„Škoda Citigo.. was zum?!“ wird sich nun vielleicht der ein oder andere von euch fragen. Ja, der Citigo, der tschechische Bruder des VW up! und des Seat Mii trifft vielleicht nicht ganz das typische passion:driving-Profil. Aber es gibt durchaus gute Gründe, warum ich euch etwas über den kleinsten Spross aus dem Škoda-Portfolio erzählen möchte. Es hat etwas mit Spaß zu tun – soviel ist sicher!

Škoda Citigo

Unabhängig vom eigentlich Kern, um den es sich dreht, habe ich ohnehin eine besondere Beziehung zum Škoda Citigo. Denn der kleine war nichts weniger, als das erste Auto welches ich offiziell als Pressefahrzeug fahren konnte. Škoda lud mich damals zur Fahrveransaltung nach Hamburg ein, es war meine erste Fahrveranstaltung. Klar, dass das eine gewisse Bindung schafft. Die zweite Begründung findet sich darin, dass ich bereits seit Mitte letzten Jahres auf einen „Citigo Sport“ Testwagen hoffe. Der hat es aber bis heute leider nicht in den Fuhrpark des deutschen Importeurs geschafft und so bot man mir als Ersatz einen normalen Citigo an. Auch gut, schließlich wollte ich den Citigo auch einmal „in Ruhe“ erleben können.

Škoda Citigo

Der dritte Grund ist aber schließlich der entscheidende Grund: Fahrspaß! 75 PS aus einer 1-Liter-Dreizylinder-Tröte sind nun sicherlich nicht das, was für ein ins Gesicht gemeisselte Grinsen oder wildem Kribbeln in der Magengrube sorgen dürfte, schon klar, aber Fahrspaß definiert sich ja nicht immer nur aus der Beschleunigung. Überhaupt, ich bin ein Freund kleiner Autos. Der Grund ist ganz einfach: sie sind berechenbar, sie sind ehrlich, sie sind direkt und nahbar. Einen 2,3-Tonnen-Kombi, der dank zu hoher Kurvengeschwindigkeit über die Vorderräder wild jammernd das Überschreiten des Grenzbereiches in Form von Untersteuern kund tut, ist um einige Stufen schwerer wieder in die rechte Bahn zu bringen, wie ein Kleinwagen. Der Mangel an Masse und der damit einhergehend fehlende Bedarf, Masseträgheit durch allerlei Gimmicks von Breitreifen bis hin zu Sportdifferenzialen, Torque Vectoring & Co zu verschleiern, ist immer ein Gewinn. Spricht eindeutig für den Škoda Citigo!

Škoda Citigo

Und überhaupt, Grenzbereich.. Wer schon mal auf dem gleichen Fahrzeug mit unterschiedlichen Reifendimensionen im Grenzbereich seine Erfahrungen gemacht hat, wird wissen, wovon ich spreche: Superultrakleberniederquerschnittssportgummis haben Grip, viel Grip. Der Grenzbereich wird deutlich nach oben verschoben, ist dafür aber nur noch so dünn, wie die Eco-Bereifung des Škoda Citigo. Fahren IM Grenzbereich – eine echte Herausforderung! Kleine und dünne Reifen sind nunmal Trumpf, Punkt. Das zeigen schon Toyota GT86 bzw. Subaru BRZ eindrucksvoll, die mit ihren Prius-Spritsparpneus zu butterweich kontrollierbaren Driftmaschinen mutieren. Ein höherer Querschnitt erlaubt dem Reifen mehr zu walken, mehr zu arbeiten, der Abriss zwischen Haft- und Gleitreibung ist nicht so abrupt. Der Grenzbereich liegt dank geringerer Breite deutlich niedriger und ist dank des höheren Querschnitts deutlich breiter.

Škoda Citigo

Dann müssen wir natürlich auch noch über das Fahrwerk sprechen: letztes Jahr hatte ich das unterhaltsame Vergnügen, einen Škoda Citigo als Mietwagen zu bekommen, als ich in England unterwegs war. England ist bekannt für seine kurvigen und hügeligen B-Roads, deren Straßenbelag so löchrig ist, wie man es eigentlich von einem guten schweizer Käse erwarten würde. Es benötigt keiner großen geistigen Transferleistung, um zu wissen, dass ein hartes Fahrwerk hier fehl am Platz ist. Das schreit doch förmlich nach einem Škoda Citigo. Und tatsächlich, der Citigo war hier ein munterer Gefährte. Du bist vielleicht nicht besonders schnell und selbst das Überholen des vor dir schleichenden Trekkers braucht überraschend viel Zeit – aber du fühlst dich schnell, du hast Spaß! Fraglich war höchstens das automatisierte Schaltgetriebe, das zwar im Alltag einen akzeptablen Job tut und nicht ganz so störend auffällt, wie das allseits bekannte smart-Getriebe, aber da die Handschaltung des Citigo sehr präzise Führung ermöglich und auch recht flotte Gangwechsel ermöglich – von den langen Schaltwegen einmal abgesehen – gibt es eigentlich kaum einen Grund, nicht zur Handschaltung zu greifen.

Škoda Citigo

Dank seines eher weichen Fahrwerks ist der Citigo über die unebenen B-Roads nur so drübergeschwungen, ohne sich unnötig aufzuschaukeln. Eine gewisse Vorliebe zu fast schon exzentrisch wirkenden Winkeln in Sachen Seitenneigung ist dem Citigo zwar nicht abzusprechen, dafür liefert die Lenkung schönes Feedback und bei zackigen Lenkbewegungen ist auch das Heck sich nicht zu fein, dem Fahrspaß ein wenig unter die Arme zu greifen.

Ok, Butter bei die Fische: will ich jetzt wirklich nur über den Fahrspaß schreiben, den man mit so einem kleinen Floh haben kann? Irgendwie schon, aber mir ist durchaus bewusst, dass man ja vielleicht noch ein wenig mehr lesen möchte. Gut, kriegen wir auch hin. Da wären zum Beispiel die Sitze mit integrierter Kopfstütze. Sie sind überraschend bequem, bieten sogar ein wenig Seitenhalt und lassen einen auch lange Autobahnetappen nicht ängstlich bevorstehen. Oder die gelungene Navi-Infotainment-Kombi von TomTom, welche als einfache „Aufbaulösung“ auf dem Armaturenbrett untergebracht ist. Es dient nicht nur als Media-Player per Bluetooth oder USB sondern zeigt auch allerlei Infos vom Bordcomputer an, wie den Verbrauch, Motortemperatur und so weiter – fehlt nur noch der Fliehkraftmonitor. Zudem ist das Raumangebot überraschend großzügig. Selbst hinter einem auf mich (1,89m) eingestellten Fahrersitz kann man auf der hinteren Sitzreihe noch akzeptabel Platz nehmen. Der Kofferraum bietet mit umgeklappten Rücksitzen sogar über 940 Liter Kofferraumvolumen. Mit an Bord ist zudem sogar auch der City-Safe Notbremsassistent, der bis zu 30km/h selbstständig eine Vollbremsung hinlegt.

Škoda Citigo

Außerdem gibt es noch die ganzen Škoda „simply clever“-Details, wie etwa der Kartenhalter in der Windschutzsscheibe, die zahlreichen Gepäckfixierungsmöglichkeiten im Kofferraum, viel Platz für Getränke und und und. Viel beeindruckender ist aber, dass der Škoda Citigo im Alltag in etwa ein so unkomplizierter Begleiter ist, wie eine perfekt sitzende Unterhose. Du kommst einfach überall mit ihm hin, er zwickt nicht, er nervt dich nicht. Viel besser noch: du vergisst manchmal sogar, dass du mit ihm Unterwegs bist, denn er sitzt gut und sieht auch gar nicht mal so schlecht aus – vor allem in grün! Besser allerdings noch – und das hat dann mit der Unterhose doch nicht mehr so viel zu tun – ist der Umstand, dass du selbst als notorischer Kurvenheizer mit ihm locker einen Verbrauch von 5 Litern fährst und noch recht bequem große Strecken zurücklegen kannst.

Škoda Citigo

Fazit

Vielleicht sollten wir uns ab und an mal wieder ein wenig zurückbesinnen, ein wenig erden. Während sich die Sportwagenhersteller momentan alle paar Wochen um eine neue Fabelzeit auf der Nordschleife unterbieten, welche mit unter sieben Minuten ohnehin schon in der von Horst von Saurma zurecht benannten „Todeszone“ befinden und Familienkombis mit 600 PS um Aufmerksamkeit buhlen, hilft es, sich ab und zu mal zurückzubesinnen, womit man wirklich seinen Fahrspaß hatte: das kleine Auto, das man sich kurz nach dem Führerschein gerade so vom übrigen Kleingeld geleistet hat und es wie verrückt um Kurven prügelte, oder die dicke 2-Tonnen-Limousine mit einem Drehmoment, wo es schon fast verwunderlich ist, dass beim Beschleunigen der Straßenbelag an Ort und Stelle bleibt und man nach zwei Kurven schweißgebadet wieder aussteigt.

Ok, ich weiß, ich habe es oft genug gesagt: die Autos, die einen augenscheinlich umbringen wollen, sind ausgerechnet die, welche einen am meisten anmachen. Und dennoch: so ganz unkomplizierter einfacher Fahrspaß mit einem Auto, dessen Grenzbereich nicht in der Region Fahrergrenzbereich*2 liegt tut wirklich gut, es macht Spaß, es ist unkompliziert und es weckt den Spieltrieb. Denn es gibt einen Unterschied zwischen einfachem, langweiligem Kleinwagen und Kleinwagen mit Spaßpotential.

Ach ja.. und wer einfach nur einen guten und günstigen Kleinstwagen sucht, mit dem er im Alltag so ziemlich jede Herausforderung meistert, weil ein Ampelsprint nicht auf der täglichen To-Do-Liste steht, der kann hier auch zuschlagen. Yepp.

Worin er besticht

Parkplatzsuche, Einkaufen, um die städtischen Verkehrsinseln wirbeln und den kleinen, rauen Dreizylinder bis zum Begrenzer ausdrehen, um den Citigo mit Lust um kleinste Ecken zu werfen – bevor das ESP regelt und dir einfällt: „Moment mal…“


Worin er nicht überzeugt

Ok, bei aller Liebe zu kleinen Flitzern: ja, er ist kein Kurvenräuber im reinen Sinne, kein Hot Hatch und vom 600-PS-Kombi lässt er sich dann doch abziehen. Naja, irgendwas ist ja immer.

Wertung

6.6/10
  • Fahrdynamik: 3
  • Fahrspaß: 6
  • Sound: 4
  • Verarbeitung: 5
  • Komfort: 3
  • Ausstattung: 4
  • Verbrauch: 9
  • Preis/Leistung: 7
  • Persönliche Anziehungskraft: 6
Mein passion:driving Wertungsschlüssel spiegelt meine subjektive Einschätzung des Testwagens in verschiedenen Kategorien wieder. Die fahrdynamischen Qualitäten spielen dabei eine große Rolle. Trotzdem wird ein Auto nur durch Performance keine 10er-Wertung erhalten können. Hier gibt es mehr Informationen zum Wertungssystem.

Technische Daten

Škoda Citigo 1,0 MPI/55 kW Green tec

Motor-Bauart:
Dreizylinder Ottomotor, in Reihe, wassergekühlt, Multipointeinspritzung, DOHC, vorn quer eingebaut
Hubraum:
999 cm³
Leistung:
55 kW / 75 PS bei 6.200 U/Min
Drehmoment:
95 Nm bei 3.000 – 4.300 U/Min
Höchstgeschwindigkeit:
172 km/h
Beschleunigung (0-100 km/h)
13.2 Sekunden
Verbrauch (innerorts / ausserorts / kombiniert):
5.1 L / 3.7 L / 4.2 L E10 (ROZ 95)

Grundpreis Škoda Citigo 1,0 MPI/55 kW Green tec:
13.410
Testfahrzeugpreis:
14.950
Testverbrauch:
5 Liter / 100 km über 1.182 km
Leergewicht:
940 kg
Max. Zuladung:
425 kg
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe):
3.563 mm / 1.641 mm / 1.478 mm

Disclosure zur Transparenz

Das Fahrzeug wurde mir freundlicherweise von Škoda Deutschland für den Test zur Verfügung gestellt. Der Test erfolgte unabhängig. Der Text spiegelt meine persönliche Meinung wieder.


Autor

Gründer und überwiegender Texter hinter passion:driving. Leidenschaftlicher Car-Nerd, immer auf der Suche nach dem Rande des Kammschen Kreises und viel zu häufig auf irgendwelchen Rennstrecken unterwegs. Anglophil veranlagt, liebt britische Sportwagen und fährt eine Lotus Elise S1, um das eigene, eher nachteilige, Leistungsgewicht wieder auszugleichen. Neben passion:driving schreibt er als freier Autojournalist (Mitglied im Verband der Motorjournalisten) auch für die heise autos und andere Publikationen.

5 Kommentare

  1. Schöner Bericht. Mutig auch mal für die kleinen PS-armen Cityflitzer in die Presche zu sprengen.

    Bin vor kurzem einen Seat Mii gefahren und war ebenfalls extrem überrascht. Ich würde sogar sagen das der Fahrspaß (unabhängig von der Leistung) größer als beim Ibiza war/ist. Die Plattform up/Mii/Citigo ist also durchaus spannend.

    Eines bleibst du dem Leser im Fazit aber schuldig. Wünschst du dir immer noch ein Citigo Sport?

    • Danke, Heiko! Ja, die Platform ist tatsächlich recht unterhaltsam. Ich konnte den ja auch schon auf dem Continental-Testgelände in Frankfurt herumscheuchen und auch da war das sehr unterhaltsam 🙂

      Ok, guter Punkt zum Fazit: ja, ich wünsche mir immer noch den Citigo Sport 😉 Aber das einig und allein aus dem Hintergrund, weil mich juckt, wie er sich mit dem überarbeiteten Fahrwerk fährt..

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