Doch, ich war ganz schön neugierig. Eine neue Automarke soll das Licht der Welt erblicken. Nichts weniger ist der Auftritt von Qoros auf dem Automobilsalon in Genf. Dabei wusste ich das ganze erst einmal nicht einzuschätzen. Wie ernst meinen es die Chinesen?

Qoros 3 Sedan, Genf 2013

Alleine daran, dass hierzulande bereits ordentlich PR betrieben wird, ist zu erkennen, dass man keine halben Sachen machen will. Ein weiteres Indiz ist die Personalwahl: Mini-Designer Volker Hildebrand, Ex-VW-USA-Chef Volker Steinwäscher und weitere sind dem chinesischen Unternehmen beigetreten. Für die Fahrwerksabstimmung zeichnet sich etwa Klaus Schmidt verantwortlich, welcher zuvor bei der BMW M GmbH auf der Gehaltsliste stand. Gut, das alles muss nichts heißen, der letzte Versuch einer chinesischen Marke, den europäischen Markt zu erobern, wurde von Brilliance im wahrsten Sinne des Wortes an die Wand gefahren – der BS6 fiel im Crashtest gnadenlos durch. Starke Verformungen bis hin zur B-Säule hatte man bis dahin bei Euro-NCAP Crashtests schon lange nicht mehr gesehen.

Qoros 3 Sedan, Genf 2013

Und so bleibt eine gewisse Skepsis vor Produkten aus China bestehen. Aber ich wollte mir eben selbst ein Bild machen und habe mir den Qoros 3, der eigentlich GQ3 hätte heissen sollen (die Damen und Herren aus Ingolstadt waren allerdings anderer Meinung), im Detail angeschaut.

Qoros 3 Sedan, Genf 2013 Innenraum

Optisch ist der Qoros 3 eher unauffällig. Klare Linien und schlichte Formen dominieren das Bild. Sehen kann man darin ein wenig bekanntes von anderen Marken, aber der Qoros wirkt gut gezeichnet, wenn auch nicht aufregend. Dass man dem Vorurteil billiger Materialen von Anfang an begegnen will, zeigt der Innenraum: das Lederlenkrad und auch die Ledersitze fühlen sich gut an, das Armaturenbrett ist komplett aufgeschäumt und die Türen sind vernünftig verkleidet. Lediglich das Schließgeräusch wirkt nicht gerade satt und die seltsame Farbwahl der Mittelarmlehne, die entgegen aller anderen Teile in einem hellen Leder daherkommt, wirkt irgendwie wie aus der Resterampe ins Auto verpflanzt.

Auch im Innenraum passt die Optik. Schlicht, nicht verspielt, tendenziell etwas langweilig, aber dennoch wirkt das Gesamtbild stimmig und gewissermaßen gemütlich. In der Mittelkonsole prangt ein 8″-Display mit Navigationssystem. Die Darstellung sah auf den ersten Blick gut aus, über die Funktion kann ich freilich nichts sagen 😉

Qoros 3 Sedan, Genf 2013 Türen

Was dennoch im Innenraum auffiel: der Geruch. Alles roch sehr stark nach billigem Plastik und Weichmachern. Ich mag mich täuschen, aber ich hoffe stark, dass dieser Einschätzung nicht der Realität entspricht. Dazu war auch so mancher Übergang zwischen zwei Teilen nicht all zu sauber gearbeitet und die Drehregler der Lüftungsdüsen fühlten sich nicht gerade „gut“ an. Drehschalter im Cockpit konnten dafür mit einem sauberen Klick-Gefühl punkten.

Das Platzangebot ist übrigens recht üppig. Auf dem bequemen Fahrersitz kann man sich wohlfühlen, die Einstellmöglichkeiten sind großzügig und auch dahinter ist noch ausreichend Platz. Im Fond gibt es dazu sogar auch noch eine eigene Belüftung.

Qoros 3 Sedan, Genf 2013 Fond

Man darf also gespannt sein. Der Markt ist gerade sicher nicht extrem günstig in Europa. Andererseits könnte Qoros insbesondere durch ein gutes Preis-Leistungsverhältnis punkten. Ich werde jedenfalls meine Augen weiter auf den Neueinsteiger richten. Der Qoros 3 hinterließ zumindest mal keinen negativen Eindruck, so dass man wirklich gespannt sein darf, was da noch kommt. Präsentiert hat man sich auf dem Messestand auch gleich noch mit Konzepten für einen Kompakt-SUV und einem Kombi. Preise gibt es noch keine, man munkelt etwas zwischen 12.000 – 16.000 €. Dafür gibt es dann aber auch ab Serie Klimaautomatik, Multifunktionslenkrad und das erwähnte Infotainmentsystem. Doppelkupplungsgetriebe und moderne Turbomotoren mit 93 kW (126 PS) und 115 kW (155 PS) sollen als Antrieb verfügbar sein. Das klingt alles gar nicht so schlecht.

Qoros Concept Genf


Autor

Gründer und überwiegender Texter hinter passion:driving. Leidenschaftlicher Car-Nerd, immer auf der Suche nach dem Rande des Kammschen Kreises und viel zu häufig auf irgendwelchen Rennstrecken unterwegs. Anglophil veranlagt, liebt britische Sportwagen und fährt eine Lotus Elise S1, um das eigene, eher nachteilige, Leistungsgewicht wieder auszugleichen. Neben passion:driving schreibt er als freier Autojournalist (Mitglied im Verband der Motorjournalisten) auch für die heise autos und andere Publikationen.

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