die Arschbacken zusammenkneifen.

8:18 BtG – und da geht noch was

Noch erstaunlicher ist dann wieder der Motor: mit welcher Vehemenz er vor allem das Kesselchen hochschiebt, kurz vor der Mutkurve ziemlich nah an der 200er-Marke kratzt, zeugt das doch sehr vom kräftigen Auftritt dieses kleinen Triebwerks. Und am Ende steht dann nach der 2. überhaupt mit dem Clio RS Trophy gefahrenen Runde auf der Nordschleife eine Bridge-To-Gantry-Zeit von 8:18 Minuten auf dem Laptimer. Das zeigt, wie viel Vertrauen der Clio dir schenkt, aber vor allem: wie flott er dann doch geworden ist. Und das, obwohl die wirklich kritischen Streckenabschnitte (Flugplatz, Schwedenkreuz, Mutkurve, PG2) eben nicht auf 100% gefahren wurden – schließlich wollte ich dem Renault-Presseteam ihren Matt-Everest-Weißen (1.600 Euro Aufpreis) Clio nicht auf einem Bongard-LKW zurückbringen müssen.

Doch, wo Licht ist, ist auch Schatten. So sehr man sich bemüht hat, die fahrerischen Mängel auszubügeln, umso schwerer wiegen beim nicht ganz so günstigen Preis immer noch die Mängel beim Rest: wie oben bereits geschrieben, verweigerte der RS-Monitor öfter den Dienst, als es beim notwendigen Aufpreis (290 Euro zusätzlich zu 690 Euro für das Navigationssystem) angebracht wäre, der Gangwahlhebel fühlt sich immer noch an, wie ein Joghurtbecher, das Material auf dem Armaturenbrett würde eher zu einem Allwetterauto ohne Dach passen, als zu einem dessen Innenraum nicht ständig Wind und Wetter ausgesetzt ist und eine erfolgreiche Verbindung eines iPhone 6(S) per Kabel war ebenfalls nicht möglich.

Fazit

Ist der Renault Clio RS Trophy 220 also endlich das Tracktool, das sich alle Hardcore-Fans so sehr gewünscht haben? Jein! Das Setup ist in jedem Fall ein Sprung nach vorne in Vergleich zum normalen Clio RS. Mit Semis ausgestattet dürfte auch das Untersteuern kein Problem mehr darstellen (so scheint es ja auch im SportAuto Test gewesen zu sein) und in jedem Fall macht er auf der Nordschleife sehr viel Spaß, sofern man das Untersteuern in den Griff bekommt. Ein wenig Feintuning mit dem Reifendruck hätte da sicher noch ein Stück weit helfen können. Aus fahrdynamischer Sicht also: ja, mit einem Trophy im Namen, darf der Clio RS durchaus wieder für Enthusiasten in Erwägung gezogen werden, wenn da nicht die kleinen Mängel wären.

Das Problem ist aber: der Clio RS Trophy, der es fahrdynamisch besser kann als der Clio RS, kostet mindestens 24.490 Euro – für keine 4.000 € mehr gibt es (noch) den Megané RS. Der finanzielle Abstand zwischen den beiden ist einfach zu klein (zumal bei knapp unter 30.000 Euro Testwagenpreis), der fahrdynamische immer noch zu groß. Die Befürchtung ist klar: der neue Megané RS wird den finanziellen Abstand vergrößern, den fahrdynamischen aber möglicherweise verringern. Insofern, solange es noch geht: Megané kaufen, solange es noch geht, auch wenn es eigentlich ein unfaires Urteil für den inzwischen wirklich empfehlenswerten Clio RS Trophy ist.

Renault Clio IV RS Trophy 220 Nürburgring Nordschleife Tracktest

Worin er besticht

Ja, das Handling ist deutlich besser geworden, die Fahrdynamik kann nun besser mit dem Ruf mithalten, das Highlight ist aber der kräftige und gut ansprechende Motor. Schiebt, drückt und dreht so, wie man es sich gerne wünscht!


Worin er nicht überzeugt

Ein träges, buntes Infotainment, das es angeblich kann, trotzdem nicht mit dem iPhone kommunizieren will, hier und da zweifelhafte Verarbeitung und eine fragliche Materialwahl an einigen Stellen. Nein, bei dem Preis müsste aller fahrdynamischen Qualitäten zu Trotz auch hier ein wenig mehr geboten werden.

Renault Clio IV RS Trophy 220 Nürburgring Nordschleife Tracktest

Text: sb
Fotos: Marcel Langer – marcellanger.comfacebook; Martin Stollenwerk – tourifotos.de

Wertung

7.7/10
  • Fahrdynamik: 7
  • Fahrspaß: 8
  • Sound: 8
  • Verarbeitung: 3
  • Komfort: 3
  • Ausstattung: 4
  • Verbrauch: 6
  • Preis/Leistung: 5
  • Persönliche Anziehungskraft: 7
Mein passion:driving Wertungsschlüssel spiegelt meine subjektive Einschätzung des Testwagens in verschiedenen Kategorien wieder. Die fahrdynamischen Qualitäten spielen dabei eine große Rolle. Trotzdem wird ein Auto nur durch Performance keine 10er-Wertung erhalten können. Hier gibt es mehr Informationen zum Wertungssystem.

Technische Daten

Renault Clio R.S. Trophy EDC 220

Motor-Bauart:
Reihenvierzylinder DOHC Turbomotor mit Direkteinspritzung
Hubraum:
1.618 cm³
Leistung:
162 kW / 220 PS bei 6.050 U/Min
Drehmoment:
280 Nm bei 1.750 U/Min
Höchstgeschwindigkeit:
235 km/h
Beschleunigung (0-100 km/h)
6.6 Sekunden
Verbrauch (innerorts / ausserorts / kombiniert):
7.6 L / 5.1 L / 5.9 L Premium-Benzin (ROZ 100+)

Grundpreis Renault Clio R.S. Trophy EDC 220:
24.490
Testfahrzeugpreis:
29.550
Testverbrauch:
11 Liter / 100 km über 2.147 km
Leergewicht:
1.279 kg
Max. Zuladung:
432 kg
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe):
4.090 mm / 1.732 mm / 1.434 mm

Disclosure zur Transparenz

Das Fahrzeug wurde mir freundlicherweise von Renault für den Test zur Verfügung gestellt. Der Test erfolgte unabhängig. Der Text spiegelt meine persönliche Meinung wieder.

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Autor

Gründer und überwiegender Texter hinter passion:driving. Leidenschaftlicher Car-Nerd, immer auf der Suche nach dem Rande des Kammschen Kreises und viel zu häufig auf irgendwelchen Rennstrecken unterwegs. Anglophil veranlagt, liebt britische Sportwagen und fährt eine Lotus Elise S1, um das eigene, eher nachteilige, Leistungsgewicht wieder auszugleichen. Neben passion:driving schreibt er als freier Autojournalist (Mitglied im Verband der Motorjournalisten) auch für die heise autos und andere Publikationen.

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