Ein Tesla Model S hat niemandem mehr etwas zu beweisen. Eh klar, was der E-Tanker zu leisten im Stande ist. Klar auch, dass die Reichweite bei härterer Gangart ordentlich leidet. Die naive, benzingeschädigte Petrolhead-Schar bei #radical14 nahm den Tesla daher zwar gerne mit auf die Reise, doch eben besser nur am Vormittag, damit er danach wieder Richtung Steckdose gefahren werden kann, während sich der Rest der versammelten Sportwagenelite einen Pass nach dem anderen einverleibt. Was waren wir blauäugig…
Die erste Mitfahrt am Abend im Model S P85+ ist vor allem für eines gut: nämlich all das, was ein paar Synapsen unter dem Stichwort „heftige Beschleunigung“ in deinem Hirn abgespeichert haben, komplett auszulöschen. Die Synapsen werden regelrecht auseinander gerissen, sobald die 600 Nm Drehmoment voll anliegen – und das passiert eben sofort und unmittelbar. Sie schaffen damit Platz für neue Verbindungen. Platz, um eine neue Definition von “Ansprechverhalten” abzuspeichern. 350 kW sind es, die einen nach vorne werfen und den Kopf in gegen die Kopfstützen schleudern. Beeindruckend vor allem die Möglichkeit, den Drehmomenthahn sofort voll aufzureissen, nur durch die Bewegung deines Fußes verzögert, bis du das Pedal auf den Boden genagelt hast.
Da schaust Du halt auch nicht so genau auf die schief sitzende Verkleidung der B-Säule, denn das Nerd-Herz frohlockt noch immer beim Anblick des riesig großen Touchscreens, der sich überraschenderweise ohne jede Einarbeitung aus dem Effeff bedienen lässt. Da fragst Du dich, warum noch niemand sonst auf die Idee kam, ein riesiges Panorama-Glasschiebedach einfach per Swipe-Geste am Display aufzuwischen, während die Petrolhead-Seele vor lauter Beschleunigungsorgasmen schon völlig reizüberflutet in der Ecke liegt. Wie ein Abhängiger, der sich gerade einen Schuss nach dem anderen gesetzt hat.
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Was dann am nächsten Morgen allerdings auf den verwinkelten kleinen Bergstraßen der Schweiz passiert, stellt die gesamte, benzingetränke Weltordnung Kopf. Wechselkurven lassen das Model S komplett kalt. Der niedrige Schwerpunkt des im gesamten Unterboden verteilten Akkupacks kommt voll zum tragen. Wie dieses Monstrum bei seinem Gewicht von 2,1 Tonnen die Richtung wechselt, treibt Freudentränen in die Augen. Sicher, hart in Serpentinen hineingebremst, schiebt die Masse unausweichlich nach vorne, will erst einmal umgewuchtet werden.
Was dann aber am Kurvenscheitelpunkt passiert, versetzt dem Petrolhead-Herz kleine Stiche. Der Abstand zum vorausfahrenden Speciale schrumpft, der Italiener muss sich richtig strecken, schnellstmöglich ein paar Kurbelwellenumdrehungen nachlegen, bevor er wieder die Oberhand gewinnt.
Unfassbar. Das Spielchen geht so Serpentine um Serpentine, das kurveninnere Hinterrad stets verzweifelf nach Grip suchend – denn eine mechanische Sperre gibt’s am Elektromotor freilich keine – bis dann nach 5 Minuten der Ferrari den Tesla locker hinter sich lässt. Wild schaufelnde Lüfterräder erzeugen ein Geräuschkulisse wie im Rechenzentrum und sind akustische Zeugen davon, dass der Tesla erlegt wurde. Genug hat, die Flügel von sich streckt. Denn der Überlastungsschutz nimmt uns an die kurze Leine und pfeift uns zurück, gibt uns nur noch einen Bruchteil der Leistung frei. Das reicht nicht mals mehr, um beim 4C mitzuhalten, für den Ferrari sowieso nicht.
Die Vorstellung bis hierhin? Beeindruckend. Und für uns das Zeichen, den Tesla ab dem Mittagsstopp auszumustern und nach Hause zu schicken. Doch die größte Überraschung folgt am Abend. Nämlich, als wir erfahren, dass der Tesla trotz 100 Kilometer feinster Hoonigan-Gangart am mit knapp unter 300 Kilometern auf dieser einen Ladung wieder an der Käserei (dem radical-Stützpunkt) abgestellt wurde. Mehr hat an diesem Tag auch der Alfa 4C nur knapp auf einem Tank geschafft, soviel also dazu. Und ja, was waren wir blauäugig…
Hier gibt’s noch den Text von den radical-Jungs zum Tesla Model S P85+ und hier vom Mechthild.
Text: sb
Fotos: Patrick Corminboeuf/Walter Pfäffli/Tobias Heil
17 Kommentare
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