„I ///M FAN“. Das ist dieser Aufkleber, der gerade hier in München auf vielen 1er BMW klebt und an der Nordschleife auf vielen verschiedenen Autos, definitiv aber auf keinen BMW M gesehen werden kann. Die Aussage schließlich, die ist glasklar: ich bin Fan! Also dieser M-Stühle. Ein Fan dieser immer als unfassbar gut titulierten Fahrzeuge von der Mutter aller Werkseigenen Performanceschmieden. Und dann steht für ein Wochenende in der Eifel nun auch noch die Ikone vor mir. Der M3. Der unter Sportfahrern stets beachtete Benchmark in seiner neuesten Inkarnation. Werde ich Fan? Zeit, es zu probieren.

BMW M3 Limousine F80, BMW M4 Coupé F82

Auch wenn man eigentlich jemanden aus BMWs Produktmarketing herzhaft an den Schultern packen, kräftig schütteln und dabei schreien möchte „ES GIBT KEINEN M4!“, müssen wir nun damit leben, dass aus dem M3 plötzlich ein M3 und ein M4 geworden sind, analog zum 3er, der in seiner Coupé-Form nun halt zum 4er geworden ist. Für uns Schreiberlinge, egal ob unbezahlter ahnungsloser Blogger oder schlecht bezahlter ahnungsloser Redakteur, macht’s das unnötig kompliziert, denn wir können jetzt nicht einfach nur noch „M3“ schreiben und Coupé als auch Limousine meinen. Gefahren bin ich nämlich beides ausführlich. Und die beste Nachricht lässt sich gleich vorwegschicken: nennenswerte spürbare Unterschiede zwischen Limousine, also dem M3, und dem Coupé, dem M4, sind nicht zu vermelden, folglich gibt es auch kaum einen Grund im Weiteren zwischen M3 und M4 zu differenzieren. Also versuche ich es auch nur dann zu tun, wenn es wirklich notwendig ist. Ansonsten spreche ich vom M3. Oder M4. Oder beiden. Irgendwas halt.

Fies und gemein: DTM-Optik serienmäßig

Egal, ob man nun den BMW M3 oder M4 im Rückspiegel hat: furchteinflössend sehen beide aus. Während der E92 M3 noch ein wenig magerer und schlanker wirkte und nur durch seinem Powerdome auf der Motorhaube mit Muckis prahlte, ist beim F80/F82 – so die Baureihenbezeichnung für Limousine und Coupé – nicht viel mit Understatement. Mächtige Lufteinlässe in der Front, hinter denen jede noch so kleine Fläche für die Kühlsysteme genutzt wird, aufwändig gezeichnet mit ineinander überschwingenden Kiemen, ohne aber unschön zerklüftet zu wirken. In Kombination mit den unfassbar breiten Kotflügeln, entsteht der Eindruck, da würde sich ein Transformer unter dem Blechkleid eines DTM-Renners verstecken. Auf Bildern wirkt das alles nur halb so spektakulär. In der Realität schinden beide mächtig Eindruck. Und natürlich darf auch in dieser Generation kein Powerdome fehlen, der dem Fahrer stehts im Blickfeld liegend unterstreicht: „Du, mein Freund, hast alles richtig gemacht. Hast bei der Bestellung alle Diesel-Turbobenziner-Vierzylinder-Hassenichgesehn-Gedöns übersprungen und bist zielsicher bis zum magischen M vorgedrungen!“. Eine gute Wahl.

BMW M3 Limousine F80, BMW M4 Coupé F82

Im Heck tönt – auch hier setzt sich die Tradition fort – eine vierflutige Abgasanlage, deren 2 Doppelendrohre versetzt zur Mitte in die Welt hinaustrompeten. Das tun sie auch jetzt noch immer ganz hervorragend. Vielleicht sogar besser denn je. Auch wenn schon wieder viel zu viele Verfechter von Traditionen – die keine sind – geschrien haben, dass BMW uns ja den sagenumwobenen Hochdrehzahl-V8 genommen hat. Dass der neue Biturbo-Reihensechser – zwangsbeatmet wie er eben ist – nach nichts mehr zu klingen im Stande ist. Weil es eben hip ist in unsäglichem Gejammere irgendwelchen Saugmotoren – oder überhaupt allem, was 2 Jahre zurückliegt – hinterherzutrauern und deprimiert den Untergang des Abendlandes heraufzubeschwören. Nein, sie alle haben sich geschnitten und BMW hat sie eines besseren belehrt: wer behaupten würde, der neue Reihensechser – der ja eigentlich viel mehr Tradition ist, als der einzige M3 V8 der Geschichte es je war – könnte nicht richtig tönen, der hat irgendwas auf den Ohren oder zu viele YouTube-Videos von E92-M3 mit Eisenmann-, Kreissieg und hassenichgesehn-Abgasanlagen gefeiert, denn sind wir mal ehrlich: so phänomenal der hochdrehende V8 des M3 auch war, ohne die passende Bearbeitung klang auch er eher nach Luftpumpe.

BMW M3 Limousine F80, BMW M4 Coupé F82 Interieur Cockpit Sitze

Zurück in die Gegenwart, um mit einem Druck auf den Startknopf schütteln wir die Vergangenheit ab: heiser brüllend meldet sich der M4 im Parkhaus am Frankfurter Flughafen zu Wort. Die für den Kaltstart erhöhte Leerlaufdrehzahl und die für dieses Schauspiel geöffneten Auspuffklappen lassen den M4 röchelnd auf Temperatur gurgeln. Nein, er klingt nicht wie ein V8. Dafür klingt er hier, jetzt, in diesem Moment aber brummiger, kraftvoller. Oder, „anders halt“, wie Fabian von Autophorie sagen würde. Der sahnige Leerlauf-Akustikporno bietet kurze Gelegenheit, sich im dem Interieur vertraut zu machen. Das ist typisch BMW: aufgeräumt, klar strukturiert, alles an Ort und Stelle. Hier und da mit Carbon verziert und vor uns ein wunderschönes Sportlenkrad mit kräftig, wulstigem Lenkradkranz und einem wunderschönen, kreisrunden Pralltopf. Ein Hoch auf den Fortschritt und die damit einhergehende kompakte Bauweise moderner Airbags! Auf geht’s in die Eifel, dort warten schließlich die passenden Landstraßen zum „Erfahren“ des Bajuwaren.

Gelebter „SCHPORCHT“

Zum Wesentlichen, dem Kern des BMW M3 und M4: der Fahrdynamik. Dafür wurde tief in die Trickkiste gegriffen, mit einer CFK-Strebe, einem Aluminium-Schubfeld und zusätzlichen Verschraubungen des Achsträgers mit der Karosserie wurde die Steifigkeit des Vorderbaus stark erhöht. An der Hinterachse wurde viel investiert, um die ungefederten Massen zu reduzieren. Kurzum: man hat nicht einfach nur ein adipöses Serienmodell in ein sexy Blechkleid gesteckt, einen dicken Motor unter die Haube gezimmert und „SCHPORCHT“ draufgeschrieben. Sondern man hat sich konsequent dem Sportsgeist gewidmet. Umfangreiche Anpassungen beim Fahrwerk, eine Gewichtskur (Leichtbauteile aus Carbon, die gar vom gleichen Band laufen) und vieles mehr stehen auf der Haben-Seite.

BMW M3 Limousine F80, BMW M4 Coupé F82 Cockpit Interieur Armaturenbrett

Das Ergebnis: M3 und M4 gehen ums Eck und wechseln die Fahrtrichtung, wie die gemeine Schmeißfliege Zacken schlägt. Optimal unterstützt von der unwahrscheinlich gut gelungenen elektromechanischen Servolenkung wirft sich der M hingebungsvoll in die Kurven. Auch im Jahr 2014 darf der Fahrer hier noch selbst Herr über die Lage sein, darf sich der maßlosen Selbstüberschätzung ganz hingeben und eventuelle Assistenzsysteme zur Gänze ins Off verbannen. Der Grenzbereich kündigt sich dann erst durch ein leichtes Schieben über die Vorderräder an, der gefühlvolle Einsatz des Gaspedals lässt den Flitzer dann neutral bis leicht übersteuernd exakt an der vom Fahrer gewählten Linie durch den Kurvenverlauf huschen. Die Magie an dieser Stelle liegt im aktiven Sperrdifferenzial an der Hinterachse, das elektronisch gesteuert von 0 bis 100 % Sperrwirkung den Kurvenradius entscheidend unterstützen kann. Unterschiede im Fahrverhalten sind zwischen M3 und M4 so, auf öffentlicher Straße, keine Auszumachen. Über den Driftwinkel kann der Pilot mit dem rechten Fuß auch quasi frei entscheiden.

Der Turbo für Streber

Ohne die schon fast mit chirurgischer Präzision dosierbare Leistungsabgabe des Motors, wäre das aber kaum möglich. Wer dachte, der Single-Turbo des M135i wäre bombastisch, so wie übrigens auch ich, wird im M3 und M4 eines noch besseren belehrt – so wie übrigens auch ich. Der 3-Liter-Reihensechser reagiert mit seinen zwei Turboladern spontan und darf sich vor allem ein Attribut an die Brust heften, das nur wenige Turbomotoren tragen dürfen: unabdingbare Drehfreude! 7.600 Touren sind es, die sich auf der massigen 550 Nm hohen Drehmomentwelle reiten lassen. Gut, ab 5.800 Umdrehungen nimmt das Drehmoment zwar ab, dank des willigen Drehzahlfräsens des Motors tut das aber keinen Abbruch. Egal, ob man schaltfaul aus dem mittleren Drehzahlbereich lässig das zur Verfügung stehende Drehmoment mitnimmt oder zwischen 5.500 und 7.300 Umdrehungen jedes einzelne der 431 Pferde herausquetschen will, der Motor liefert dir mit dankbarer Treue genau das, was du gerade haben willst.

BMW M3 Limousine F80, BMW M4 Coupé F82

Das Doppelkupplungsgetriebe macht dabei zwar einen guten Job, wechselt flink auf und ab, wann immer der Fahrer es will, sobald man aber einen der schärferen Wellenwechselmodi gewählt hat – in insgesamt 3 Stufen lässt sich die „Aggressivität“ der Schaltprogramme beeinflussen – wird das Fahrverhalten durch eine fast schon übertrieben anmutende Momentüberhöhung gestört, es fühlt sich dadurch alles unruhiger an, wenn beim Nachfeuern der nächsten Stufe ein Ruck durch die ganze Fuhre geht. Ich mag Doppelkupplungsgetriebe, aber alleine schon aus diesem Grund würde ich die handgerissene Variante wählen, die nämlich auch über eine automatische Drehzahlanpassung beim Herunterschalten verfügt.

Wo Licht ist, ist auch Schatten, das sei damit also auch geklärt. Wo Schatten ist, ist meistens aber noch mehr Schatten. Und damit kommen wir noch einmal kurz zur Akustik. Ja, der Reihensechser-Biturbo klingt infernalisch gut. Und noch viel wichtiger: er lässt das auch am Heck hören, nix turboweichgespült, sondern kräftig, heiser brüllend posaunt es dort heraus. Dass das auch im Innenraum für die Passagiere so gut zu vernehmen ist, wo man in den meisten modernen Autos kaum etwas aus dem Heck hört, ist die gute Nachricht. Warum wir ob dieser wunderschönen Akustik die ganze Zeit aber noch von einem synthetischen Lautsprechergebrumme aus dem Armaturenbrett beschallt werden müssen, welches das restliche Geschehen fast schon übertönt, nicht abzuschalten ist und nach spätestens 10 sportlich gefahrenen Minuten in seiner unfassbaren Monotonie das Nervengerüst des Fahrers strapaziert, obwohl die echten Arbeitsgeräusche dieses Triebwerks, ob mechanisch oder beim Verbrennungsvorgang, eigentlich so wunderschön klingen, ist mir ein Rätsel.

BMW M3 Limousine F80, BMW M4 Coupé F82

Fazit

Die BMW M GmbH hat ganze Arbeit geleistet und nicht nur einen echten Sportwagen aus Parkett gezaubert, sondern vor allem einen würdigen Ahnen dieser Baureihe erschaffen. Der Turbomotor ist kein Rückschritt, er ist ein fulminanter Schritt nach vorne. Es gibt wenige, wirklich gute Saugmotoren. Der V8 im E92 M3 war so einer. Aber es gibt auch wenige, wirklich gute Turbomotoren. Der Reihensechser hier im BMW M3/M4, ist genau so einer. Dazu eine unbeschreibliche Agilität, großartige, sportliche Eigenschaften und trotzdem immer noch ein extrem hohes Maß an Alltagskomfort gepaart mit vorzüglicher Ergonomie. Mit an Bord ist außerdem das beste Infotainment, das es derzeit auf dem Markt gibt. Es ist zum niederknien. Er ist zum niederknien. Ja, I ///M Fan. Fehlt nur noch jemand, der mir einen fairen Preis für meine Seele zahlen würde. So 100.000 sollten’s dann bitte schon sein.

BMW M3 Limousine F80, BMW M4 Coupé F82

 

Das Wochenende mit dem M3 und dem M4 war übrigens im Rahmen des 24h Rennen am Nürburgring. Dort hatten wir auch die Gelegenheit, beim ///M-Corso über die Nordschleife mitzufahren, Bilder vom M-Corso hat Lisa bei hyyperlic.com geposted.

Text: sb
Fotos: Uwe Fischer für BMW (entstanden im Rahmen der Veranstaltung)/Werk

Technische Daten

BMW M3 F80 Limousine & BMW M4 F82 Coupé

Motor-Bauart:
M TwinPower Turbo Technologie, 2 Mono-Scroll-Turbolader, Direkteinspritzung, VALVETRONIC und Doppel-VANOS
Hubraum:
2.979 cm³
Leistung:
317 kW / 431 PS bei 7.300 U/Min
Drehmoment:
550 Nm bei 1.850 – 5.500 U/Min
Höchstgeschwindigkeit:
250 km/h
Beschleunigung (0-100 km/h)
4.1 Sekunden
Verbrauch (innerorts / ausserorts / kombiniert):
11.1 L / 6.7 L / 8.3 L SuperPlus (ROZ 98)

Grundpreis BMW M3 F80 Limousine & BMW M4 F82 Coupé:
71.500
Testfahrzeugpreis:
102.000
Testverbrauch:
17.2 Liter / 100 km über 235 km
Leergewicht:
1.520 kg
Max. Zuladung:
540 kg
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe):
4.671 mm / 1.870 mm / 1.383 mm

Disclosure zur Transparenz

Ich wurde von BMW nach Nürburg eingeladen. Reisekosten, Verpflegung und Übernachtung wurden von BMW übernommen. Der Text spiegelt meine persönliche Meinung wieder.

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Autor

Gründer und überwiegender Texter hinter passion:driving. Leidenschaftlicher Car-Nerd, immer auf der Suche nach dem Rande des Kammschen Kreises und viel zu häufig auf irgendwelchen Rennstrecken unterwegs. Anglophil veranlagt, liebt britische Sportwagen und fährt eine Lotus Elise S1, um das eigene, eher nachteilige, Leistungsgewicht wieder auszugleichen. Neben passion:driving schreibt er als freier Autojournalist (Mitglied im Verband der Motorjournalisten) auch für die heise autos und andere Publikationen.

17 Kommentare

  1. Vielen Dank für den ausführlichen Bericht. Ich würde beide nehmen, wenn sie in meinen Budget-Plan passen würden 😉

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