Auf meine Begegnung mit dem schnellen Franzosen habe ich mich schon lange gefreut. Das Design des Mégane III Coupé hat uns von Anfang an begeistert und die Version mit den R.S. Insignien lockt zudem mit technischen Finessen, wie einem Sperrdifferenzial, 250 PS und knackiger Optik. Die Erwartungen waren hoch gesteckt – und sie wurden übertroffen.

Doch gehen wir in der Geschichte ein paar Kapitel zurück: vor 2 Jahren kam bereits der Mégane II in einer Sportversion daher. Der Franzose, welcher sich bei Kennern unter dem Kürzel R26.R einprägte, erreichte seinerzeit die schnellste Nordschleifenzeit eines Fronttrieblers mit einer Bestmarke von 8 Minuten und 17 Sekunden. Dabei hatte der Mégane II allerdings mit seinem etwas „speziell“ geformten Heck gleichermaßen auch recht viele Gegner, welche sich mit der Optik einfach nicht anfreunden konnten.

Als Renault letztes Jahr nun das neue Coupé des Mégane III präsentierte war klar, dass dieses neue Coupé viele Freunde finden wird. Wie schon beim Clio R.S. bietet die kleine Division „Renault Sport“ auch beim Mégane R.S. die Möglichkeit, sich „einfach nur“ Sport ins Haus zu holen, oder aber auch ohne Kompromisse ein Gefährt für die Rennstrecke zu ordern. Beim Clio R.S. wird mit dem entsprechenden Cup-Paket auf jegliches gewichtiges Schnickschnack verzichtet und ein noch härteres Fahrwerk verbaut. Beim Mégane wird mit dem optionalen Cup-Paket nicht nur ein steifer ausgelegtes Fahrwerk verbaut, sondern ein Sperrdifferenzial an der Vorderachse sorgt dafür, dass die 250 PS auch tatsächlich auf die Straße gebracht werden können.

Aggressive Optik und ein wuchtiger Auftritt

Optisch kommt der R.S. prächtig aggressiv daher. Er ist gute 5 Zentimeter breiter, als seine gediegeneren Kollegen ohne R.S. Aufschrift und präsentiert mit den schwarz lackierten Flügeln im Frontgrill eine Anlehnung an die Form der Frontflügel der Renault Formel 1 Rennwagen. Dazu prangt unter dem Heck ein großer Diffusor, welcher einen mittig eingelassenen Auspuff präsetiert, als wolle er sagen: „Schau mich ruhig genau an, lange wirst du mich nicht mehr sehen.“ Das und das wuchtig breite Heck lassen den Mégane R.S. in einer Erscheinung auftreten, die zwar nicht dezent, aber für einen Franzosen ungewohnt emotional daherkommt.

Zum Cup-Paket gehören auch schwarz lackierte 18-Zöller, welche bestens zur weißen Karosserie und dem schwarz lackierten Frontstoßfänger passen. Noch dazu zählen die rot lackierten Bremssättel und die geschlitzten Brembo-Bremsscheiben zu den äußerlichen Merkmalen, mit denen sich der R.S. in der Cup Version von allen anderen seiner Brüder hervorhebt. Oh mon dieu, kleiner Franzose, was machst du nur mit uns, dass du in uns diesen Drang weckst, sofort in dich einzusteigen, den Startknopf zu drücken und mit dir Spaß zu haben?!

Und auch nach dem Einsteigen, geht es nicht minder eindrucksvoll weiter. Dem Fahrer präsentiert sich ein sauber aufgeräumter Innenraum mit gut konturierten Sportsitzen und einer angenehm tiefen Sitzposition, wofür auch das Armaturenbrett im R.S. Modell 10mm abgesenkt wurde. Wer es ganz sportlich mag, kann optional auch Recaro-Schalensitze dazuordern, welche jegliches verrutschen quasi unmöglich machen dürften. Nichts desto trotz bietet aber schon die Serienbestuhlung einen ausgezeichneten Seitenhalt und Sitzkomfort, die nichts zu wünschen übrig lassen. Hat man nun erstmal auf den fabelhaften Sitzen Platz genommen, fällt einem sofort ein Lederlenkrad mit gelber Mittellagenmarkierung auf und lässt den Blick vorbeischweifen auf einen gelb unterlegten Drehzahlmesser. In der Mitte des Armaturenbrettes findet sich ein optionaler „R.S.-Monitor“, welcher das Rennsporterlebnis komplettiert: der Monitor gibt nicht nur Auskunft über „übliche“ Daten wie Wassertemperatur, sondern auch Öltemperatur, aktuell wirkende Beschleunigungskräfte, derzeitiger Ladedruck und ermöglicht die Erfassung von Rundenzeiten, sowie Beschleunigungstests (0-100 km/h, 400m) und vielem mehr.

Lebendiger Motor mit ordentlich Druck

Der gegenüber dem Vorgänger komplett überarbeitete Motor des R.S. holt aus 2 Liter Hubraum 250 PS. Ein Turbolader bläst mit mehr als 1,2 bar Luft in die Brennräume und erzeugt damit 340 NM Drehmoment, die schon ab 2.500 Umdrehungen fast voll anliegen. Wie ein Turbo fühlt sich der äußerst potente Motor dabei so gut wie nie an. Er spricht weitestgehend Verzögerungsfrei an und lässt sich auch relativ schaltfaul fahren, was vor allem auch der TwinScroll Technik des Turboladers zu verdanken ist. Einzig der fauchige Klang lässt vermuten, dass das Triebwerk zwangsbeatmet wird. Zwar kommt aus der hübsch anzusehenden Abgasanlage kein kräftig, tiefes Klangkonzert, das rauhe Motorgeräusch wird dafür aber bei Vollgas durch ein Fauchen untermalt, das seinesgleichen sucht und Nackenhaare aufstehen lässt. Hinzu kommt im Schubbetrieb ein gelegentliches Blubbern und Brabbeln im Auspufftrakt, was im Gesamtbild betrachtet auch eine optimale klangliche Verbindung zwischen Mensch und Maschine herstellt. Dabei wirkt der Sportler allerdings niemals aufdringlich oder penetrant. Bei ruhiger Fahrweise oder beim Stopp an der Ampel ist der Motor so gut wie nicht zu hören und verrichtet seinen Dienst in edler zurückhaltung.

Weniger zurückhaltend fällt dagegen der Verbrauch aus. Die kombinierten 8,4 Liter Super mögen bei normaler Fahrweise durchaus realistisch erscheinen, aber man wird von dem netten Franzosen immer wieder zu einer schorferen Fahrweise animiert, bei welcher dann auch Spitzenwerte von 20 Litern kein Problem sind und im Schnitt eher mit 11 Litern gerechnet werden muss.

Auf der Autobahn fehlt dem Mégane nach oben raus etwas Druck. Ab 210 km/h geht es hier schon nicht mehr ganz so flott vorwärts, es reicht aber nach wie vor, um die Nadel auch über die 250er Markierung wandern zu lassen, die angegebene Höchstgeschwindigkeit von 245 km/h erreicht er also in jedem Fall.

Ausgezeichnetes Fahrwerk, das sich von der Konkurrenz abhebt

Richtig spannend wird es beim Mégane allerdings erst dann, wenn man sich mit ihm auf kurvige Strecken traut. 250 PS, die an der Vorderachse zerren, sind normalerweise nicht unbedingt eine optimale Kombination. Während VW & Co. mit elektronischen Pseudo-Sperdifferenzialen arbeiten, verrichtet im Mégane R.S. ein im Cup-Paket enthaltene mechanisches Sperrdifferenzial mit bis zu 35% Sperrwirkung seinen Dienst. Das bewirkt, dass der Grip des Mégane auch in engen Kurven geradezu fantastisch ist, der R.S. zieht sich regelrecht jede Kurve hinein. Dabei ist der mit 1360 kg relativ leichte Franzose stets der Neutralität verpflichtet. Weder plötzliche Heckschwenks, noch ein stark untersteuerndes Verhalten muss man befürchten. Selbst abrupte Lenkmanöver in hohen Geschwindigkeitsbereichen können das knackige Heck des Mégane R.S. nicht aus der Ruhe bringen. Gemeinsam mit dem Sperrdiff macht der Renault unglaublich viel Spaß und giert geradezu nach der nächsten Kurve. Das überhaus hohe Gripniveau und das fantastische Fahrgefühl bietet kaum einer seiner Konkurrenten. Höchstens der 55 PS stärkere Focus RS kann hier noch ein Wörtchen mitreden.

Erfreulicherweise hat die R.S. Abteilung beim Topmodell allerdings nicht nur ein wenig nachgearbeitet, sondern auch die Konstruktion der Vorderachse komplett verändert. Dank einer ISAS (Independent Steering Axis System) Vorderachse, wie auch beim Focus RS, wirken quasi keine Antriebseinflüsse auf die Lenkung. Dazu wurden im Cup-Paket noch dickere Stabis verbaut, welche die Seitenneigung, aber auch den Fahrkomfort, reduzieren. Einzig die Lenkung könnte ein wenig mehr Feedback vermitteln und der (äußerst standfeste) Brembo-Bremsanlage würde ein etwas genauer definierter Druckpunkt gut tun. Trotz allem bietet der R.S. aber ein fahrerisches Erlebnis, welches wir in der Form nur selten erleben konnten, erst recht bei einem Fronttriebler.

Um einen mit Cup-Paket ausgestatteten R.S. auch adäquat auf der Rennstrecke bewegen zu können, geht Renault auch bei den Sicherheitssystemen einen erfreulich anderen Weg, als etwa VW mit dem Golf GTI oder dem Scirocco: das ESP ist beim Renault komplett abschaltbar. Drückt man nur kurz den ESP-Schalter, geht das ESP in einen Sport Modus. Dieser bewirkt eine deutlich höhere Regelschwelle für das ESP und lässt auch das ABS erst sehr viel später ins Geschehen eingreifen. Auf Wunsch lässt sich mit einem langem Druck auf den ESP Schalter das gesamte System deaktivieren. Dem Fahrer wird dies durch ein freundliches Piepen bestätigt. Sehr nett ist auch, dass an den Sport-Modus des ESP eine aggressivere Gaspedalkennlinie geknüpft ist. Wer darüberhinaus über den R.S.-Monitor im Cup-Paket verfügt, kann darin zusätzlich noch unter insgesamt 5 verschiedenen Gaspedal-Kennlinien wählen.

Fazit

Der Mégane R.S. ist tatsächlich ein Sahnestück französischer Ingenieurskunst. Dabei ist das Coupé allerdings nicht nur mit feinster Technik gewappnet. Renault setzt, wie auch schon beim Clio R.S., ein deutliches Signal für alle Sportfahrer. Entweder man ordert einfach „nur“ einen sportlichen, kräftigen Kompaktwagen, vergleichbar mit dem Golf GTI, dafür aber abschaltbarem ESP, oder aber man ordert einen Mégane R.S. mit Cup-Paket und bekommt ein deutlich kompromissloseres Fahrwerks-Setup mit einem Sperrdifferenzial und kann sich auf der Rennstrecke darüber freuen, die Konkurrenz alt aussehen zu lassen. Gerade diese Einstellung, diese Möglichkeit, die Renault hiermit bietet, hebt den R.S. ganz klar von seinem gesamten Konkurrenzumfeld ab und ist dazu mit einem Preis von rund 28.000 Euro (inkl. Cup-Paket) auch deutlich günstiger als der Wolfsburger Wüstensturm. Eine aggressive Optik und eine hinreichende Alltagstauglichkeit sind ebenso gegeben, wohlgleich das Cup-Paket natürlich auch gewisse Nehmerqualitäten von seinem Fahrer fordert. Trotzdem lassen sich auch Langstrecken mit dem R.S. bewältigen und ein Lächeln zaubert einem der Franzose ohnehin nach jedem Einsteigen aufs Gesicht. Abschließend können wir nur applaudieren und Renault zu diesem gelungenen Wurf beglückwünschen. Selten hatte ich mehr Spaß mit einem Auto und fast noch nie konnte ein so potenter Fronttriebler soviel Spaß bei der Kurvenhatz bereiten, wie der Mégane R.S. – Fabuleux, ma chère Mégane!


Autor

Gründer und überwiegender Texter hinter passion:driving. Leidenschaftlicher Car-Nerd, immer auf der Suche nach dem Rande des Kammschen Kreises und viel zu häufig auf irgendwelchen Rennstrecken unterwegs. Anglophil veranlagt, liebt britische Sportwagen und fährt eine Lotus Elise S1, um das eigene, eher nachteilige, Leistungsgewicht wieder auszugleichen. Neben passion:driving schreibt er als freier Autojournalist (Mitglied im Verband der Motorjournalisten) auch für die heise autos und andere Publikationen.

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