ABT Audi AS7Der Besuch bei der Firma Abt Sportsline letzte Woche ermöglichte mir eine besondere Begegnung. Man könnte sagen, eine Begegnung mit einem automobilen Erzfeind: der Audi A7 ist für mich – sorry, für die Offenheit – eine der hässlichsten Oberklasse Limousinen auf deutschen Straßen. Mit dieser „Sportback“ Fließheck Optik bei Limousinen kann ich mich nur bedingt anfreunden. Doch der A7 setzt dem ganzen mit diesem sehr tief zulaufenden Heck die Krone auf. Für Bjoern ist der A7 das perfekte Auto, für mich nicht ganz… 😉 Insofern war es für mich besonders spannend, die Gelegenheit beim Schopf zu packen und zu schauen, ob der A7 und ich nicht vielleicht doch Freunde werden können, erst recht, wenn ABT drauf steht, aus dem A7 ein AS7 wird und aus 300 PS ganze 420 PS werden..

Optik? Viel besser als die Serie!

Rein äußerlich macht der ABT jedenfalls schon eine gute Figur, mit den mächtigen 20 Zoll Felgen und dem ABT Aero-Paket. Zugegeben, so kann der A7 – Verzeihung, AS7 natürlich – auch bei mir mehr punkten. Gerade die in die Heckschürze eingearbeiteten Endrohrblenden haben ihren Reiz und lassen einen schon vermuten, dass dieser A7 kein gewöhnlicher Business-Liner ist. Unter der Haube haben die Spezialisten bei ABT vor allem an der Software geschraubt und dem TFSI Aggregat damit ein Plus von 87 kW (120 PS) spendiert. Daraus resultieren ganze 100 NM mehr Drehmoment. Somit stehen insgesamt 540 NM zur Verfügung. Das sollte für ein zügiges Vorankommen reichen.

ABT Audi AS7

Auf den ersten Kilometern, der mir inzwischen etwas bekannteren Strecke aus dem ABT-Roadbook, geht es auch direkt wieder auf die Autobahn. Klanglich macht der AS7 dabei trotz Sportauspuffanlage – zumindest innen – den zurückhaltenden Gentleman. Wenn man auf der Autobahn mit Halbgas beschleunigt – was übrigens schon locker reicht, um angemessene Beschleunigungswerte zu erreichen – hört man tatsächlich auch etwas von dem 3 Liter Sechsylinder, der vor einem unter der Haube werkelt. Tritt man voll auf’s Gas, wird aus dem zurückhaltenden V6-Geknurre vor allem eines: ein wild fauchendes Monstrum, dessen Zwangsbeatmung jedwede Beschleunigungsschwäche im Keim erstickt. Beim Fabian von veight.de gibt’s dazu auch etwas auf die Ohren.

Vortrieb in allen Lebenslagen

Soll heißen: vorwärts geht er gut. Wirklich gut. Ich muss allerdings auch direkt ein „aber“ hinterherschicken. Offen gestanden kommen von den 420 PS gefühlt nämlich weniger an, als man sich vorher erwartet. Woran das liegt? Nun, zum einen ist der AS7 sicher kein Leichtgewicht. Mit mindestens 1,8 Tonnen Leergewicht, ist die Basis, der A7, nicht gerade das, was man einen schlanken Sportler nennt. Rechnet man die gesamte Ausstattung an Bord des A7 hinzu, liegt man realistisch sicherlich bei über 2 Tonnen inklusive Sprit und Fahrer. Dass da 420 PS schnell „verpuffen“, versteht sich von selbst. Eine weitere Ursache könnte sein, dass der Kompressor „obenheraus“ mit Förderproblemen zu kämpfen hat. Das merkt man auch daran, dass der Vortrieb, auch mit der Leistungssteigerung, bereits bei 266 km/h endet, 16 km/h mehr, als in der Serie. Masse und Luftwiderstand tragen sicher ihren Teil dazu bei.

Die Fahrleistungen sind dennoch nicht zu verachten, aber 420 PS.. das hört sich erst einmal spektakulärer an, als sie im AS7 zur Geltung kommen.

Nichts desto trotz: der AS7 ist ein Auto für das gehobene Dahingleiten auf der Autobahn. Und das kann man auch bei 200 km/h noch gemütlich, ohne jedwede Form von Anstrengung seitens des Motors zu verspüren.

Reisen im automobilen Wohnzimmer

Bisher konnte der AS7 jedenfalls fleißig Punkte auf meinem Sympathie-Konto sammeln. Denn nicht nur das „Geradeaus-Fahren“ macht Spaß. Auch das Fahren generell in diesem Auto ist eine Freude. Man fühlt sich, wie in Abrahams Schoß, ist dank Head-Up-Display perfekt informiert, ohne einen Blick von der Straße zu nehmen. Dank Spurhalteassistent und Abstandtempomat gleitet man völlig entspannt daher und auch sonst merkt man: man befindet sich hier in einem automobilen Wohnzimmer. Das Bang & Olufsen Premium Soundsystem tut sein Übriges dazu.
Eine Form des Reisens, an die man sich gewöhnen könnte: ist man erst einmal im A7 unterwegs, gibt es kaum einen Ort, an dem man lieber sein möchte. Und während ich heute morgen wieder beruflich in einem BMW 116i als Firmenwagen 4 Stunden quer durch Deutschland gefahren bin, habe ich mir irgendwie gewünscht, ich würde dasselbe in einem A7 oder noch besser AS7 tun.

ABT Audi AS7Das dicke Kind im Sportunterricht?

Autobahn und Gleiten kann er also ganz gut. Stellt sich die Frage: kann eine Limousine mit dieser sportlichen Optik auch sportlich über Landstraßen? Die Antwort ist wohl ein JAEIN. Der AS7 macht an und für sich eine gute Figur, lenkt direkt und präzise ein und setzt ziemlich genau das um, was man als Fahrer von ihm verlangt. Allerdings gelingt es ihm auch hier wieder nicht, seine Fettleibigkeit zu vertuschen. In zügig gefahrenen Kurven drängt er bisweilen nach außen, teilweise kommt es zu Ausfallschritten des Hecks und insgesamt wird das Fahrwerk für die härtere Gangart zu weich und federt zu tief ein. Wirklich sportlich geht also nicht. Aber wer will das schon mit einer 2 Tonnen schweren Limousine, die ohnehin eine bessere Figur beim gediegenen Fahren macht, dennoch genug Reserven für einen ordentlichen Vorwärtsdrang bietet.

Fazit

Was bleibt also letzten Endes über ihn zu sagen? Der A7 und der AS7 insbesondere ist ein gutes Auto. Langstreckenkomfort, Fahrleistungen und Wohlfühlfaktor liegen hier auf höchstem Niveau. Aus der Sportfahrerbrille betrachtet, konnte das Date bei diesem Gewicht nur in die Hose gehen, klar. ABER: das macht den AS7 nicht zu einem schlechten Auto. Ganz im Gegenteil! ABT hat es geschafft, etwas gutes noch besser zu machen und die Stärken und Prioritäten des A7 noch mehr herauszuarbeiten. Und das bei einer deutlich ansprechenderen Optik als in der Serie. Werden der A7 und ich tatsächlich noch Freunde? Wohl eher nicht. Der AS7 und ich? Himmel, ja!


Autor

Gründer und überwiegender Texter hinter passion:driving. Leidenschaftlicher Car-Nerd, immer auf der Suche nach dem Rande des Kammschen Kreises und viel zu häufig auf irgendwelchen Rennstrecken unterwegs. Anglophil veranlagt, liebt britische Sportwagen und fährt eine Lotus Elise S1, um das eigene, eher nachteilige, Leistungsgewicht wieder auszugleichen. Neben passion:driving schreibt er als freier Autojournalist (Mitglied im Verband der Motorjournalisten) auch für die heise autos und andere Publikationen.

12 Kommentare

  1. Carsten Soltau Antworten

    Danke für den Bericht. 266 Km/h sollte m.E. bereits der Serien A7 mit 300 PS erreichen, wenn der V-Max Begrenzer entfernt ist. Kann mir nicht vorstellen, dass alle 420 Pferde versammelt waren. Ich hoffe, dass Abt bei der Leistungsangabe nicht mogelt. In 4 Wochen bin ich schlauer, da bekomme ich meinen:-)

    • Sebastian Antworten

      Hi Carsten,

      Danke für deinen Kommentar 🙂 Die 266 km/h sind die offizielle Angabe von Abt. Ich schätze mal, es liegt beim A7 an den genannten Faktoren. Die mehrleistung wird man sicherlich deutlich spüren, aber da fehlte mir leider der direkte Vergleich.

      Jedenfalls Glückwunsch zur Entscheidung 😉 Wünsche viel Spaß mit deiner „Business-Class-Rakete“ 🙂

      Vielleicht magst du ja deine Eindrücke berichten, wenn du ihn hast. Fände ich spannend!

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