Eines muss man Mercedes lassen: die mit dem W 176 eingeleitete radikale Verjüngung der Marke ging man an, ohne sich vor irgendetwas zu scheuen. Und ähnlich konsequent ist man seither auch bei AMG in Affalterbach unterwegs und hat mit dem Mercedes-AMG A 45 eine durchaus recht wilde Variante auf die Räder gestellt. Nur: so ein richter Verkaufskracher will die A-Klasse im Vergleich zu den Vorgängern nicht so ganz sein. Ob’s mit der Modellpflege besser läuft und was der A 45 fahrdynamisch dazugewonnen hat?

Mercedes-AMG A 45 W176 Modellpflege (Mopf) Elbaitgrün

Man wollte nichts unversucht lassen, dass der Mercedes-AMG A 45 die absolute Hot-Hatch-Krone aufgesetzt bekommt. Wobei Hot Hatch fast schon übertrieben wäre. Denn fragt man unsereins nach einem Hot Hatch denkt man wohl meist eher an Clios, Meschans, GTIs und Co. Aber sicher: auch mit fast 400 PS und Allrad ist’s halt trotzdem noch ein Hatchback. Und ein scharfer noch dazu. Also: Hot Hatch. Weiterhin. Und nachdem Audi zwischenzeitlich dem RS3 ein paar Pferde mehr eingeschenkt hat, zog man in Affalterbach die Leistungsschraube freilich ein bisserl weiter an, um wieder an der Leistungsspitze zu stehen: 381 PS pumpt der TwinScroll-Lader nun aus dem 2-Liter-Motörchen, das vom Block her eigentlich nur ein halber 4-Liter-AMG-V8 ist, so wie im C 63 S oder auch zuletzt im E 63 S (oder anders herum: der V8 wurde aus dem 2-Liter-Block abgeleitet).

Dass der A45 optisch von der Modellpflege profitiert hat, steht außer Frage. Insbesondere die fein gezeichneten LED-Rückleuchten und die neuen Voll-LED-Scheinwerfer geben dem A einen deutlich erwachseneren Auftritt. Zudem wurde auch die Frontschürze überarbeitet und entspricht mehr dem aktuellen AMG-Look: Maul weit aufreißen und mächtig in die Breite gehen. So muss das und es passt zum A, der damit sehr viel stämmiger auftritt. Viel mehr interessiert mich aber: wie fährt’s denn überhaupt?

Vorsprung durch Sperre?

381 PS sind in der Klasse natürlich eine Menge Holz und Allrad hin oder her – so richtig sexy hat’s der Vor-Mopf-Fünfundvierziger halt nicht auf die Straße gebracht. Untersteuern gehörte zum guten Ton und fahrdynamisch hatte das Allradsystem (ein klassischer Hang-On) ungefähr so viel guten Einfluss, wie ein Frauenrechtler am Set eines Pornofilms. In erster Linie konnte er halt auch nicht viel ausrichten, außer dass die seinerzeit 360 PS überhaupt in Vortrieb umgesetzt werden. Fahrdynamisch hingegen hilft es ebennur bedingt, wenn maximal 50% der Kraft an der Hinterachse eingesetzt werden – willkommen in bester Gesellschaft mit dem RS 3 und den so gern verschrienen Haldex-Systemen.

Mercedes-AMG A 45 W176 Modellpflege (Mopf) Elbaitgrün

Für die Modellpflege bestand somit Handlungsbedarf. Und weil ein so überscharfes Allradsystem, wie das des Ford Focus RS, ein bisschen arg fancy gewesen wäre für so eine Modellpflege, wurde eine mechanische Quersperre zwischen die Vorderräder gespannt. Das hilft, dass die Fuhre beim Herausbeschleunigen aus den Kurven mehr dorthin will, wohin der Fahrer es wünscht. Und es funktioniert spürbar: der wilde A folgt sehr viel mehr dem Richtungswunsch, verzahnt sich mit dem Asphalt und rauscht in ziemlich wilden, fuchteinflößenden Geschwindigkeiten um die Kurven.

Punch und Laut,… aber?

Beim Herausbeschnleunigen röhrt der 2-Liter-Turbomotor dabei so brünstig, wie der Elch, der die A-Klasse einst zu Fall brachte. Nur: so ein wenig an Klangfarbe fehlt es der ganzen Band. Der Tenor gibt zwar alles, die restliche Besetzung fällt dagegen allerdings etwas schwach aus und so wird’s nach einer Weile irgendwie etwas monoton. Denn weder das recht statische und immer ähnlich klingende Knallen der Auspuffanlage, noch ihr „Laut“-Schalter machen dieses Schauspiel spürbar unterhaltsamer. Versteht mich nicht falsch: mit dem A 45 durch die Eifelwälder zu rauschen, eine Welle nach der anderen durchzufeuern ist schon nicht von schlechten akustischen Eltern. Es fehlt einfach ein wenig Varianz. Und mit dem Druck auf „Laut“ wird gefühlt nur die Membran aufgedreht, welche das Motorgeräusch in den Innenraum leitet.

Und auch der Motor lässt mich ein wenig fraglos zurück: da hast Du dieses überpotente Triebwerk, mit 381 PS und 475 Nm Drehmoment. Doch irgendwie fühlt es sich immer so ein wenig müde an. Ein Quell der Drehfreude ist der Motor nicht – turbotypisch eben. So ganz die dicke Drehmomentkeule schwingt er aber auch nicht, wie man es bei knapp 500 Nm in einem Kompaktwagen erwarten würde. Zumal untenheraus das Ansprechverhalten nicht das beste ist und darüberhinaus ein gern willkommener fieser Turbotritt ins Kreuz dann auch ausbleibt. Und das ist seltsam: denn an und für sich hat AMG hier wahrscheinlich einen der ausgefeiltesten und interessantesten Turbovierzylindermotoren überhaupt hingestellt. Was den Ingenieuren sehr gut gelungen ist, ist dagegen die neue und kürzere Übersetzung der 7-Gang „Speedshift DCT“, dem AMG Doppelkupplungsgetriebe. Die Ganganschlüsse passen nun sehr viel besser zum Fahren auf der Landstraße und überhaupt wurde die Reaktionszeit des Getriebes weiter spürbar verbessert.

Schnell. Sehr schnell

Beeindruckender ist überhaupt, wie das gesamte Paket als solches funktioniert. Beim Anbremsen bleibt der A 45 sehr neutral und sticht beängstigend wild in die Kurve ein, lässt diesen Impuls dann zwar ein wenig ins Untersteuern übergehen. Dann legst Du aber einfach etwas Zug an die Kette, lässt die Sperre ihren Job machen und ziehst den A wild vom Scheitelpunkt weg. Allerdings kostet die Sperre im AMG Dynamic Plus Paket mit 2.618 Euro auch ein paar Taler.

Die adaptive Dämpfung, eine der großen Neuerungen mit der Modellpflege, funktioniert dabei gerade auch auf wilden und unruhigen Eifellandsträßchen brutal gut, schmatzt kurze Stöße zuverlässig weg und funktioniert im härteren Modus auf den etwas ebeneren Strecken sogar auch auf öffentlicher Straße immer noch sehr gut. Es bleibt da nur das Problem, dass die Kommunikation zwischen Mensch und Maschine nur bedingt gut funktionert. Denn so ganz mitteilsam ist die Lenkung nicht. Wann die Sperre funktioniert und wann es doch zuviel Gas ist, all das spürt man im Lenkrad nur sehr bedingt.

Trotzdem schafft der A 45 mit der Modellpflege deutlich besser den Spagat zwischen Sportlichkeit und Alltag . Und das nicht etwa, indem sich die beiden gegensätzlichen Punkt annäherten und beide dadurch einen Kompromiss eingehen mussten. Im Gegenteil, beide Charaktereigenschaften sind jeweils für sich deutlich stärker ausgeprägt worden. Und eben hier geht der Dank vor allem an die adaptive Dämpfung, die den A für seine Klasse erstaunlich angenehm im Alltag dämpft und im sportlichen Einsatz eben auch den oben erwähnten guten Job tut.

Fazit

Soweit so fein. Zweifellos ist der A45 ein schnelles Gerät. Zweifellos kann man sich darin gut wohlfühlen. Nur: die große Liebe fehlt. Hämmerst Du ihn so über die Landstraßen, wie es sich für Landstraßen schon gar nicht mehr gehört, dann funktioniert das Paket. Du beginnst das Auto zu spüren, weißt ihn zu bewegen, kannst ihn auskosten. Und fährst Du einfach nur ganz gemütlich im Automatikprogramm Brötchen holen, kommst nicht über 2000 Umdrehungen – auch dann ist alles fein.

Doch alles dazwischen, da passt’s irgendwie nicht. Da bist Du entweder nicht schnell genug, um wirklich zu einer Einheit zu verschmelzen, das Gefühl zu haben das Gerät ernsthaft zu fordern und das Auto wirklich zu bewegen. Oder Du bist nicht langsam genug, damit das Ding schön passiv in den Hintergrund rückt. Der Motor beeindruckt zwar, wenn Du mal schnell reinspringst und der Fuhre die Sporen gibst, nach ein paar Minuten ist die Euphoriedann aber schnell verflogen.

Mercedes-AMG A 45 W176 Modellpflege (Mopf) Elbaitgrün

Versteht mich nicht falsch: es gibt über das Auto sehr wenig schlechtes zu sagen. Er ist ein beeindruckend gutes Paket und ist gerade mit der Modellpflege fahrdynamisch eine große Nummer geworden. Wahrscheinlich ist es ein Auto, mit dem Du bei den schnellen Runden am Ring am besten aufgehoben bist. Mit dem Du mit chirurgischer Präzision eine Zehntel nach der anderen von der Rundenzeit abschneidest. Und ich behaupte, diese Präzision kann in dieser Klasse keiner sonst bieten. Aber es ist halt genau das, was ihm auf der Landstraße ein wenig den Charakter fehlen lässt. Er ist damit der komplette Gegenentwurf zum Focus RS, der dem Fahrspaß auch die ein oder andere Sekunde auf der Strecke opfert. Wenn wir die Kollegen aus UK heranziehen wollen: „The Thrill of Driving“, wenn es also rein um dieses Gefühl geht, schnell zu sein, das nichts mit dem objektiven Schnellsein zu tun hat, dann fehlt es dem A45. Leider.

Text: sb
Fotos: sb/Werk

Wertung

7.9/10
  • Fahrdynamik: 8
  • Fahrspaß: 6
  • Sound: 6
  • Verarbeitung: 8
  • Komfort: 8
  • Ausstattung: 5
  • Verbrauch: 3
  • Preis/Leistung: 5
  • Persönliche Anziehungskraft: 5
Mein passion:driving Wertungsschlüssel spiegelt meine subjektive Einschätzung des Testwagens in verschiedenen Kategorien wieder. Die fahrdynamischen Qualitäten spielen dabei eine große Rolle. Trotzdem wird ein Auto nur durch Performance keine 10er-Wertung erhalten können. Hier gibt es mehr Informationen zum Wertungssystem.

Technische Daten

Mercedes-AMG A 45 4MATIC

Motor-Bauart:
Vierzylinder DOHC Turbobenziner mit Benzindirekteinspritzung
Hubraum:
1.991 cm³
Leistung:
280 kW / 381 PS bei 6.000 U/Min
Drehmoment:
475 Nm bei 2.250 – 5.000 U/Min
Höchstgeschwindigkeit:
270 km/h
Beschleunigung (0-100 km/h)
4.2 Sekunden
Verbrauch (innerorts / ausserorts / kombiniert):
9.6 L / 6.0 L / 7.3 L SuperPlus (ROZ 98)

Grundpreis Mercedes-AMG A 45 4MATIC:
51.527
Testfahrzeugpreis:
72.584
Testverbrauch:
11.7 Liter / 100 km über 2.032 km
Leergewicht:
1.555 kg
Max. Zuladung:
495 kg
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe):
4.367 mm / 1.780 mm / 1.417 mm

Disclosure zur Transparenz

Das Fahrzeug wurde mir freundlicherweise von Mercedes-AMG für den Test zur Verfügung gestellt. Der Test erfolgte unabhängig. Der Text spiegelt meine persönliche Meinung wieder.

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Autor

Gründer und überwiegender Texter hinter passion:driving. Leidenschaftlicher Car-Nerd, immer auf der Suche nach dem Rande des Kammschen Kreises und viel zu häufig auf irgendwelchen Rennstrecken unterwegs. Anglophil veranlagt, liebt britische Sportwagen und fährt eine Lotus Elise S1, um das eigene, eher nachteilige, Leistungsgewicht wieder auszugleichen. Neben passion:driving schreibt er als freier Autojournalist (Mitglied im Verband der Motorjournalisten) auch für die heise autos und andere Publikationen.

2 Kommentare

    • Guter Punkt! Da hab ich beim Golf R einen Fehler gehabt, der sollte auch eine 6 haben. Der AMG klingt auf den ersten Blick zwar schön er, war mir aber sehr s hnell zu monoton, daher keine höhere Wertung.

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