Range Rover. Bei diesem Namen denkt man zuerst an edle Geländewagen „drüben von der Insel“. Und auch, wenn dieses spezielle Modell schon lange ein „Sport“ im Namen trägt, der Range Rover Sport, dachte man dabei bisher nie wirklich ernsthaft an Sport. Eben genau so, wie ein SUV halt auch ein „Sports Utility Vehicle“ sein soll. Aber irgendwie waren die Briten wohl nun der Meinung, man müsse daran was ändern: das Sport soll eine Bedeutung erlangen. Das habe ich mir mal genauer angesehen.
Range Rover Sport. Das „Sport“ muss man sich immer mal wieder auf der Zunge zergehen lassen, überlegt man, dass man es mit einem Fahrzeug zu tun hat, welches in der leichtesten Variante mindestens 2,1 Tonnen auf die Waage bringt. Immerhin, mit dem nagelneuen Range Rover Sport hat man durch konsequenten Einsatz von Aluminium alleine hier schon ordentlich abgespeckt, lag das Leergewicht früher mindestens bei 2,5 bis 2,7 Tonnen.
Ein ordentliches Gewichtsersparnis, das im von mir getesteten Top-Modell allerdings nicht voll zum tragen kommt: immerhin auch 2,4 Tonnen bringt der Range Rover Sport mit 5-Liter-V8 und Kompressoraufladung auf die Waage. Das irritierende daran ist der Umstand, dass dieser Fakt nicht weiter stört, nähert sich das Gaspedal erstmals dem Bodenblech an. Der knapp langhubig ausgelegte Freudenspender bollert dann mit lässigem V8-Beat heiser frotzelnd eine Melodie, welche nicht nur hervorragend klingt, sondern auch exakt zum vermittelten Gefühl immenser Beschleunigung passt. Er schiebt gewaltig und er brüllt gewaltig. 375 kW (510 PS) und ein Drehmoment von 625 NM katapultieren den Supercharged-Rangie auf die nächste Kurve zu. Wie das klingt, könnt ihr hier selbst hören:
Mit leichter Nervosität, allerdings beim Fahrer, geht es auf die erste Kurve zu, kräftiges Zusammenbremsen war noch nie eine stärke solcher Autos. Das Terrain Response System steht im Dynamic-Modus. Das Lenkrad fest umklammernd nähert man sich auf der Bremse dem Einlenkpunkt und… und vergisst ob der mangelnden Kapriziösität schon wieder, dass man es mit einem 2,3 Tonnen schweren Geländewagen zu tun hat: der Range Rover Sport bleibt neutral, zuckt kein bisschen und bremst vehement, Pardon, wirft vehement den Anker. Dann folgt der für ein solches Fahrzeug wohl spannendste Moment: das Einlenken. Und spätestens jetzt will man frustriert am Straßenrand stehenbleiben und verärgert aussteigen. Irgendwie scheint alles, was man bisher über Fahrphysik gelernt und erlebt hat, nicht mehr wahr zu sein.
Der Range Rover Sport lenkt äußerst direkt ein, von Untersteuern keine Spur. Zwar ist die Lenkung etwas sehr weich geraten und vermittelt nicht besonders viel Gefühl, was das Vertrauen beim Kurvengewedel erst einmal einschränkt, die Leistungen des adaptiven Fahrwerks, der optionalen 40%-Sperre an der Hinterachse und dem „Torque Vectoring“ (nein, Bremseingriffe sind nach wie vor kein echtes Torque Vectoring) machen aus dem Schiff mit dem hohen Schwerpunkt aber ein hervorragend flinkes Gefährt, welches man so nie erwartet hätte. Unter Zug macht sich gar leichtes Übersteuern breit. Lediglich bei schnellen Lastwechseln im Slalom (Land Rover hat auf einem Flugplatz einen Dynamikparcours aufgestellt), fand ich den Glauben an die Physik zurück: schnelles Umsetzen ist nicht sein Ding, man spürt deutlich, wie das Gewicht über den hohen Schwerpunkt um die Hochachse pendelt. Und wenn schon: wenn diese 2,4 Tonnen da mit über 75 km/h durch den Slalom zirkeln bleibt man trotzdem zutiefst beeindruckt. Mangelnde Stabilität? Fehlanzeige. So überrascht es auch nicht, dass Land Rover das dynamischsten seiner Modelle optional auch bis 250 km/h rennen lässt – serienmäßig schiebt allerdings bei 225 km/h die Elektronik den Riegel vor.
Fast noch mehr irritiert aber auch der Umstand, dass selbst die Bremsanlage scheinbar keine Probleme damit hat, die 2,3 Tonnen aus immensen Geschwindigkeiten häufig aufeinanderfolgend hart zusammenzubremsen und trotz all dieser überraschend konsequenten fahrdynamischen Potentiale immer noch ein Komfort auf höchstem Niveau vorzufinden ist. Die Verarbeitung überzeugt, der Langstreckenkomfort des Fahrwerks ist nach wie vor hoch und die Geräuschkulisse niemals penetrant aufdringlich. Wenn man etwas störendes aufzählen möchte, dann ist es höchstens das in die Jahre gekommene Jaguar/Land Rover Infotainment-System. An der gewohnt guten ZF-8-Gang-Wandlerautomatik gibt es sowieso nichts auszusetzen.
Trotz aller Sportlichkeit hat sich der Range Rover Sport aber auch seine Geländegängigkeit bewahrt: bis zu 33° Böschungswinkel vorne und eine Watttiefe von 850mm lassen den dynamischsten aller „Landies“ auch im Gelände ordentlich vorankommen – alleine weil man nach wie vor auch auf eine echte Mehrlenker-Hinterachse setzt. Zudem unterstützt er den willigen Geländegänger mit allerlei hilfreicher Features: Abbiegekameras oder Seitenkameras, damit man nicht ungewollt am nächsten Felsbrocken den Schweller aufreisst. Besonders und eine echte Neuheit ist auch das „Wade Sensing“ genannte System, welches die momentane Watttiefe misst und auf einem Display visualisiert, um zu vermeiden, dass der Fahrer voller Ehrgeiz auf eine Tiefe kommt, ab welcher nur noch Wasser statt Luft in die Brennräume gelangt.
Fazit
Dachte ich kürzlich im Jeep Grand Cherokee SRT noch „erstaunlich, was bei so einem Schwerpunkt und so viel Gewicht geht“, dachte ich nach der Fahrt im neuen Range Rover Sport 5.0 V8 Supercharged HSE Dynamic „erstauntlich, wie viel mehr da noch geht“. Der Range ist eine Wucht! Längsdynamisch überzeugt der altbekannte V8 mit hervorragendem Ansprechverhalten und ausgezeichneter Drehfreude. Querdynamisch ist der Range Rover Sport gerüstet, um Weltbilder zu erschüttern. Und in Sachen Komfort und Geländegängigkeit ist er genau das, was er schon immer war: edel und konsequent. Respekt an die Leistung der Briten, der Range Rover Sport ist trotz seines Preises von mindestens 88.300 € – zumindest für die dynamische Speerspitze mit V8-Kompressor – ein äußerst gelungener Wurf. Und wer auch mit weniger Bumms auskommt, der kann bereits knapp unter 60.000 € einsteigen und bekommt den wohl derzeit schönsten SUV, welcher noch dazu vielfältigst an den eigenen Geschmack anzupassen ist. Bjoern ist nicht nur das V8-Topmodell, sondern auch den Diesel gefahren, lest also auch seinen Fahrbericht zum Range Rover Sport.
Technische Daten
Range Rover Sport HSE Dynamic 5.0 V8 Supercharged
- Motor-Bauart:
- 5.0 L Supercharged-Benziner, V8, längs eingebaut, 32 Ventile, vier Nockenwellen, doppelt unabhängige Nockenwellensteuerung
- Hubraum:
- 4.999 cm³
- Leistung:
- 375 kW / 510 PS
- Drehmoment:
- 625 Nm bei 2.500 – 5.500 U/Min
- Höchstgeschwindigkeit:
- 225 km/h
- Beschleunigung (0-100 km/h)
- 5.3 Sekunden
- Verbrauch (innerorts / ausserorts / kombiniert):
- 18.3 L / 9.7 L / 12.8 L SuperPlus (ROZ 98)
- Grundpreis Range Rover Sport HSE Dynamic 5.0 V8 Supercharged:
- 88.300 €
- Testverbrauch:
- 28.2 Liter / 100 km über 193 km
- Leergewicht:
- 2.402 kg
- Max. Zuladung:
- 648 kg
- Abmessungen (Länge/Breite/Höhe):
- 4.850 mm / 2.073 mm / 1.780 mm
Disclosure zur Transparenz
Ich wurde von Land Rover nach Donauwörth eingeladen. Reisekosten und Verpflegung wurden von Land Rover übernommen. Der Text spiegelt meine persönliche Meinung wieder.
4 Kommentare
Hattet ihr im Rahmen der Tests aus die Möglichkeit das Head up Display zu sehen/testen/fühlen ? Es wird ja viel von RR darüber berichtet aber man findet im Netz leider noch nichts darüber.
Hi Chris,
guter Punkt! Ehrlich gesagt nein, das ist mir in meinem Testwagen zumindest gar nicht aufgefallen, es scheint, als wären die Testfahrzeuge damit nicht ausgestattet gewesen..
Bin ziemlich einverstanden mit dem Bericht. Einzige Enttäuschung fand ich das etwas altbackene Entertainment System. Während selbst im 2011 ML unterdessen MP3’s mit Bildchen dargestellt und die Tags ausgelesen werden, ist im RRS nur schnöde Verzeichnisstruktur vorhanden. Und das nicht einmal sortiert. Aber wer braucht schon Musik bei dem V8-Sound?
Der von euch angegebene Verbrauch irritiert mich ein wenig. Ihr schreibt 28l/100km auf 193 km. Ich hoffe schwer, ihr meint damit rund 14l auf 100km. Sonst müsste ich meine Entscheidung nochmal überdenken.
Und auf dem Soundcloud sample (gute Idee!) höre ich einmal Zwischengas. Wie habt ihr das hingekriegt?
Hi Chris! Stimmt, das Infotainmentsystem ist inzwischen schon ein wenig steinzeitlich. Da hatte ich bei der Testfahrt aber tatsächlich nicht besonders intensiv drauf geachtet..
Zwischengas macht die ZF-8-Gang tatsächlich automatisch, solange man im Sportmodus unterwegs ist.
Was den Verbrauch angeht: der lag tatsächlich bei 28 Litern auf 100 km. Gemessen über eine Gesamtstrecke von 193 km. Jetzt muss man aber hinzufügen, dass bei einer solchen Testfahrt nicht sparsam gefahren wird und das Fahrprofil wohl sogar noch deutlich „schärfer“ ausfallen dürfte, als wenn man selbst das Auto hat und dann mal ein wenig flotter unterwegs ist. Hier war Autobahn-Vollgas und ansonsten fast nur kurvenreiche Landstraße teil der Fahrtstrecke, wo eigentlich kaum mal gemütlich gefahren wurde.
Von meinem Eindruck her, den ich damals hatte, würde ich auf einen realistischen Alltagsverbrauch mit um die 15 Liter tippen. Was dann auch schon das ein oder andere flotter gefahrene Teilstück enthält. Wenn man das rechte Pedal gerne mehr nutzt, muss man sich aber sicher auf eine 20 einstellen – aber ganz im Ernst: das wäre es mir bei dem Auto wert. Ich kann zur Kaufentscheidung nur sagen: mach‘ es! 😉