VW hat mich nach St. Tropez eingeladen, um den neuen VW Golf Sportsvan zu fahren. Keine Ahnung, warum eigentlich. Aber das wusste man bei VW selbst wohl auch nicht so genau. Also ging es eher um „lifestyliges“. Wie 1.200-PS-Boote mit registeraufgeladenen Reihensechsern oder einen Shopping-Bummel durch St. Tropez. Gefahren bin ich ihn aber trotzdem, den Sportsvan. Um mich zumindest mit dem „Sport“ im Sportsvan zu beschäftigen.

VW Golf Sportsvan

Der neue VW Golf Sportsvan ist eigentlich ein neuer Golf Plus. Golf Plus klingt aber langweilig, weil das der Golf Plus vermutlich auch war. Also hat man sich beim Nachfolger auf Basis des Golf 7 gedacht, man macht jetzt alles anders. Flux ein „Sport“ in den Produktnamen gezaubert hier und da ein wenig was für Familienväter eingebaut, die eigentlich lieber GTI fahren würden, aber zumindest am Stammtisch das ein oder andere Argument brauchen, um das Sport im Sportsvan zu verargumentieren, sicherstellen, dass die bisherige Zielgruppe, nach Marketingsprech „Best Ager“, weiterhin mit dem Produkt ihre Freude haben, über das ein oder andere sinnvolle Detail nachdenken und fertig ist der VW Golf Sportsvan, der jetzt für alle geht: von jung und sportlich bis alt und knochig nicht mehr ganz so jung und sportlich.

VW Golf Sportsvan

„Jung und sportlich“ freut sich über allerlei Stammtischgimmicks

Für „jung und sportlich“ gibt es beispielsweise jetzt adaptive Dämpfer. Damit kann der Papa das Fahrwerk in drei Stufen von „Komfort“ über „Normal“ bis hin zu „Sport“ verstellen. Mit Sport hat „Sport“ natürlich nicht viel zu tun. Die Dämpfer straffen sich zwar spürbar, aber unter’m Strich schunkelt sich das Ding von Kurve zu Kurve, wie ein trinkwütiger Bayer auf dem Oktoberfest. Den Sinn dieser Einstellungsmöglichkeit habe ich nicht verstanden. Ein radikaler Sportwagen, der irgendwie den Kompromiss zwischen Härte und Alltagstauglichkeit finden muss, ist der Sportsvan nämlich nicht. Aber Papa hat halt ein Spielzeug mehr. Das wird es wohl sein. Dafür muss Papa aber auch ein bisschen bezahlen, im nackten Sportsvan für rund 19.000€ ist das alles freilich nicht enthalten. In der  Highline-Version für mindestens 29.000€ findet sich da schon das ein oder andere Extra mehr. Derer hat sich auch Lisa in ihrem hyyperlic-Artikel über den Sportsvan genauer angenommen

VW Golf Sportsvan DCC

Subwoofer für den Papa, WLAN für die Kinder

Aber „jung und sportlich“ freut sich auch über das „DYNAUDIO Excite“ Soundsystem mit zentralem Lautsprecher auf dem Armaturenbrett. Das klingt tatsächlich ganz fein und sorgt mit dem Subwoofer im Heck auch für ein paar Erinnerungen an frühe Tage, als Papa sich noch aus Holzbrettern seinen eigenen Kofferraumausbau zusammengezimmert hat. Das aus dem Golf 7 bekannte Infotainment ist natürlich sowieso nicht anzuprangern und erfreut die Kinder mit einer Smartphone-ähnlichen Bedienung und optional auch WLAN-Hotspot im Auto.

VW Golf Sportsvan Fond Heck Innenraum Rücksitze Rückbank

Wer hinten mitfährt darf sich aber auch über ein angenehmes Platzangebot freuen. Ob es nun die Kinder sind oder Papa dann doch mal die Kumpels zum Fußballspiel mitnimmt: Platz ist dahinten ausreichend vorhanden und die an den Rücklehnen der Vordersitze befestigten aufklappbaren Tische eignen sich zum Essen, Trinken und Arbeiten. Wenn dann doch mal niemand die Rücksitze belegt, lassen sich die vielfältig verstellen. Sowohl in der Tiefe (um 18 cm verschiebbar), als auch mit der Lehne. So lässt sich wahlweise für Insassen oder Gepäck der maximale Platz nutzen. Für das Gepäck kommen so maximal über 1.500 Liter zustande.

„Nicht mehr ganz so jung und sportlich“ freut sich über Übersichtlichkeit

Und dann gibt es ja noch die zweite Zielgruppe für den Sportsvan. Die dürfen sich vor allem über jede Menge Praktikabilität freuen und haben mit dem Tote-Winkel-Warner ein Extra verfügbar, dass es in der Klasse bisher noch nicht gibt. Zudem finden sich für sie jede Menge praktischer Haken, Schlitze für Parkhauskarten und beim Ausparken warnt der Ausparkassistent vor herannahenden Fahrzeugen.

VW Golf Sportsvan

Der VW Golf Sportsvan macht das also eigentlich alles ganz gut. Das „Sport“ darin ist trotzdem mehr Marketing als alles andere und das adaptive Fahrwerk so sinnvoll wie Butter auf dem Armaturenbrett. Die Motoren sind auch alle nicht die knallharten Bretter, sorgen aber für akzeptablen Vortrieb bei angenehmen Verbrauchswerten. Und dank erhöhter Sitzposition fällt das Einsteigen leicht und die A-Säule mit Dreiecksfenster und tief angebrachten Außenspiegeln bringt Pluspunkte bei der Übersichtlichkeit. Der Golf ist ein Golf. Auch der Sportsvan. Er macht halt alles richtig, was man von ihm erwartet. Das merkt man auch bei den Preisen. Einen Sportsvan für 19.000€ will wirklich niemand haben und die 40.000er-Marke ist auch schnell zu knacken.

Trotzdem: eigentlich ist er sogar der bessere SUV. Er bietet das, was als Argumente für SUV immer vorgebracht wird bei einer zumeist besseren Praktikabilität und echter Übersichtlichkeit. Nein, der Sportsvan ist nicht DAS Auto. Er ist nicht DER sportliche Van. Aber er ist wohl DAS SUV. Nach Bodenfreiheit fragt eh niemand. Aber selbst dafür bietet die Aufpreisliste das „Schlechtwegefahrwerk“ und Unterfahrschutz. Na also.

Text: sb
Bilder: VW

Technische Daten

VW Golf Sportsvan Highline BlueMotion

Motor-Bauart:
BlueMotion Technology 1,4 l TSI mit Abgasturboaufladung und Benzindirekteinspritzung
Hubraum:
1.395 cm³
Leistung:
110 kW / 150 PS bei 5.000 U/Min
Drehmoment:
250 Nm bei 1.500 – 3.500 U/Min
Höchstgeschwindigkeit:
212 km/h
Beschleunigung (0-100 km/h)
8.8 Sekunden
Verbrauch (innerorts / ausserorts / kombiniert):
6.5 L / 4.8 L / 5.5 L Superbenzin (ROZ 95)

Grundpreis VW Golf Sportsvan Highline BlueMotion:
29.525
Testfahrzeugpreis:
39.151
Testverbrauch:
7.2 Liter / 100 km über 112 km
Leergewicht:
1.409 kg
Max. Zuladung:
566 kg
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe):
4.338 mm / 1.807 mm / 1.578 mm

Disclosure zur Transparenz

Das Fahrzeug wurde mir freundlicherweise von Volkswagen für den Test zur Verfügung gestellt. Der Test erfolgte unabhängig. Der Text spiegelt meine persönliche Meinung wieder.


Autor

Gründer und überwiegender Texter hinter passion:driving. Leidenschaftlicher Car-Nerd, immer auf der Suche nach dem Rande des Kammschen Kreises und viel zu häufig auf irgendwelchen Rennstrecken unterwegs. Anglophil veranlagt, liebt britische Sportwagen und fährt eine Lotus Elise S1, um das eigene, eher nachteilige, Leistungsgewicht wieder auszugleichen. Neben passion:driving schreibt er als freier Autojournalist (Mitglied im Verband der Motorjournalisten) auch für die heise autos und andere Publikationen.

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