Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Und wo ein Range Rover ist: auch. Es gibt wenige Autos, die mich in ihrer Vielfältigkeit immer wieder so überraschen, wie der Range Rover Sport. Und ich erkläre euch gern, warum das so ist.

Seit 2005 bietet Land Rover den Range Rover Sport an. Abstreiten lässt sich nicht, dass das Ding ein komischer Eimer war. Ein großer Freund der ersten Generation war ich nie. Mit der zweiten Generation aber, gelang es Land Rover den – so möchte ich mich gern aus dem Fenster lehnen – einzig wahren SUV auf die Räder zu stellen, der noch dazu betörend schön ausschaut.

Um das zu begründen, bin ich mit dem Range Rover Sport Modelljahr 2019 in die Vogesen gefahren. In erster Linie war ich auf der Suche nach Wegen abseits der Straßen. Das könnte man in den Alpen vielleicht besser, doch ich wollte eben sehen, was das Schwestergebirge des Schwarzwalds so zu bieten hat. Und das ist eine Menge.

Das Problem: bereits auf der Suche nach Offroadpisten bin ich dem Kurvenrausch verfallen. Endlose sich aneinanderreihende Schnörkel und Kurven mit rauem Asphalt, der besten Grip verspricht. Unter normalen Umständen, in einem „normalen“ SUV hätte ich mich wohl nun über die Fahrzeugwahl geärgert, darüber sinniert, wie unterhaltsam es wohl mit diesem und jenem Sportwagen gewesen wäre. Doch statt Frust war da nur: Spaß. Freude. Begeisterung!

2,5 Tonnen fahrfertige Kilos sind es – mindestens – die von dem 339 PS starken SD V8 Vierliter-Turbodiesel in Bewegung gebracht werden. Nicht gerade träge, sondern erschreckend flott. Ein Berg von 740 Newtonmetern lässt kaum einen Gedanken daran verschwenden, wie viel Masse hier tatsächlich in Bewegung ist. Denn dieser Trumm geht nicht nur gut vorwärts. Sondern er geht noch besser in die Kurven.

Range Rover Sport SDV8 HSE Dynamic

Das verdankt er nicht zuletzt seiner Luftfederung, die eine tragende Säule für die Bandbreite dieses einzig wahren SUVs darstellt. Im Dynamik-Modus, der über den unteren der beiden Infotainment-Bildschirme angewählt wird, geht der RRS dynamisch und stabil ums Eck, wie man es sich nicht im Ansatz für ein Auto dieser Gewichtsklasse erträumen kann. Wankbewegungen werden zuverlässig wegnivelliert, selbst beim forschen Einlenken knickt das Fahrwerk nicht ein und hält stabil Kurs. Der überarbeitete Allradantrieb tut sein Übriges und verteilt die Momente aktiv nicht nur zwischen von und hinten, sondern dirigiert den Tanz auch radselektiv an der Hinterachse, sodass man jederzeit neutral, manchmal gar mit einer seichten Tendenz zum Übersteuern ab Kurvenscheitelpunkt mit 740 Newton auf die nächste Kurve zustürmt.

380 Millimeter große Scheiben sorgen an der Vorderachse dafür, dass diese Urgewalt auch wieder zuverlässig eingefangen wird. Und während Audi regelmäßig daran scheitert, fünfhundert, sechshundert Newtonmeter bei 1,8 Tonnen einzufangen, macht diese Bremsanlage selbst die Zweieinhalbtonnen-Tortur immer und immer wieder mit. Klaglos.

Range Rover Sport SDV8 HSE Dynamic

Sicher, andere können das „S“ im SUV vielleicht noch besser, weil konsequenter. Ein E-Pace oder ein Macan, etwa, weil sie auf hunderte Kilos verzichten. Sie können aber nicht das, wozu der Range Rover Sport imstande ist. Nur mal zur Veranschaulichung: nachdem Du gerade Motorradfahrer auf der kurven Vogesen-Kammstraße, der Route des Crêtes hinter dir gelassen hast und den Macan-Treiber vor Dir mächtig ins Schwitzen brachtest, biegst Du kurz rechts ein. Der Weg ist uneben, von hohen, dicken Wurzeln durchzogen.

Range Rover Sport SDV8 HSE Dynamic

Das Fahrwerk pumpst Du mal eben 75 Millimeter rauf. Knappe 8 (!) Zentimeter geht’s nach oben. Und wo spätestens jetzt der verschwitzte Macanist Angst um Unterboden und Frontschürze haben müsste, kriechst Du mit Geländeuntersetzung lässig und stabil über die verwinkeltesten und rutschigsten Wurzeln, freust Dich über die tiefsten Verschränkungen und tauchst bei Bedarf auch noch 850 Millimeter tief ins Wasser. Was soll Dich hier schon noch stoppen?

Dass der Dieselmotor dabei jederzeit ein sonores, warmes V8-Gegrummel von sich gibt, stets den richtigen Ton trifft und nie an einen Selbstzünder erinnert – außer in seinen guten, bärenstarken Charaktereigenschaften – ist zudem etwas, dass aus dem Range Rover Sport auch eine perfekte Reiselimousine macht. Im Komfortmodus sänftelt er lässig tausende Autobahnkilometer herunter, hält Dich dank neuem Spurhalteassistent, adaptivem Tempomaten, Voll-LED-Scheinwerfern (die auch pixelgenau abblenden) und anderen Assistenzsystem im Zweifel auch sicher in der Spur. Die sitze wehen ein klimatisierendes Lüftchen, die Digitalanzeigen stimmen ihren informativen Kanon an, die Coke liegt im Kühlschrank in der Mittelkonsole, das Meridian-Soundsystem tönt fein vor sich her und Du freust Dich einfach über jeden Kilometer, der noch vor Dir liegt.

Ich weiß es nicht, welches andere Auto solch einen breiten Spagat beherrscht. Und all das, ohne sich dabei anzufühlen, wie ein fauler Kompromiss. Von dem, was der Range Rover Sport an Dynamik bietet, dürfte sich so manches Auto eine Scheibe von abschneiden, das gute tausend Kilos weniger auf den Rippen hat. Von den Geländequalitäten brauchen wir dagegen gar nicht sprechen. Vollvariabler Allradantrieb, Untersetzungsgetriebe, knappe 28 Zentimeter Bodenfreiheit (278 mm) – wer bietet mehr, bei solcher Geländefähigkeit und so dynamischen Genen? Wenn es ein solches Auto gibt, bin ich es zumindest noch nicht gefahren.

Range Rover Sport

Text: sb
Fotos: sb

Wertung

9.0/10
  • Fahrdynamik: 7
  • Fahrspaß: 8
  • Sound: 6
  • Verarbeitung: 8
  • Komfort: 9
  • Ausstattung: 7
  • Verbrauch: 4
  • Preis/Leistung: 5
  • Persönliche Anziehungskraft: 9
Mein passion:driving Wertungsschlüssel spiegelt meine subjektive Einschätzung des Testwagens in verschiedenen Kategorien wieder. Die fahrdynamischen Qualitäten spielen dabei eine große Rolle. Trotzdem wird ein Auto nur durch Performance keine 10er-Wertung erhalten können. Hier gibt es mehr Informationen zum Wertungssystem.

Technische Daten

Land Rover Range Rover Sport 4.4 SDV8 HSE Dynamic

Motor-Bauart:
Achtzylinder (V-Anordnung) DOHC Common Rail Turbodiesel
Hubraum:
4.367 cm³
Leistung:
250 kW / 340 PS bei 3.500 U/Min
Drehmoment:
740 Nm bei 1.750 – 2.250 U/Min
Höchstgeschwindigkeit:
225 km/h
Beschleunigung (0-100 km/h)
7.3 Sekunden
Verbrauch (innerorts / ausserorts / kombiniert):
12 L / 8.4 L / 9.3 L Diesel

Grundpreis Land Rover Range Rover Sport 4.4 SDV8 HSE Dynamic:
94.800
Testfahrzeugpreis:
112.758
Testverbrauch:
12.5 Liter / 100 km über 2.173 km
Leergewicht:
2.510 kg
Max. Zuladung:
690 kg
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe):
4.879 mm / 2.220 mm / 1.803 mm

Disclosure zur Transparenz

Das Fahrzeug wurde mir freundlicherweise von Land Rover für den Test zur Verfügung gestellt. Der Test erfolgte unabhängig. Der Text spiegelt meine persönliche Meinung wieder.

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Autor

Gründer und überwiegender Texter hinter passion:driving. Leidenschaftlicher Car-Nerd, immer auf der Suche nach dem Rande des Kammschen Kreises und viel zu häufig auf irgendwelchen Rennstrecken unterwegs. Anglophil veranlagt, liebt britische Sportwagen und fährt eine Lotus Elise S1, um das eigene, eher nachteilige, Leistungsgewicht wieder auszugleichen. Neben passion:driving schreibt er als freier Autojournalist (Mitglied im Verband der Motorjournalisten) auch für die heise autos und andere Publikationen.

2 Kommentare

  1. Auf diesen Bericht hin haben wir uns letztens auch den Range Rover für ein Wochenende gemietet und ich kann sagen, dass es ein absolutes Traumauto ist! Wir waren damit Outdoor unterwegs und in der Stadt. Zwischendrin war natürlich auch ein Ausflug auf die Autobahn drin 😉 Macht absolut Spaß mit dem Range Rover!

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