Nachdem ja nun alle schon nach 1-2 Episoden ihren Senf zum neuen Top Gear abgegeben haben, sollte man doch meinen, der Drops sei inzwischen gelutscht. Jetzt gibt es ohnehin nichts mehr zu sagen. Aber doch, ja, gibt es meiner Meinung nach schon. Denn erst nach der dritten Episode gestern Abend, kann man das neue Top Gear wirklich einordnen.
Zugegeben: ich habe dem neuen Top Gear durchaus einiges zugetraut. Wer meine Diskussionen auf Facebook verfolgt hat, weiß das. Denn in erster Linie, dachte ich mir, kann es für uns Petrolheads doch nur etwas gutes werden. Wir bekommen unsere drei Jungs, die ihren verrückten Kram künftig auf Amazon unter dem Namen „The Grand Tour“ durchziehen, während BBC two uns weiterhin mit einem komplett frischen Automagazin versorgt, das durchaus unterhaltsam werden dürfte, WENN – und da kommt nun der springende Punkt – das Produktionsteam nicht den Fehler begehen wird, einfach das Clarkson-Hammond-May-Top-Gear-Konzept aufzukochen und fortzusetzen. Denn genau das hat man schon bei den internationalen Ablegern probiert und ist dort, meiner Ansicht nach, zumeist daran gescheitert.
Inzwischen wissen wir: leider hat man (fast) genau das getan. Chris Evans, der mehr oder weniger alle Produzentengewalt an sich reissen konnte, hat im Kern das Top Gear Konzept beibehalten, statt ein neues Format zu entwickeln. Gut, der Star-Part wurde nun umgestaltet, was eine nette Neuerung ist, nach der zweiten Folge bleibt die Aufregung über ein durch eine Pfütze fahrenden Mini aber bereits aus und unterm Strich wirkt der Teil aus meiner Sicht deutlich langatmiger, als die geschickt und präzise pointierten Interviews von Clarkson. Davon abgesehen, bleibt es eben größtenteils bei der alten Suppe mit frischen Zutaten – warum auch nicht? Mit Folge drei wurde gestern Abend aber endgültig bewiesen, woran der schrille, wie ein koksendes Eichhörnchen durch’s Studio springende und schreiende Evans scheitern dürfte.
Clemens hat in seinem Klartext „Clarksons alte Unterhosen“ den Nagel sehr gut auf den Kopf getroffen und jeder Film mit Evans am Steuer fühlte sich in den vergangenen Episoden sehr befremdlich an. Denn man hatte das Gefühl, man sehe eine Art Clarkson vor sich, nur dass er es eben nicht ist. Wenn Evans im Auto schreiend Richtung Horizont beschleunigt, wenn er Wortspiele verwendet, die er einem Clarkson-Wörterbuch entnommen haben könnte – nein, das alles fühlt sich irgendwie falsch an. Und mal von seiner anstrengenden Stimme abgesehen, glaube ich grundsätzlich auch, dass er ein leidenschaftlicher Petrolhead ist und an und für sich mit seinem ganz eigenen Charakter zu einem interessanten Top-Gear-Charakter werden könnte.
Folge 3 hat das nun gestern eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Chris Harris bekam mit dem Ferrari F12 TDF und der 250 GT Berlinetta TdF seinen ersten Film und hat beeindruckend gut geliefert. Das alte „Chris Harris on Cars“-Rezept, und doch besser, kurzweiliger, interessanter und – natürlich, denn es gibt eben einen fetten Top-Gear-Budgettopf – aufwändig in Szene gesetzt. Anschließend folgt Rory Reids erster Film über den Focus RS. Auch hier alles fein: Reid beschreibt das Fahrzeug auf seine eigene, leidenschaftliche Art und Weise, hat ein paar coole Witze und einige bissige Sätze auf Lager. Und ganz plötzlich fühlte sich das neue Top Gear irgendwie gut, irgendwie heimisch an. Denn was wir zu sehen bekamen, waren zwei Moderatoren, die ihren ganz eigenen Stil, Charme und Witz haben. Die ihre komplett eigene Sprache haben, wenn es um Autos geht. Das ist es, was dem neuen Top Gear bisher fehlte. Denn Evans führt gefühlt einfach nur die Clarkson-Punchlines fort und Matt Le Blanc, auch wenn er als sehr cooler Typ lässig rüberkommt, wirkt durchgehend ein wenig zu sehr wie das, was er tatsächlich ist: ein Schauspieler.
Leider wird das alles, das haben die großkotzigen Kommentare Evans‘ nach der ersten Folge auf Twitter bereits gezeigt, wohl kaum eine Auswirkung auf die künftige Gestaltung der weiteren Folgen haben. Denn die Zahlen dreht man sich im Zweifel eben zurecht: Evans hat sich für die Zuschauerzahlen von Folge 1 gefeiert. Dabei ist klar: alle Welt wollte das neue Top Gear scheitern sehen. Folge 2 hatte bereits erheblich weniger Zuschauer, Folge 3 sicherlich – EM und Formel 1 sei dank – noch deutlich weniger. Insofern wird der hier und da etwas größenwahnsinnig anmutende Evans aus den Zahlen seine eigenen Rückschlüsse ziehen. Ich vermute, es werden die falschen sein. Die richtigen würden heißen: gebt uns mehr Harris und mehr Reid. Sofort!
Text: sb
Bilder: BBC
19 Kommentare
Mit Chris Evans ist TG für mich gestorben. Der geht nicht. Egal wie gut ich Chris Harris finde … wenn ich mal Zeit über habe, werde ich mir die Folge 3 anschauen …
Mach das unbedingt! Ep3 war die mit großem Abstand beste Folge. Aber ja, sobald Evans auftaucht, wird es wieder schwierig. Sehr schwierig. Und Sabine versucht es leider auch ein wenig zu sehr..
Chris Harris guckt man sich auch so gern an
Rory Reid ist eh der geilste…
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RT @passiondriving: Na also! Das neue #TopGear funktioniert doch, wenn man die richtigen machen lässt! #giveusmoremonkey #morereid
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Stimmt absolut, so wie Autos ihren eigenen Charakter haben, müssen diese auch von Leute mit Charakter präsentiert werden. Evans versucht krampfhaft die Fans von „seinem“ Konzept zu überzeugen und fliegt mit massivem Übersteuern aus der Kurve, während LeBlanc klein gehalten wird um ihm nicht die Schau zu stehlen. Letzterer hat meines Erachtens viel Potential, das er bei der Vorstellung des Ariel Nomad zeigen konnte, aber sobald Evans dabei ist, spürt man eine gewisse Zurückhaltung. Schöner Bericht Sebastian, hoffen wir dass die Jungs von BBC ein offenes Ohr für die Fans haben, trotz Evans‘ penetranter Stimme.
Evans muss man erst mal übertönen, stimmt 😉 Richtig, der Nomad-Film mit Matt war schon sehr unterhaltsam!
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RT @passiondriving: Na also! Das neue #TopGear funktioniert doch, wenn man die richtigen machen lässt! #giveusmoremonkey #morereid
Folge 1 war hoffnungsvoll, Folge 2 unerträglich langweilig, … Folge 3 steht für morgen auf dem Plan – bin gespannt. Evans macht mich irre & dieses neue Stars in Cars mit dem Abstimmen über Autos ist an Dämlichkeit nicht zu übertrefen. Ich schaue mir 3x lieber LeBlanc als Evans an – der Film mit dem Ariel war groß … Am Ende hilft nur Tee – trinken und zuschauen.
Ja, dieses „Publikum stimmt ab“ oder „Stig!“-schreien-lassen wirkt irgendwie… Nach Kinderunterhaltungsprogramm. Und leider viiiieeel zu langatmig. Unfassbar, wie lang der Star-Teil in Ep3 war..
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Für mich ist Top Gear mit Chris Evans einfach nicht mehr das selbe. Ich habe mich über die Jahre halt einfach an das alte Moderatorenteam gewöhnt und fand gerade die Kombi Hammond/Clarkson genial. Natürlich geht es zunächst um die Autos, aber die Moderatoren spielen halt auch eine große Rolle dabei, ob man regelmäßig einschaltet. Was die Einschaltquoten beim neuen Format betrifft, war haltschon klar dass viele bei der ersten Folge aus Neugier einschalten werden. Ob das aber so gehalten werden kann, ist eine andere Frage. Ich freu mich erstmal auf The Grand Tour und werde bei Top Gear wahrscheinlich nur noch gelegentlich reinschauen.