In Genf wird in Kürze der neue Kia cee’d vorgestellt und ich vermute, die Koreaner werden wieder einen großen Schritt machen. Wenn die neue Generation in den Startlöchern steht, werden die Deals für die auslaufende Generation besonders attraktiv. Grund genug, noch einen letzten Blick auf die aktuelle Generation zu werfen.
Eigentlich hätte ich diesen Absatz nun gerne mit dem Satz „Leistung altert nicht“ begonnen. Doch das wäre falsch. Denn, wenn wir mal ehrlich sind, wurden die Leistungsschrauben in den vergangenen zehn bis fünfzehn Jahren gewaltig durch die Hersteller angezogen. Mehr als 100 PS, was seinerzeit mal recht stattliche Fahrleistungen für Kleinwagen bedeutete, sind heute als moderates Mittelmaß zu betrachten. Kompaktwagen leisten inzwischen mehr, als ein Porsche 911 996 – mit „S“ hinterm Carrera.
Und auch, wenn sich die Kompaktklasse in den letzten 5 Jahren gegenseitig noch einmal ordentlich hochgepusht hat, sind die 204 PS des cee’d GT nach wie vor auf einem gesunden GTI-Niveau. Und so viel Offenheit muss schon sein: mehr möchte der cee’d GT auch gar nicht sein. Ein etwas sportlicher, knackiger Kompakter, sicher aber keine Rundenzeitenfeile.
Dezent statt aufdringlich
Diese Einordnung macht er auch bereits von außen klar. Sportliche Akzente gibt’s, Anabolika-geschwängerte Muskeln hingegen nicht. Er zeigt sich etwas sportlicher, als seine Verwandten, fällt aber nicht mit der Tür ins Haus. Das macht ihn so zu einem regelrechten Underdog. Der Nachteil ist aber auch: es fehlt ihm halt ein bisserl der Pepp.
Ähnlich im Innenraum, wo sich der GT nur durch feine Details von seinem Bruder unterscheidet. Im ohnehin sehr aufgeräumten Innenraum gibt’s ein sportlicheres Lenkrad mit „GT“-Logo und Klavierlackeinsätzen. Wer’s mag – ich bin persönlich kein Fan von Klavierlack, erst recht nicht dort, wo ich regelmäßig mit den Fingern unterwegs bin. Solange keine Fettschmieren drauf sind, schaut’s dafür ganz hübsch aus. Auffälliger sind dagegen die roten Nähte an Lenkrad, Tüverkleidungen, Sitzen und Schaltsack. Das bildet einen schönen Kontrast, zum ansonsten dunkel gehaltetenen Innenraum.
Apropos Sitze: die sind auch schon gleich das auffälligste Merkmal im Innenraum. Denn der GT kommt mit Sportsitzen von Recaro daher, welche mit einem Velour-Kunstleder-Bezug aufwarten. Das sieht nicht nur gut aus, es fasst sich auch gut an und man sitzt gar wunderbar darin. Sicher, auf Schalen-Niveau sind die Sitze sicher nicht, doch sie bieten bereits einen sehr guten Seitenhalt und sind vor allem auch erstaunlich komfortabel – auch dann, wenn es mal auf längere Touren geht.
Bequeme Sportsitze – feine Verarbeitung
Auf der Ausstattungsseite verwöhnt einen die GT-Variante bereits mit dem meisten, was die cee’d-Optionsliste so zu bieten hat: in der Ausstattungsvariante „Track“ (die Basis beim GT nennt sich „Challenge“) gehören bereits Tempomat, DAB Radio, Bluetooth Freisprecheinrichtung, Schlüsselloses Zugangssystem, Spurhalteassistent, Verkehrszeichenerkennung, Xenonscheinwerfer, Rückfahrkamera, 7-Zoll-Touchscreennavi, Kurvenlicht, automatisch abblendender Innenspiegel (rahmenlos!), 2-Zonen-Klimaautomatik, Sportsitze, beheizbares Sportlenkrad, Sitzheizung und andere Features zum Basisumfang. Geld lässt sich höchstens noch in einer nicht Basislackierung (570€) oder der optionalen Edelstahlsportabgasanlage (939€) investieren. Ansonsten kommt der cee’d GT Track zum Basispreis (28.590€) bereits mit allem, was das Herz begehrt.
Auf geht’s auf die Piste: am Lenkrad wird über eine Teste der „GT“-Modus aktiviert. Der ändert die Darstellung im rein Display-basierten Kombiinstrument in einen sportlicheren Modus, stellt Ladedruck & Co in den Vordergrund und spitzt darüberhinaus vor allem die Gaspedalkennlinie an. Die Lenkung wird zudem etwas straffer. Adaptive Dämpfer gibt’s keine, die Auswirkungen des Fahrdynamikschalters bleiben also überschaubar.
Zuallererst ein paar Worte zum Motor: der 1.6er Turbobenziner macht tatsächlich einen ganz guten Job. Die 204 PS vermittelt er glaubhaft und er lässt sich auch verhältnismäßig schön auf seiner Drehmomentwelle reiten – immerhin 265 Nm groß ist die. Doch eine Sache fällt immer wieder leicht störend auf: beschleunigt man aus dem Drehzahlkeller heraus, ist der Ladedruckaufbau insgesamt oft sehr ruppig. Die Klopfregelung in Verdacht, wurde der cee’d GT kurzerhand mit hochoktaniger 105er-Suppe der blauen Marke betankt, doch auch das brachte keine Besserung. Gespräche und Austausch mit Kollegen bestätigen den Eindruck. Irgendeine Stellschraube in der Ladedruckregelung sorgt für eine unharmonische Kraftentfaltung.
Ladedruck gibt’s in Dosen
Davon abgesehen gibt’s am 1.6er wenig zu meckern. Die Akustik ist angenehm rau und nicht zu laut, von außen klingt der cee’d GT – ist er erstmal warm – tatsächlich auch angenehm sportlich, ohne gleich aufdringlich zu sein. Überhaupt, wenn wir schon von der Akustik sprechen: erstaunlich ist das Geräuschniveau im Innenraum. Der cee’d ist ordentlich gearbeitet, kein Klappern, kein Scheppern, nichts. Vor allem aber halten sich auch Windgeräusche sehr zurück und machen sich nicht auffällig bemerkbar. So ist der cee’d GT auch dank seiner moderaten Fahrwerksabstimmung ein erstaunlich guter Langstreckenbegleiter.
Und damit kommen wir zum für mich immer so wesentlichen Punkt, dem Fahrwerk und der Fahrdynamik. Auf adaptive Dämpfer wurde, wie bereits erwähnt, verzichtet. Und die eher dezente Kriegsbemalung lässt vermuten, dass auch die Abstimmung des Fahrwerks eher zurückhaltend denn aggressiv ausgelegt wurde. Ein Langweiler ist der GT dadurch nicht. Er lenkt äußerst knackig und scharf ein, der Lenkimpuls wird sehr direkt umgesetzt und die Lenkung vermittelt ein angenehmes Feedback. Danach im weiteren Kurvenverlauf tut er es sich dann schon etwas schwerer, bleibt lange neutral, geht dann allmählich ins Unterteuern über. Lupfst du aber jetzt das Gas, fängt er sich sehr schnell und dreht sich minimal ein. Angst muss man also keine haben, plötzlich vom Heck überholt zu werden.
Dass eine Sperre jedem Fronttriebler in sportlichen Gefilden gut stehen würde – sei’s drum. Der cee’d GT kann dafür trotzdem mit einem erstaunlichen Maß an Traktion punkten, was sicher auch darauf zurückgeht, dass die Fahrwerksabstimmung und die Stabis nicht übermäßig steif ausgelegt wurde. Dadurch bewegt sich die Karosse zwar in Kurven ein Stück weit, sorgt mit dieser etwas weicheren Abstimmung aber dafür, dass der GT gerade auch auf schlechteren Landstraßen noch sehr gut funktioniert, sehr nahbar ist und nicht zu spitz ausgelegt ist.
Fazit
Überhaupt, sein Handwerk ist weniger das millimetergenaue Abrasieren des Banketts am Kurvenscheitelpunkt, als viel mehr das angenehme Durch-den-Alltag-bringen, stets in dem Wissen, dass man auch mal zwei Stufen runterschalten und etwas zügiger über die Landstraßen preschen kann. Er ist mehr ein „Warm Hatch“, denn ein „Hot Hatch“. Und ja, man merkt durchaus, dass der nun auslaufende cee’d ein paar Jahre auf dem Buckel hat. Ein paar der neuesten Assistenzsysteme fehlen ihm und man kann davon ausgehen, dass die Koreaner dem neuen Ceed (man verzichtet in der neuen Generation auf die eigentümliche Schreibweise) eine noch sportlichere Variante mitgeben werden. Zumindest lassen die sportlichen Ansprüche beim Schwestermodell Hyundai i30 ebendas vermuten. Mit einem Preis von deutlich unter 30.000 € und folglich jetzt erst recht guten Rabatten, einer Garantie von 7 Jahren, die für einen guten Werterhalt sorgt, kann man aber nicht anders, als auch jetzt noch eine Empfehlung auszusprechen – auch wenn das Nachfolgemodell bereits in den Startlöchern steht. Wer keinen rassigen Sportler, sondern einen sportlichen Alltagsbegleiter sucht, sollte sich den Kia cee’d GT unbedingt anschauen!
Wertung
- Fahrdynamik: 5
- Fahrspaß: 6
- Sound: 4
- Verarbeitung: 7
- Komfort: 7
- Ausstattung: 8
- Verbrauch: 4
- Preis/Leistung: 8
- Persönliche Anziehungskraft: 4
Technische Daten
Kia cee’d GT Track 1.6 T-GDi
- Motor-Bauart:
- Vierzylinder DOHC Turbobenziner mit TwinScroll-Lader und Direkteinspritzung
- Hubraum:
- 1.591 cm³
- Leistung:
- 150 kW / 204 PS bei 6.000 U/Min
- Drehmoment:
- 265 Nm bei 1.500 – 4.500 U/Min
- Höchstgeschwindigkeit:
- 230 km/h
- Beschleunigung (0-100 km/h)
- 7.6 Sekunden
- Verbrauch (innerorts / ausserorts / kombiniert):
- 9.7 L / 5.9 L / 7.4 L E10 (ROZ 95)
- Grundpreis Kia cee’d GT Track 1.6 T-GDi:
- 27.990 €
- Testfahrzeugpreis:
- 28.590 €
- Testverbrauch:
- 10.8 Liter / 100 km über 2.010 km
- Leergewicht:
- 1.485 kg
- Max. Zuladung:
- 503 kg
- Abmessungen (Länge/Breite/Höhe):
- 4.310 mm / 1.780 mm / 1.430 mm
Disclosure zur Transparenz
Das Fahrzeug wurde mir freundlicherweise von Kia für den Test zur Verfügung gestellt. Der Test erfolgte unabhängig. Der Text spiegelt meine persönliche Meinung wieder.
2 Kommentare
Du hast schon Recht, der cee’d GT ist ein richtig gutes Auto mit einem guten Kompromiss aus Sportlichkeit und Komfort.
Ich bin ihn 2015 auf der IAA kurz gefahren und war echt sehr positiv überrascht nachdem ich einen Tag zuvor den Hyundai Veloster fahren durfte. Während der Veloster ein sehr unausgewogenes Fahrwerk hatte und sich sehr schwach angefühlt hat, könnte der cee’d alles besser.
Optisch finde ich ihn auch immer noch sehr gut, die Bastuck Abgasanlage hört sich ganz gut an und das Gesamtkonzept passt einfach.
Würde ich ihn mir kaufen? Eher nicht. Sollte es sportlich sein, würde ich eher in Richtung Hyundai i30 N schauen, für ein eher komfortorientiertes Fahrzeug eher der aktuelle Opel Astra.
Ja, der Veloster war leider tatsächlich ein Graus. Der wird ja auch ein N-Modell bekommen, nicht aber hier in Europa. Hier lief das Ding einfach zu schlecht. Was IMHO aber nicht daran lag, dass das Konzept für Europäer zu fremd wäre, sondern weil das Auto einfach schlecht *ist*.
Den cee’d GT würde ich mir vermutlich auch nicht kaufen, dafür bin ich dann doch zu sportlich unterwegs. Das macht er zwar alles ganz gut, aber ich mag’s da etwas kompromissloser. Gerade aber auch im Alltag etc. war der cee’d GT ein toller Begleiter. Kann sportlich, ist aber vor allem wenig aufdringlich und gerade auch auf Langstrecke sehr stark.