Wenn’s um sportliche Audis geht, ist das immer so ein Wechselbad der Gefühle. Nehmen wir den aktuellen RS3: was wurde der vom Marketing hochikonisiert, von der Medienlandschaft bei der Fahrvorstellung gefeiert, um dann erst mit den richtigen Einzeltests zu sagen, dass er ja doch en bisserl viel untersteuern tut und keine gar so lose Hinterachse hat, wie es das Pressematerial vorgab – und wie es damit so zahlreich geschrieben wurde. Dass der MQB auch unterhaltsam kann, zeigte zuletzt schon der VW Golf GTI Clubsport, für die Kombination Audi, MQB und Sportlichkeit gibt es nun eine letzte Chance: den Audi TT RS.

Audi TT RS Cabrio 2016 Nardograu

Immerhin scheint man bei Audi in vielerlei Hinsicht gelernt zu haben. Zu erst einmal mit der Gestaltung des Pressematerials. Denn Prügel bekamen die Ingolstädter nicht zuletzt auch dafür, dass mit dem Haldex-System auch kontrollierte Drifts möglich sein. Darüber habe ich mich im RS3-Text noch ausführlich ausgelassen. Nun hat man es etwas treffender formuliert: auf Untergrund mit niedrigem Reibwert seien kontrollierte Drifts möglich. Das reicht, damit Nerds wie ich nicht mehr moppeln und hält gleichzeitig die Chancen aufrecht, dass irgendwelche anderen Medien halt doch was von Drifts schwurbeln.

Tatsächlich aber hat man mehr Mühe investiert, als nur die Aussagen in der Pressemappe unverfänglich zu halten. In erster Linie hat man nämlich dort Arbeit hineingesteckt, wo die Frontmotor-Audis bisher ihre meiste Mühe hatten, eine saubere Vorstellung abzuliefern: an der Vorderachse. Das lag nicht etwa daran, dass die Vorderachse besonders schlecht konstruiert sei, sondern immer viel zu viel Gewicht vor sich her schieben musste. Denn einerseits war der Fünfzylinder nie ein besonders leichtes Motörchen, andererseits sitzt der Motor leider nicht hinter der Vorderachse. Wer einmal einen vollen Einkaufswagen in eine Kurve zu zwingen versucht hat, dürfte sich gut vorstellen können, was gemeint ist.

Deshalb wurde der Motor komplett neu konstruiert. Der gesamte Block ist nun aus Aluminium, Anbauteile wurden erleichtert, sodass in Summe 26 Kilogramm eingespart werden konnten. Außerdem wurde die Lamellenkupplung des Haldex-Allradsystems an die Hinterachse verschoben, um die Achslastverteilung weiter zu optimieren. Die 1.515 Kilogramm Leergewicht (inklusive Fahrer) verteilen sich dadurch zu 58 Prozent nach vorne und 42 Prozent nach hinten. Zum Vergleich: der Vorgänger musste noch 35 Kilogramm mehr (bei 60 PS weniger) mit sich herumtragen, die sich zu allem Übel noch zu etwa 60% an die Vorderachse klammerten. Das klingt in Zahlen ausgedrückt nun recht marginal, Fahrdynamikfans aber wissen: diese kleinen Unterschiede können viel ausmachen.

In der Theorie dürften sich diese Änderungen also positiv auf das Fahrverhalten auswirken und: das tun sie! Den Fünfender gezündet, Gang rein und Abflug: der Circuito del Jarama will als Teststrecke für den kompakten Sportwagen dienen. Soviel steht fest: der TT RS marschiert ordentlich vorwärts – bei 400 PS wäre das aber auch nicht anders zu erwarten. In der ersten rechts, eine enge Spitzkehre zeigt sich dann schon die erste Besserung. Denn Untersteuern kennt der TT RS unter Last quasi gar nicht mehr. Unter Volllast bleibt er komplett neutral und zieht sich heftig aus der Kurve heraus. Doch schon in Varzi, einem schnellen Rechtsknick, aus dem man direkt in die LeMans-Linkskehre hineinbremst, bietet sich die erste große Überraschung: der Hintern wackelt! Und die Überraschung wird besser, wenn man den Lastwechsel zum Einlenken nutzt, denn plötzlich kennt der TT RS ein Eigenlenkverhalten, eine bewegliche Hinterachse. Dinge, die MQB-Audis bisher völlig fremd waren. Großartig! Da stört es auch kaum noch, dass unter üblichen Bedingungen „nur“ 50% des Drehmoments hinten ankommen, sofern das Heck so zum Tanz bittet.

Dass die Vorderachse noch immer spärlich mit Fahrbahninformationen um sich wirft – sei’s drum. Wie fein der TT RS nun aber einlenkt und wie motiviert die Hinterachse folgt – ein Fest und es zeigt, dass Audi langsam endlich auf einem guten Weg ist. Einschränkend muss man allerdings festhalten, dass wir hier, auf der Rennstrecke, auf Semislicks von Pirelli, nämlich den P Zero Trofeo R unterwegs sind. Die sind zu beginn zwar noch nicht bestellbar, sollen aber nach Marktstart als Option verfügbar sein. Wann genau, das konnte man derzeit leider noch nicht beantworten.. Soll jedenfalls heißen: mit den regulären Straßenreifen kann das Fahrverhalten schon wieder gänzlich anders aussehen. Auf der Straße waren wir zwar mit den normalen Reifen unterwegs, allerdings war ich hier gewissermaßen eingebremst, sodass ich euch hier noch eine Aussage schuldig bleibe.

Auf der Strecke macht der TT RS nun aber so oder so eine wirklich, WIRKLICH gute Figur. Wer plant, einen TT RS regelmäßiger auf der Strecke auszuführen, wird ohnehin zu Semis greifen und in dieser Kombination funktioniert der neue wirklich gut. Die Keramikbremse bleibt zudem auch hier auf dem sehr fordernden Circuito del Jarama komplett ohne Schwächeerscheinungen. Was hier auf der Rennstrecke allerdings spürbar war: mindestens im Sportmodus regelt das ESP noch eifrig mit. Sowohl beim Einlenken in Form von Bremseingriffen am kurveninneren Rad, welche sich deutlich spürbar auf die Linie auswirken, dem Einlenkverhalten aber fraglos zu Gute kommen, als auch durch eine Art Drehmomentbegrenzung beim Herausbeschleunigen, selbst ohne spürbaren Schlupf. Wie sich das mit komplett deaktiviertem ESP fährt, lässt sich leider nicht sagen, da auf der Fahrveranstaltung auf der Rennstrecke das ESP nicht komplett abschaltbar war.

Allgemein ist das Fahrwerk angenehm straff, bietet aber deutlich besseren Restkomfort, als noch beim Vorgänger. Aus dem Heck tönt es allerfeinst, wie es eben nur ein Fünfzylinder tun kann und serienmäßig gibt es bereits eine Klappenabgasanlage, optional eine noch kräftigere Sportabgasanlage. Überhaupt ist diesem TT RS ein viel besserer Spagat gelungen, als noch seinem Vorgänger, um sowohl im Alltag, als auch bei flotter Landstraßenballerei oder der Rennstrecke zu funktionieren. Viel mehr noch: was der neue TT RS auf der Rennstrecke geleistet hat, lässt mich soweit gehen, ihn unbedingt mal auf der Nordschleife fahren zu wollen. Sicher, im direkten Vergleich gegen den 718 Cayman (S) wird der TT RS keinen Stich machen. Im Vergleich mit dem A45 AMG sieht es aber schon anders aus. Ja, die A-Klasse ist schnell, sehr schnell. Mein Tipp: der neue TT RS wird schaffen, woran der RS3 gescheitert ist und ähnlich flott sein. In jedem Fall ist er aber das emotionalere Paket, alleine dank des feinen Motors. Wer also bisher überlegt, irgendetwas aus diesem Konkurrenzumfeld anzuschaffen, sollte nun unbedingt einen Blick auf den TT RS werfen – auch (und jetzt mehr denn je), wenn er damit den ein oder anderen Trackday besuchen will. Für die Landstraße und die Autobahn rutscht der neue in der Fahrspaßwertung ohnehin weit nach oben. Sauber, Audi!

Was andere über den neuen Audi TT RS schreiben:

Audi TT RS Cabrio 2016 Nardograu

Text: sb
Fotos: sb/Audi

Technische Daten

Audi TT RS Roadster 2.5 TFSI

Motor-Bauart:
Reihen-Fünfzylinder-Ottomotor mit Benzindirekteinspritzung, Abgasturboaufladung mit Ladeluftkühlung (max. Ladedruck absolut 2,35 bar), Vierventil-Technik, zwei oben liegende Nockenwellen (DOHC)
Hubraum:
2.480 cm³
Leistung:
294 kW / 400 PS bei 7.000 U/Min
Drehmoment:
480 Nm bei 1.700 – 5.850 U/Min
Höchstgeschwindigkeit:
280 km/h
Beschleunigung (0-100 km/h)
3.9 Sekunden
Verbrauch (innerorts / ausserorts / kombiniert):
11.4 L / 6.8 L / 8.5 L SuperPlus (ROZ 98)

Grundpreis Audi TT RS Roadster 2.5 TFSI:
69.200
Leergewicht:
1.605 kg
Max. Zuladung:
245 kg
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe):
4.191 mm / 1.832 mm / 1.345 mm

Disclosure zur Transparenz

Ich wurde von Audi nach Madrid, Spanien eingeladen. Reisekosten und Verpflegung wurden von Audi übernommen. Der Text spiegelt meine persönliche Meinung wieder.

Mehr Sachen mit Sportwagen drin



Autor

Gründer und überwiegender Texter hinter passion:driving. Leidenschaftlicher Car-Nerd, immer auf der Suche nach dem Rande des Kammschen Kreises und viel zu häufig auf irgendwelchen Rennstrecken unterwegs. Anglophil veranlagt, liebt britische Sportwagen und fährt eine Lotus Elise S1, um das eigene, eher nachteilige, Leistungsgewicht wieder auszugleichen. Neben passion:driving schreibt er als freier Autojournalist (Mitglied im Verband der Motorjournalisten) auch für die heise autos und andere Publikationen.

20 Kommentare

Schreibe einen Kommentar