Der Renault Megané RS war lange Zeit der unangefochtene König unter den Hot Hatches. Es hat einige Jahre gebraucht, bis der VW Golf GTI Clubsport S letztlich den Franzosen endgültig vom Thron stoßen konnte. Und jetzt legt der geschlagene König endlich nach und schickt seinen Sohn in die Schlacht. Vorhang auf für den neuen Megané RS!

Neuer Renault Megané RS auf der IAA 2017 (RenaultSport)

Und Hand auf’s Herz: die Vorzeichen für den neuen standen nicht besonders gut, nachdem der Clio RS ein so großer Rückschritt im Vergleich zur Vorgängergeneration war (was man mit dem Clio RS Trophy immerhin ein stückweit wieder gutmachen konnte). Dass der neue Megané RS diesem Schema folgt, ist also eine durchaus berechtigte Sorge. Nachdem, was man nun erst einmal weiß, sieht es allerdings nicht allzu schlecht aus.

Neuer 1,8 Liter Turbobenziner

Aber von vorn: wie inzwischen fast üblich, wird es den neuen Megané RS nur noch als Fünftürer geben. Es bleibt allerdings beim Frontantrieb und, wie bereits beim Megané GT, wird es eine Allradlenkung „4CONTROL“ geben. Unter der Haube werkelt nun ein neuentwickelter 1.8-Liter-Turbomotor. Auch das ist interessant, denn es wurde spekuliert, dass man auf den 1,6er des Clio RS setzen würde. Der 1,8er produziert im Megané RS 280 PS und 390 Nm Drehmoment. Viel wichtiger ist jedoch, dass die Leistung nicht zwangsweise mittels Doppelkupplungsgetriebe an die Vorderachse übertragen wird, sondern auch weiterhin per Hand dirigiert werden darf. Beide Getriebevarianten kommen mit sechs Gängen.

In Sachen Fahrwerk verzichtet RenaultSport auf adaptive Dämpferei. Stattdessen gibt es serienmäßig eine speziell abgestimmte Kombination aus Federn und Dämpfern mit hydraulischen Endanschlägen. Dadurch kommt es zu keiner Rückfedern gerade auf schlechten Straßen, das Auto bleibt kontrollierbarer und gleichzeitig erhöht das generell etwas den Komfort, ohne dabei Sportlichkeit einzubüßen – eine Technologie aus dem Rallyesport. Wie bereits beim Vorgänger gibt es ein normales Sportfahrwerk und optional ein Cup Fahrwerk, das steifer abgestimmte Federn und Dämpfer beinhaltet und zudem ein mechanisches Sperrdifferenzial zwischen die Vorderräder zimmert.

Breitbau dank breiter Spur

Weiters wurde die Spur im Vergleich zum Megané GT an der Vorderachse um sechs (richtig gelesen: SECHS!) Zentimeter, am Heck um 4,5 Zentimeter verbreitert. Seitens RenaultSport ist man jedenfalls davon überzeugt weiterhin den Benchmark in Sachen Fahrwerk abzuliefern. Und das glaube ich den Franzosen sehr gern.

Neuer Renault Megané RS auf der IAA 2017 (RenaultSport)

Dieser mächtige Breitbau sorgt auch für Entwarnung was das Design angeht: war zu befürchten, dass der neue RS etwas zu zahm daherkommt, sind diese Befürchtungen nun für nichtig erklärt. Denn eine sechs Zentimeter breitere Spur will man erst einmal im Radhaus unterbringen. Und das heißt: mächtig breite Backen, fies breite Seitenschweller und eine scharf, aggressive RenaulSport Front. Am Heck sitzt die Abgasanlage – wie auch beim Vorgänger – mittig und faucht dort hoffentlich ebenso räudig und zornig in die Umgebung hinaus.

Mit stumpfen Waffen in die Schlacht?

In jedem Fall bedeutet der nun vorgestellte Megané RS, dass wir Hot Hatch Fans aufatmen dürfen. RenaulSport hat (scheinbar zumindest) nicht die Fehler vom Clio RS wiederholt. Trotzdem bleibe ich gespannt, was nun daraus wird: 280 PS, Frontantrieb, konventionelles Fahrwerk, mechanische Sperre.. Die Waffen sehen – zumindest auf dem Papier – etwas stumpf aus im Vergleich zu dem, was die Konkurrenz aus Japan und Deutschland zwischenzeitlich auf die Beine gestellt hat, lediglich die Allradlenkung sticht hier heraus, die in jedem Fall helfen dürfte, die lateralen Kräfte zu beherrschen. Entweder will sich RenaultSport bewusst (wie auch Hyundai mit dem i30N oder Ford mit dem Focus RS) aus der irrwitzigen Nordschleifenzeitenjagd heraushalten oder sie haben die Zutaten so fein abgeschmeckt, dass der Megané es auch so richten wird. Zuzutrauen wäre es der Mannschaf aus Dieppe.

Neuer Renault Megané RS auf der IAA 2017 (RenaultSport)

Vielleicht bleibt das alles aber auch dem für (voraussichtlich) 2018 angekündigten Megané RS Trophy vorbehalten. Der soll dann mit 300 PS auf den Markt kommen.

Text: sb
Fotos: Werk


Autor

Gründer und überwiegender Texter hinter passion:driving. Leidenschaftlicher Car-Nerd, immer auf der Suche nach dem Rande des Kammschen Kreises und viel zu häufig auf irgendwelchen Rennstrecken unterwegs. Anglophil veranlagt, liebt britische Sportwagen und fährt eine Lotus Elise S1, um das eigene, eher nachteilige, Leistungsgewicht wieder auszugleichen. Neben passion:driving schreibt er als freier Autojournalist (Mitglied im Verband der Motorjournalisten) auch für die heise autos und andere Publikationen.

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