Nein, ich bin immer noch kein Freund von SUVs. Wenn sie auch noch so gut klingen – wie der RS Q3 – und wenn sie auch noch so gut quer gehen. Wie kürzlich der Range Rover Sport SVR (dessen Text hier nächste Woche folgt). Aber es ist auch völlig unerheblich, was wir Motorjournalisten und Auto-Blogger uns den Mund über sinnlose Fahrzeugkonzepte fusselig reden. Solange man nur lang genug in diesem Geschäft ist, hat man ohnehin keine Ahnung mehr von der wirklichen Käuferwelt da draußen. Und die sieht eben so aus: SUV wird gebaut, SUV wird gekauft. Wenn’s dann noch so fein ist, wie der neue Audi Q7, soll uns das doch gerade recht sein.

Neuer Audi Q7 2015 2016

Denn was gibt es schon auszusetzen an feinstem Leder, einem tollem Infotainment, edlem Sound und dem wohl bestgeschnürten Paket an Assistenzen, mit dem man sich derzeit durch die Lande fahren lassen kann – also fast. Dabei hat man sich bei Audi durchaus Mühe gegeben, dem neuen Q7 das Suff-Sein ein wenig abzugewöhnen. Einer massiven Diät musste sich der Q7 unterziehen und hat – dieses Mal darf man es tatsächlich auch mal ernsthaft schreiben – ordentlich abgespeckt. Nein, nicht die üblichen „unser Auto ist soviel leichter, als der Vorgänger. Wir haben ganze drei, nochmal: DREI!! Gramm eingespart“-Slogans. Ganze 325 Kilogramm sind es in Verbindung mit dem weiterhin 333 PS leistenden 3.0-V6-TFSI im Vergleich zum Vorgänger geworden. Mit stolz geschwellter Brust verkündet man das unterbieten der 2-Tonnen-Marke. Das relevante EU-Leergewicht, das heißt inklusive Fahrer, aber liegt bei – sorry, soviel Zeit muss sein – 2.045 Kilogramm. So oder so ein erstaunlicher Fortschritt.

Der Anerkennung der Entwicklungsleistung soll das keinen Abbruch tun, denn – im negativen Sinne – abgespeckt hat der Q7 auf keinen Fall. Ganz im Gegenteil ist die Ausstattung noch deutlich üppiger geworden. Optisch hingegen hat der Q7 durchaus einige Pfunde gelassen, obwohl sich die Abmessungen kaum verändert haben. Minimal schlanker und etwas kürzer ist er geworden und wirkt dadurch deutlich flacher und kompakter – obwohl er sogar ein wenig in die Höhe gegangen ist.

Innen dürfen sich die Passagiere über jede Menge Schnickschnack freuen: das Virtual Cockpit aus dem Audi TT hält nun auch im Q7 Einzug, ein separater Infotainment-Bildschirm auf dem Armaturenbrett bleibt aber. WLAN hier, ein LTE-Antennchen dort, induktives Laden per Audi Phone Box, Ambient- und so genannte „Konturbeleuchtung“, welche jeweils getrennt in 32 (ja, echt jetzt!) Farben eingestellt werden können, neuartiger „3D Sound“ aus dem Bang & Olufsen Soundsystem und Android Auto bzw. Apple Car Play. Braucht man das alles? Nein, aber über deren Features’ Sinn oder Unsinn zu diskutieren, wäre ebenso müßig, wie über das Thema SUV an sich.

Denn unabhängig vom Sinn: die farblich Steuerbare Konturbeleuchtung sieht scharf aus! Android Auto ist zudem eine feine, längst überfällige Integration des Android-Systems ins Auto (dazu kommt auch noch etwas separates von mir). Dazu gibt es feine Lüftungsregler mit integrierten Temperaturanzeigen und ein paar Schalter für die Lüftungsregelung, welche bei Berührung auf dem Klima-Display weitere Informationen über die mit ihnen konfigurierbaren Einstellungen preisgeben. Zum 3D Sound, der ist … nun ja, nett. Aber eben auch nur ein DSP der seinen Job bei klassischer Musik oder Filmsoundtracks ganz gut hinbekommt, mit Metal und Rock aber eher überfordert ist.

Sei’s drum. Der neue Audi Q7 beherrscht nämlich viel mehr als das. Und das ist in erster Linie Fahrkomfort. Dafür sorgen die unfassbar bequemen und vielseitig einstellbaren Sitze, das angenehme Geräuschniveau und nicht zuletzt die Armada an Assistenzen, die den Fahrer umgibt. Dazu gehören ein Anhängerassistent, Spurhalteassistent, Parkassistent inklusive der wohl besten 360°-Kamera, die es in einem Auto derzeit gibt, sowie einen Ausstiegswarner. Der soll Radler hier und da erfreuen. Denn damit man nicht unvorsichtig die Türe öffnet, leuchten tote Winkel-Warner im Spiegel, sowie die Konturbeleuchtung in der Türe rot auf, nähert sich beim Ausstieg ein Fahrradfahrer an.

Das Highlight jedoch: der prädiktive Tempomat. Sagt euch nichts? Keine Sorge, meiner Rechtschreibprüfung hier am Rechner scheinbar auch nicht. Es heißt aber im Grunde soviel: während der adaptive Tempomat immerhin schon in der Lage ist, die Geschwindigkeit dem vorausfahrenden Fahrzeug anzupassen, kann der prädiktive Tempomat sich den Straßengegebenheiten anpassen. Ortsausgang? Der Q7 beschleunigt automatisch auf Landstraßentempo. 70er Zone? Kein Problem, das Tempo wird frühzeitig reduziert. Gleiches mit wechselnden Tempolimits auf der Autobahn. Besser noch: vor Kurven, Kreuzungen und Kreisverkehren wird selbstständig das Tempo verringert.

Auf der Landstraße funktioniert das wunderbar, der Q7 wird dabei auch nicht zum Schleicher, sondern fährt ein angenehmes Tempo. Lediglich, als der Q7 ein wenig zu sehr den Hoonigan raushängen ließ, um in die nächste Bergab-Serpentine hineinzustechen, habe ich dann doch mal ins System eingegriffen. Hinterachslenkung hin oder her – hierfür ist das System schließlich auch nicht gedacht.

Apropos Hinterachslenkung: die sorgt dafür, dass der Q7 wendig und agil um Kurven geht und sich sehr viel kompakter anfühlt, als er letztlich ist. Soll heißen: von über 2 Tonnen ist nicht viel zu spüren, selbst Richtungswechsel mag er noch ganz vernünftig mitmachen. Zwar nicht mit der Querdynamik eines Range Rover Sport, aber dennoch mehr als vorbildlich für diese Klasse. Das adaptive Luftfahrwerk ist in jedem Fall trotz über 2000 € Aufschlags eine unbedingte Empfehlung. Besser kann der Spagat zwischen straff, dynamischer und komfortabler Abstimmung kaum gemeistert werden. Zudem lässt sich der Q7 dann auch für den Einsatz im Gelände (haha!) um ein paar Zentimeter nach oben verlegen.

Neuer Audi Q7 2015 2016

An der Motorenfront verrichten zwei 3-Liter-V6-Triebwerke ihren Dienst. Der eine als Selbstzünder, der andere fremdgezündet. 333 PS stehen beim Benziner zur Verfügung, 272 beim Diesel. Ihren Job machen beide gut, der Diesel kann zudem durchaus sparsam bewegt werden. Den Benziner gönnt sich doch deutliche Schlückchen mehr. Er mag zwar auch als die fahrdynamischere Alternative erscheinen. Die ist er auch. Ein bisschen. Nicht gerade mit unbändiger Drehfreude gesegnet, kann man aber genauso gut beim Diesel bleiben und stattdessen 160 Nm mehr Drehmoment einstecken (oder austeilen), die dem Q7 ohnehin irgendwie besser zu Gesicht stehen.

Fazit

Soviel steht jedenfalls fest: der neue Audi Q7 ist wohl nicht nur einer der besten SUV auf dem Markt, sondern – lässt man das Thema SUV mal ganz außer Acht – wohl auch eines der fortschrittlichsten Luxusfahrzeuge derzeit. An Komfort mangelt es in keinster Weise. Und so überstrapaziert „Vorsprung durch Technik“ auch ist, hier scheint Audi sein Versprechen tatsächlich eingelöst zu haben. Was der Q7 – bei gleichwohl deutlich geringerem Gewicht – an Technik mitbringt, lässt die Premium-Luxus-Konkurrenz doch ein wenig im Schatten stehen. Jetzt frage ich mich gerade, wann wohl der Trend der Chauffeurs-Limousinen hin zu Chauffeurs-SUV gehen wird? Fehlt eigentlich nur noch eine Langversion und die entsprechende Liege-Option für den hinteren rechten Sitz im Fond. Der Q7 würde sich perfekt dafür eignen. Und bis dahin sind die Kinder – optional auch auf bis zu 7 Sitzen – hinten jedenfalls auch ganz gut untergebracht. In die Tasche greifen muss man für diesen Luxus freilich auch ein wenig. Zwar geht der Q7 schon bei rund 62.000€ los, unter 80.000€ (das ist immerhin noch mal mindestens ein ganzer Audi A1) wird man aber kaum glücklich und wird sich auch kaum trauen, dem Verkäufer den Bestellzettel in die Hand zu drücken. Ihr wisst ja: irgendwas ist ja immer.

Neuer Audi Q7 2015 2016

Mehr zum Audi Q7 bei den anderen:

Und natürlich gibt es vom Jens HIER und vom Jan HIER auch Videomaterial zum neuen Q7.

Text: sb
Fotos: Audi

Technische Daten

Audi Q7 3.0 TFSI quattro tiptronic

Motor-Bauart:
V6-Zylinder-Ottomotor (90° V-Winkel) aus Aluminium mit kombinierter bedarfsgerechter Benzindirekt- und Saugrohreinspritzung, DOHC, mechanisches Auflademodul (abschaltbar) mit zwei Ladeluftkühlern, zwei Ladungsbewegungsklappen
Hubraum:
2.995 cm³
Leistung:
245 kW / 333 PS bei 5.500 U/Min
Drehmoment:
440 Nm bei 2.900 – 5.300 U/Min
Höchstgeschwindigkeit:
250 km/h
Beschleunigung (0-100 km/h)
6.1 Sekunden
Verbrauch (innerorts / ausserorts / kombiniert):
9.7 L / 7.2 L / 8.1 L E10 (ROZ 95)

Grundpreis Audi Q7 3.0 TFSI quattro tiptronic:
62.900
Testverbrauch:
12 Liter / 100 km über 100 km
Leergewicht:
2.045 kg
Max. Zuladung:
695 kg
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe):
5.052 mm / 1.968 mm / 1.741 mm

Disclosure zur Transparenz

Ich wurde von Audi nach Verbier, Schweiz eingeladen. Reisekosten, Verpflegung und Übernachtung wurden von Audi übernommen. Der Text spiegelt meine persönliche Meinung wieder.

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Autor

Gründer und überwiegender Texter hinter passion:driving. Leidenschaftlicher Car-Nerd, immer auf der Suche nach dem Rande des Kammschen Kreises und viel zu häufig auf irgendwelchen Rennstrecken unterwegs. Anglophil veranlagt, liebt britische Sportwagen und fährt eine Lotus Elise S1, um das eigene, eher nachteilige, Leistungsgewicht wieder auszugleichen. Neben passion:driving schreibt er als freier Autojournalist (Mitglied im Verband der Motorjournalisten) auch für die heise autos und andere Publikationen.

28 Kommentare

  1. Durfte ihn am Wochenende probefahren und muss sagen, die anfängliche Skepsis ist recht flott der aufkeimenden Begeisterung bezüglich der genialen technischen Innovationen gewichen. Zuerstmal zum Fahrgefühl: Die Lenkung, auch die Straßenlage in diversen Modi fühlt sich deutlich präziser an als noch beim Vorgänger-Modell. Das Auto wirkt auf der Straße so direkter ohne wirklich an Komfort zu verlieren. Der alte Q7 war ebenfalls ein geniales Auto, doch war er gefühlt immer einen ticken zu klobig. Kann aber auch daran liegen, dass ich bei ihm nur den schwächeren Motor mit dem 3.0 TDI kenne. Dass der neue viel Gewicht verloren hat ist natürlich einer der Gründe für das enorm verbesserte Fahrgefühl. DIe technischen Spielereien haben mir fast den Verstand geraubt – die Aufpreisliste leider auch. Alles was das Herz begehrt, 3D-Sound von B&O, Heads-Up-Display, Android Auto und und und… aber all das kostet ebnd auch schnell. Bei dem Konfigurator im Audi-Haus habe ich nach der Probefahrt angefangen ein bisschen rum zu spielen, um zu sehen, ob mir die Innovationen den Preis wert sind. Ich staunte nicht schlecht als ich am Ende locker die 100.000 Euro Preisgrenze überschritten habe. Ein wirklich sehr geniales Auto mit vielen innovativen Features aber auch leider sehr teuer. Wer also Interesse hat, sollte sich nicht vom „humanen“ Startpreis von 62.900 Euro blenden lassen. Jeder der ein solches Auto fahren möchte, möchte auch bei der Ausstattung nicht den absoluten Standard nehmen. Und dann hat man schnell Extrakosten in Höhe von 20-50k! Euro!

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