Der Golf. Das Auto. So ist er. Der Werbeslogan. Zum Golf. Dem Auto. Ganz einfach, aber die Botschaft dahinter ist klar. „Das Auto“ – die Botschaft ist simpel und sagt doch alles aus? Passt das zum Golf? Ist der Golf wirklich „DAS“ Auto? Ist er ebenso simpel, wie seine Werbebotschaft? Das galt es jedenfalls herauszufinden und so durfte ich vergangenes Wochenende auf Sardinien den neuen VW Golf der siebten Generation live erleben und auf den Zahn fühlen.

VW Golf 7

Meine Gefühle vor dem ersten Aufeinandertreffen mit dem neuen Golf waren sehr zwiespältig. Denn es war für mich nicht nur das erste Aufeinandertreffen mit dem „neuen“ Golf, es war vielmehr das erste Aufeinandertreffen mit einem Golf überhaupt für mich. Weder das Auto, auf dem ich meinen Führerschein gemacht habe, noch das erste eigene Auto waren ein Golf. Untypisch irgendwie und doch ist es so. Und ebenso waren auch meine Erwartungen eher weiter unten angesetzt. „Es ist eben der Golf“ dachte ich so für mich. Kaum am Flughafen in Olbia gelandet, standen dutzende „Gölfe“ zur Probefahrt bereit. Zusammen mit Fabian Mechtel von asphaltfrage.de ging es auf Tuchfühlung mit dem Golf 7.

VW Golf 7

Wie auch der bereits im Frühjahr vorgestellte Audi A3 8V baut auch der neue VW Golf auf den neuen modularen Querbaukasten des VW-Konzerns. Der mit der Verwendung des Querbaukastens einhergehende gewachsene Radstand macht sich im Golf vor allem durch ein gewachsenes Innenraumangebot bemerkbar. Was der Golf an Platz bietet, vorne, wie auch hinten, ist durchaus ordentlich. Allerdings ist der Golf auch in die Länge gegangen und hat ein paar Zentimeter draufgelegt.

VW Golf 7

Rein äußerlich habe ich über den Golf ja bereits nach der ersten Vorstellung geschrieben. Allerdings fallen einem „live“ dann doch einige Details auf, die den Biedermann Golf dann auszeichnen, wie etwa die spitz zulaufenden Kanten auf der Motorhaube oder die konkav geformten Dachkanten, welche zudem einen aerodynamischen Vorteil dank Verringerung der Stirnfläche mit sich bringen. Ja, der Golf ist nach wie vor ein Golf. Das kann man ernüchternd finden, andererseits stehen Designer eines solchen Weltautos auch vor einer unglaublichen Herausforderung, wenn sie für ein solches Auto eine neue Evolutionsstufe entwerfen müssen. Und doch finde ich den neuen Golf gefälliger, als etwa die beiden Vorgängergenerationen. Etwas aggressiver ist er geworden, etwas geduckter, das Scheinwerferdesign ist ausdrucksstärker geworden, lediglich die Heckpartie wirkt von hinten betrachtet zu hochgezogen.

Im Innenraum sticht vor allem das zum Fahrer geneigte Cockpit heraus. Alle Formen im Innern sind schlicht und geradlinig aber nicht langweilig. Interessanterweise hat mich der Golf im Innenraum sogar etwas mehr angesprochen, als der besonders technisch und sterile Innenraum des Audi A3. Die Verarbeitung ist auch im Golf auf höchstem Niveau und die Ergonomie ist super. Sitzposition, Sitzkomfort und Übersichtlichkeit sind super.. ein echter Golf eben.

VW Golf 7

Echte Maßstäbe dürfte der Golf vor allem aber in Sachen Infotainment und Fahrassistenzsysteme setzen. Sicher, Pressefahrzeuge für solche Fahrveranstaltungen sind mit allem ausgestattet, das die Aufpreisliste irgendwie hergibt. Dazu gehört unter anderem das rund 2.700 Euro teure „Discover Pro“ Radio-/Navigationssystem. Das bietet nämlich Infotainment auf einem Level, da kann man in anderen Fahrzeugen beim Anblick unschöner Pixelklötzchen-Navis nur von träumen: wunderschön animierte, grafisch hochelegant gezeichnete Menüs, sauberes Kartenmaterial, das selbst in den kleinsten sardinischen Dörfchen 3D Gebäude darstellt oder MP3 Player mit Cover-Flow Funktion. Das Infotainment System ist einfach grandios, gerade in Kombination mit der gelungenen Touchscreen-Bedienung, die sogar Wischgesten usw. erlaubt. Und diese schöne Darstellung setzt sich auch im Cockpit fort: das zentrale Informationsdisplay zwischen Drehzahlmesser und Tacho ist nämlich gegen Aufpreis ebenfalls in Form eines schön animierten TFT-Screens zu haben, statt mit reiner LCD-Pixelmatrix. Und in Sachen Fahrassistenzsysteme schickt VW gleich eine ganze Armada ins Rennen: ob Einparkassistent (parallel zum Straßenrand und auch seitwärts), Lane-Assist mit automatischen Korrektur bis zu gewissen Kurvenradien, Front Assist für Notbremssituationen oder dem Adaptive Cruise Control, das bist zum Stillstand herunterbremsen und im Stau automatisch wieder anfahren kann – hier ist einfach alles an Bord und ja.. irgendwie machen die Assistenzsysteme Spaß. Und bevor man nun wieder eine Diskussion lostritt, dass solche Assistenzsysteme den Fahrer immer mehr dazu ermutigen, sich anderen Dingen als dem Straßenverkehr zuzuwenden: sind wir doch einmal ehrlich, stellen wir fest, dass die meisten Fahrer sich ohnehin durch Handy, Infotainment und und und im Auto ablenken lassen. Wenn ich dann durch einen kurzen Ruck am Lenkrad daran erinnert werde, dass ich gerade die Spur verlasse, ist das doch eine tolle Sache.

VW Golf 7

Apropos Spur verlassen: im Golf 7 geht das gar nicht so schnell. Der hat nämlich ein außerordentlich neutrales Fahrverhalten. Allerdings kommt es hierbei auch stark auf die Bereifung an. Ich durfte feststellen, dass einige der Benziner mit Pirellis ausgestattet sind, dem Cinturato nämlich. Ein Reifen zum Spritsparen. Entsprechend schwach präsentierte  er sich natürlich beim Kurvenräubern. Allerdings war bei dieser Bereifung auch ein deutlich nervöseres Heck zu verspüren, welches vom ESP häufig in der Spur gehalten werden musste. Deutlich stimmiger empfand ich da die Dunlop-Bereifung, die auf einigen der gefahrenen Diesel verbaut war. Welches Modell nun mit welchem Reifen ausgeliefert werden wird, konnte mir allerdings leider noch nicht bestätigt werden, man wolle das Feedback aber prüfen. In Sachen Fahrkomfort ließ das Fahrwerk sonst aber keine Wünsche offen. Verbaut war natürlich das „Premiumfahrwerk“ mit adaptiver Fahrwerksregelung DCC, welches von Komfort bis Sport verschiedene Modi unterstützt. Egal in welchem Modus man aber unterwegs war: wie das Fahrzeug abrollt, federt und dämpft ist große Klasse. Der Golf strahlt an die Insassen eine Ruhe aus, wie man es sonst nur von deutlich teureren Fahrzeugen gewohnt ist.

VW Golf 7

Und wenn wir schon beim Vortrieb sind, können wir auch gleich auf die angebotenen Motoren eingehen. Der kleinste Einstiegsmotor, ein 1,2 Liter TSI Benziner mit 63 kW (85 PS) stand leider nicht zur Verfügung, hätte mich die Einstiegsmotorisierung für rund 16.000 Euro doch sehr interessiert. Stattdessen standen der 1.4 Liter TSI mit 103 kW (140 PS) Benziner und der 2.0 TDI mit 110 kW (150 PS) zur Auswahl. Mal mit, mal ohne DSG. Beide Motoren fühlten sich dabei sehr gut an, der Diesel hatte als Handschalter die angenehmere Getriebeübersetzung. In Sachen Fahrkomfort sind beide Triebwerke sehr gut und auch beim Verbrauch konnten sich beide von ihrer guten Seite präsentieren. Dazu trägt auch die Zylinderabschaltung des Benziners bei, welche im Teillastbetrieb bis zu einem Drehmoment von 85 NM die Zylinder 2 und 3 abschaltet. Das ist hör- und spürbar, geht aber dennoch sehr sanft von statten.

VW Golf 7

Ernsthafte Kritkpunkte am neuen Golf zu finden ist jedenfalls unglaublich schwierig. Er setzt die Messlatte nicht nur für die Klasse der Kompaktfahrzeuge, sondern auch die Mittelklasse bereits sehr hoch. In Sachen Infotainment und Fahrassistenzsysteme ist der Golf 7 wohl ab sofort der Benchmark. Ob allerdings ein Golf in der Ausstattung, wie die gefahrenen Testfahrzeuge mit einem Preis von über 40.000 Euro wirklich noch ein Golf bzw. „Volkswagen“ ist, sei einmal dahingestellt. Wie sich ein „echter“ 17.000 Euro Einstiegsgolf fährt kann ich hiervon folglich leider nicht ableiten. Was sich aber sagen lässt: in jedem Fall bekommt man Qualität auf sehr hohem Niveau und ein Auto, das so unkompliziert wie unanstrengend ist. Ja.. er ist eben das Auto. Punkt. Übrigens: ganz schön wurden auf kennzeichen-blog.de einige Meinungen zum VW Golf 7 aus der Blogosphäre zusammengefasst – unbedingt reinschauen!

Was andere Blogger über den VW Golf 7 schreiben


Autor

Gründer und überwiegender Texter hinter passion:driving. Leidenschaftlicher Car-Nerd, immer auf der Suche nach dem Rande des Kammschen Kreises und viel zu häufig auf irgendwelchen Rennstrecken unterwegs. Anglophil veranlagt, liebt britische Sportwagen und fährt eine Lotus Elise S1, um das eigene, eher nachteilige, Leistungsgewicht wieder auszugleichen. Neben passion:driving schreibt er als freier Autojournalist (Mitglied im Verband der Motorjournalisten) auch für die heise autos und andere Publikationen.

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